Auch die Investmentbank-Sparte der Großbank soll abspecken, zudem ist offenbar der Rückzug aus einigen Ländern geplant. Unklar ist, wie viele Stellen im Zuge des Umbaus wegfallen. Details will das Institut an diesem Montag präsentieren.
Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Die Deutsche Bank ächzt unter hohen Regulierungskosten, die Rendite ist vergleichsweise mager. Das zeigte sich auch in den Zahlen zum ersten Quartal: Trotz der Milliardenstrafe im Zinsskandal schaffte das Institut zwar schwarze Zahlen, weil das Handelsgeschäft boomte. Der Nettogewinn halbierte sich aber auf 559 Millionen Euro.
Die Rendite nach Steuern bleibt mit gut drei Prozent weit entfernt von den zwölf Prozent, die die beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen in ihrer bisherigen "Agenda 2015+" angepeilt haben. Sie demonstrierten trotzdem Zuversicht und erklärten: "Wir starten in die nächste Phase unserer Strategie aus einer Position der Stärke." Die Bank sei heute deutlich stabiler als beim Amtsantritt des Führungsduos vor drei Jahren.
Doch während andere Banken seit der Finanzkrise konsequent den Rotstift angesetzt haben, weil Größe teuer geworden ist, zögerte der deutsche Branchenprimus damit lange. Wichtige Investoren, die mehrfach frisches Geld in die Bank pumpten, wurden unruhig. Bis zuletzt wurde deshalb Finanzkreisen zufolge auch über den großen Wurf diskutiert: eine Abspaltung des gesamten Privatkundengeschäfts. Nun aber sollen die "blauen Filialen" - anders als die "gelben" Standorte der Postbank - im Konzern bleiben. Eine radikale Zerlegung der Deutschen Bank in zwei Teile - Privatkundenbank und Investmentbanking - ist vom Tisch. Der Führungsriege war das Umsetzungsrisiko zu groß.
BEKENNTNIS ZUR UNIVERSALBANK
"Ich finde es gut, dass sich die Deutsche Bank für die moderate Lösung entschieden hat", sagte Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. "Durch das Beibehalten des Privatkundengeschäft bleibt das Institut eine Universalbank. Die Risiken sind so besser gestreut und die Finanzierung steht auf einer stabileren Basis." Jefferies-Analyst Omar Fall äußerte sich skeptischer. Eine Restrukturierung sei gut, so lange es nicht bei einem Postbank-Verkauf und einem Schrumpfen der Investmentbank bleibe. "Wir erwarten auch, dass das Privatkundengeschäft im europäischen Ausland eingedampft wird, am besten komplett, und dass das Filialnetz in Deutschland verkleinert wird."
Letzteres wird wohl passieren. Reuters hatte vor einer Woche von Insidern erfahren, dass das Filialgeschäft vor besonders harten Einschnitten steht. Bis zu einem Drittel der rund 700 "blauen" Filialen stehen demnach zur Disposition. Jain will ohnehin stärker auf das Investmentbanking setzen, das im Auftaktquartal trotz der hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten den Großteil zum Gewinn beitrug. Das Privatkundengeschäft fuhr ein Vorsteuerergebnis von gut einer halben Milliarde Euro ein - fast ein neuer Rekord.
Die Postbank kann nun mit der Abspaltung hoffen, dass ihre Zentrale in Bonn und die "gelben" Filialen weitgehend erhalten bleiben. Das ist ein Erfolg für die bei der Postbank stark organisierte Gewerkschaft Verdi. Sie sprach von neuen Wachstumsperspektiven. Verdi ist im Aufsichtsrat der Deutschen Bank prominent vertreten und will einen Kündigungsschutz durchboxen, für den Postbanker seit Wochen auf die Straße gehen.
TRENNUNG MIT SCHMERZEN
Die Bundesregierung, die zu Wochenbeginn von Jain und Fitschen persönlich ins Bild gesetzt wurde, wollte sich zur Strategie-Entscheidung nicht äußern. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, man habe darauf keinen Einfluss genommen. Politiker von SPD und Grünen forderten ein weiteres Umdenken im Unternehmen. "Endlich wird die Deutsche Bank kleiner", sagte Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Auch in der Investmentbank-Sparte müsse ein Kulturwandel verinnerlicht werden. Sein SPD-Kollege Carsten Schneider machte deutlich, dass es keine staatliche Hilfe für Investmentbanken mehr geben werde. "Wir wollen nicht, dass Geld zu noch mehr Geld gemacht wird, sondern es der Realwirtschaft dient."
Die nun beschlossene "kleine" Lösung ist für die Deutsche Bank nicht unbedingt die leichtere. 2008 war der Branchenprimus bei den Bonnern eingestiegen, seit 2010 gehört die Postbank zu 94 Prozent dem Konzern, der damit in der Finanzkrise sein Geschäftsmodell ausbalancierte. Zwar dürfte eine Entflechtung der beiden Häuser relativ einfach sein, weil die Integration in den vergangenen Jahren auch wegen der unterschiedlichen Kulturen hinter den Erwartungen zurück blieb, wie Insider berichteten.
Aber bei einem Börsengang der Tochter drohen Analysten zufolge Milliarden-Abschreibungen. In den Büchern der Deutschen Bank steht die Postbank mit sechs Milliarden. Branchenkenner veranschlagen den "fairen Wert" eher auf die Hälfte. rtr