An der ablehnenden Haltung der Arbeitnehmerseite - also Gewerkschaften und Betriebsräten - zu einer Fusion hat sich nichts geändert. Sie fürchten, dass es zum Abbau Zehntausender Jobs bei beiden Banken kommt, sollte der Fusionsplan Realität werden. Auch einige der Großaktionäre der Deutschen Bank sind bislang skeptisch. Bislang hatte sich Sewing öffentlich zurückhaltend geäußert, ob es am Ende der kürzlich begonnenen Verhandlungen mit der Commerzbank auch wirklich zu einem Deal kommen werde. Eine Person mit Kenntnis der Debatte hinter den Kulissen sagte Reuters nun aber, die Deutsche Bank hätte keine formellen Verhandlungen mit der Commerzbank begonnen, wenn sie erwarten würde, dass diese scheitern.
"KLARE DOMINANZ"
Bundesfinanzminister Olaf Scholz gilt als Unterstützer eines Zusammenschlusses und soll Sewing zu den Gesprächen gedrängt haben. Deutschland ist mit gut 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Derzeit schauen sich beide Banken in die Bücher - ein Problem ist unter anderem der relativ hohe Bestand kritischer Staatsanleihen in der Bilanz der Commerzbank und an Derivaten bei der Deutschen Bank. Bei einer Fusion müssten diese neu bewertet und das entstehende Kapitalloch aufgefüllt werden. Wie das finanziert werden soll, ist bislang unklar.
Wichtige Argumente Sewings für eine Fusion seien unter anderem die sich daraus ergebende "klare Dominanz" auf dem deutschen Markt, Größenvorteile und sinkende IT-Kosten. Zudem würden die Refinanzierungskosten der neu entstehenden Mega-Bank seiner Ansicht nach deutlich sinken. "Die Refinanzierung wäre so gut wie nie", sagte der Insider. Zu massiven Stellenstreichungen würde es so oder so kommen, mit oder ohne Fusion der beiden Banken, hieß es zudem aus Sewings Umfeld.
Sewing hatte im vergangenen September erklärt, er wolle erst seine Hausaufgaben erledigen und sich erst nach zwölf bis 18 Monaten mit anderen Dingen beschäftigen - zum Beispiel mit einer Fusion mit der Commerzbank. Inzwischen sei der 48-Jährige der Überzeugung, dass er einen Großteil dieser Hausaufgaben erledigt habe und bereit für den nächsten Schritt, sagte der Insider. Mit dem Abschluss eines so komplexen Deals sei ohnehin nicht vor 2020 zu rechnen. Somit stehe der Beginn der Gespräche mit der Commerzbank nicht im Gegensatz zu Sewings früheren Aussagen. Die Deutsche Bank wollte die Informationen nicht kommentieren.
AUFSEHER BEREITS EINGEBUNDEN
Commerzbank-Chef Martin Zielke gilt als offen für eine Fusion. Auf der Jahrespressekonferenz Mitte Februar hatte er die Fusionsspekulationen angesichts der anhaltenden Negativzinsen und des Preisdrucks, die der Rentabilität von Banken in Deutschland enge Grenzen setzen, als "verständlich" bezeichnet. Die Übernahme der Dresdner Bank habe das Geldhaus zwar über Jahre beschäftigt. Doch ohne sie stünde die Commerzbank deutlich schlechter da, ist von hochrangigen Commerzbankern immer wieder zu hören. Zudem ist das Verhältnis der Aktienkurse zwischen Deutscher Bank und Commerzbank so gut wie selten. Bei einer Fusion würden die Commerzbank-Aktionäre - gemessen an den aktuellen Börsenwerten - rund ein Drittel an der künftigen Großbank halten. Auch die Commerzbank lehnte eine Stellungnahme ab.
Von Seiten der Aufseher kamen am Donnerstag mahnende, aber nicht ablehnende Töne: Der oberste Bankenkontrolleur der Europäischen Zentralbank (EZB), Andrea Enria, sagte im EU-Parlament, seine Behörde sei über den Beginn der Verhandlungen informiert worden und stehe bereit. Zugleich verwies er darauf, dass eine Bank bei einer besonderen Größe und Systemrelevanz zusätzliches Kapital vorhalten müsse. Schiere Größe dürfe nicht vor einer möglichen Auflösung schützen. "So sollten Banken nachweisen, dass sie über Strukturen verfügen, die im Falle einer Krise eine reibungslose Abwicklung nicht verhindern."
Zuletzt hatte die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel mit Blick auf die Fusionsgespräche davor gewarnt, jetzt "noch einen größeren nationalen Champion zu schaffen". Sollte das Vorhaben glücken, entstünde die mit Abstand größte deutsche Bank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden, anfänglich rund 140.000 Mitarbeitern, 2400 Filialen in Deutschland, einem Marktanteil von rund 20 Prozent und einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro. Im weltweiten Vergleich wäre das Institut aber immer noch ein Leichtgewicht.
rtr