Nach jetzigem Stand will die Deutsche Bank ihre Quartalszahlen am 27. Oktober veröffentlichen. Analysten erwarten, dass das Institut im Sommer vor und nach Steuern einen Verlust von rund 600 Millionen Euro gemacht hat. Das geht aus Konsensschätzungen hervor, die auf der Internetseite der Deutschen Bank zu finden sind. Die einzelnen Prognosen laufen allerdings sehr weit auseinander. "Bei der Deutschen Bank weiß man nie, welche Sonderlasten im Quartal wieder einschlagen", sagt ein Analyst, der namentlich nicht genannt werden will. "In Sachen Restrukturierung kommt sicher noch etwas oben drauf." Im Gesamtjahr erwarten die Experten im Schnitt einen Nettoverlust von fast 1,3 Milliarden Euro. Vorstandschef John Cryan hatte zwar stets betont, dass 2016 rote Zahlen nicht ausgeschlossen seien, weil die Sanierung der Bank im Vordergrund stehe. Doch ein erneuter Milliardenverlust dürfte die Anleger desillusionieren.
Die Deutsche-Bank-Aktie hat seit Cryans Amtsantritt im Juli 2015 fast 60 Prozent an Wert verloren - deutlich stärker als der europäische Bankenindex. Dabei war Cryan eigentlich als großer Hoffnungsträger gestartet und sollte das zu Ende bringen, was sein glückloser Vorgänger Anshu Jain nicht geschafft hatte. Aber im September markierte das Papier nun sogar ein neues Rekordtief von 9,90 Euro. Am Donnerstag war die Aktie mit einem Minus von zwei Prozent auf gut zwölf Euro erneut Schlusslicht im Dax.
DIE TASCHEN SIND LEER
Die Investoren wollen dringend Klarheit, wie der Streit mit dem US-Justizministerium über faule Hypothekenpapiere ausgeht. Im Moment steht eine Strafe von 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) im Raum, die die Bank noch deutlich drücken will, weil sie die Rückstellungen für sämtliche Rechtsstreitigkeiten deutlich übersteigt. Der Verhandlungspoker läuft auf Hochtouren. Der mit Spannung erwartete Vergleich könnte quasi jeden Tag kommen. Auf jeden Fall hofft die Bank auf eine Einigung noch vor den US-Wahlen Anfang November. Doch auch wenn Cryan es schafft, die Strafe herunterzuhandeln - die Deutsche Bank muss sich nach Ansicht vieler Analysten strecken, um die Rechnung zu bezahlen. Denn etliche andere große Rechtsstreitigkeiten schwelen noch, darunter der Geldwäsche-Skandal in Russland.
Große Rückschläge kann sich die Bank nicht leisten, denn die Kapitaldecke ist jetzt schon nicht üppig. Die meisten Branchenkenner halten es deshalb für ausgemacht, dass Cryan den Sparkurs noch einmal verschärfen wird. Eine erste Runde an Stellenstreichungen läuft bereits - von den weltweit 100.000 Jobs sollen 9.000 wegfallen. Neu hinzugekommen ist in dieser Woche ein grundsätzlicher Einstellungsstopp für externe Mitarbeiter - mit Ausnahme der Compliance-Abteilung.
rtr