Die Rally der deutschen Bankaktien hat in die Commerzbank erfasst. Das Papier konnte seit Ende Januar mehr als 25 Prozent zulegen - dicht auf den Fersen der Deutschen Bank, die mittlerweile seit Jahresbeginn ein Plus von 40 Prozent aufweisen kann. Commerzbank-Chef Martin Zielke hat auf der Bilanzpressekonferenz am vergangenen Donnerstag Flagge gezeigt und Hoffnungen auf ein höheres Renditeziel geweckt. Die Aktie reagierte mit einem Kurssprung und notiert mittlerweile bei 6,70 Euro.
Der Höhenflug der Deutschen-Bank-Aktie wiederum begann nach einem Kapitalmarkttag im Dezember. Vorstandschef Christian Sewing konnte dabei offenbar die Investoren von Fortschritten beim Konzernumbau überzeugen. Anfang Februar hatte sich zudem die US-Investmentgesellschaft Capital Group mit 3,1 Prozent am größten deutschen Geldhaus beteiligt, was der Aktie weiteren Auftrieb gab. Capital Group gilt als langfristig orientierter Investor und ist in Deutschland unter anderem mit 15 Prozent Hauptaktionär des Triebwerkbauers und DAX-Aufsteigers MTU Group.
Ausgebombte Aktien
"Eine richtige Erklärung für die derzeitige deutsche Bankenrally gibt aus meiner Sicht nicht", sagt Philipp Häßler vom Analysehaus Pareto Securities. "Die Papiere waren aber schon ziemlich ausgebombt, also sehr niedrig bewertet mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von rund 0,2." Außerdem zeigten die jüngsten Zwischenberichte , dass Deutsche Bank und Commerzbank auf der Kostenseite durchaus Fortschritte machten und auch ihre Kapitalausstattung weiter gefestigt hätten.
Dabei verbuchte die Deutsche Bank 2019 ein Nachsteuerminus von 5,3 Milliarden Euro. Laut Bankchef Sewing steckt ein Großteil der Umbaukosten von sieben Milliarden Euro bereits im 2019er-Abschluss - was von Investoren als entschlossenes Aufräumen gewertet wird. Bei der Commerzbank brach zwar wegen des Umbaus der Konzerngewinn um ein Viertel auf 644 Millionen Euro ein. Das operative Ergebnis verbesserte sich jedoch um ein Prozent auf 1,26 Milliarden Euro.
Öko-Rally bei der Umweltbank
Skeptiker sehen die Rally mit gemischten Gefühlen, da sich an den Rahmenbedingungen für Banken insbesondere in Deutschland wenig geändert hat: Harter Wettbewerb, mehr Druck von Onlinekonkurrenten und fortdauernde Niedrigzinspolitik der Notenbanken lassen den Geldhäusern wenig Spielraum bei den Erträgen, während der laufende Konzernumbau viel Geld verschlingt. Der Erfolg liegt oftmals in der Nische - wie gerade auch die Umweltbank zeigt, die mit ihre ökologisch orientierten Geschäftspolitik nicht nur im operativen Geschäft solide dasteht, sondern auch ihren Aktienkurs binnen Jahresfrist um 50 Prozent steigern konnte. "Viele haben erkannt, dass die Umweltbank eben nicht nur den Nerv der Zeit trifft, sondern seit zwei Jahrzehnten eine ungebrochen positive Geschäfts- und Dividendenentwicklung abliefert", sagte Umweltbank-Chef Jürgen Koppmann gegenüber boerse-online.de. "Der Markt hat das Potenzial unserer Aktie erkannt".
Neue Übernahmespekulationen
Möglicherweise treiben aber auch neue Übernahmespekulationen die Aktien. Bei der Deutschen Bank hatten 2019 viele Anleger die Flucht ergriffen, nachdem im Frühjahr Fusionsgespräche mit der Commerzbank geplatzt waren. Nach wie vor spricht aber einiges für einen Zusammenschluss. Pareto-Analyst Häßler bleibt skeptisch, zumindest was eine innerdeutsche Lösung angeht: "An eine Neuauflage der Fusionsgespräche zwischen Deutsche Bank und Commerzbank glaube ich derzeit nicht. Eher noch könnte die Commerzbank wieder als Übernahmeziel für eine andere europäische Bank in den Fokus rücken."
Die Konsolidierung unter den europäischen Banken geht unterdessen in Italien weiter: Die italienische Großbank Intesa Sanpaolo hat für den kleineren Konkurrenten UBI Banca eine 4,9 Milliarden Euro schwere Übernahmeofferte abgegeben. Durch einen Zusammenschluss entstünde das siebtgrößte Geldhaus der Euro-Zone mit einem erwarteten Gewinn von mehr als sechs Milliarden Euro im Jahr 2022. "Der Bankenmarkt steuert in den kommenden Jahren auf weitere Zusammenschlüsse zu und wir wollen eine Größe erreichen, um in Europa konkurrenzfähig zu bleiben", erklärte Intesa.