Die Scheichs sehen die Deutsche Bank als langfristiges Investment. Sie können die bisherigen Verluste aussitzen, wie einer der Insider betonte: "Katar glaubt, dass es für die Bank am Ende gut ausgehen wird." Allerdings gebe es den ausdrücklichen Wunsch, dass sich das Institut endlich wieder auf sein Tagesgeschäft konzentriere, um nicht weiter Marktanteile zu verlieren.

Nach offiziellem Bekunden braucht die Bank im Moment zwar weder Hilfe vom Staat noch eine Kapitalerhöhung. Viele Anleger und Analysten sind aber skeptisch, weil der mit Spannung erwartete Vergleich im US-Hypothekenstreit viel teurer werden könnte als gedacht. Eine Forderung von 14 Milliarden Dollar steht im Raum, die die Reserven weit übersteigt. Der Verhandlungspoker läuft.

Die großen Investmentbanken wittern angesichts dieser Unsicherheit lukrative Geschäfte und bringen sich in Stellung, sollten die Frankfurter tatsächlich erneut den Markt anzapfen müssen. Mehrere Insider berichteten, Deutsche-Bank-Chef John Cryan, der sich derzeit in Washington aufhält, treffe am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) andere Top-Banker. Die Gespräche liefen nach dem Motto: "Wenn Du uns brauchst, sind wir da". Konkrete Vorbereitungen für eine Kapitalerhöhung gebe es aber nicht. Dafür ist es noch zu früh. Erst müsste klar sein, wie hoch die Hypothekenstrafe ausfällt.

"Eine Kapitalerhöhung jetzt wäre nur eine Einladung an die US-Behörden, noch mehr Geld zu fordern", sagte ein Investmentbanker. Die Anleger müssten dann fürchten, dass ihr frisches Geld gleich wieder weg ist. Und: "Eine Bank muss den Investoren das Gefühl vermitteln, dass sie ihre Probleme mit Hilfe dieser einen Kapitalerhöhung gelöst hat", sagte der Banker. Doch könnte sie derzeit nur auf fünf Milliarden Euro hoffen, selbst wenn sie den Kapitalrahmen voll ausreizt. Sie müsste ihre neuen Aktien zu je sieben Euro verramschen - mit einem Abschlag von rund 30 Prozent auf den durch die Emission verwässerten Wert, rechnen Banker vor.

Die Deutsche Bank hofft, dass sie den Vergleich mit dem US-Justizministerium bis zur Präsidentenwahl Anfang November unter Dach und Fach gebracht hat. Aber das liegt nicht allein in ihrer Hand. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte in Berlin, die Deutsche Bank stehe vor enormen Herausforderungen. Die Bundesregierung habe ein Interesse daran, dass die Bank wieder "ein stabiles Kreditinstitut" werde.

EINE MILLIARDE EURO VERSENKT



Die Deutsche Bank wollte sich am Freitag weder zu Katar noch zu Cryans Gesprächen äußern. Die letzte Kapitalmaßnahme gab es im Frühsommer 2014 - damals stieg Katar mit rund zwei Milliarden Euro ein, zum Preis von 22,50 Euro. Heute kostet die Aktie noch gut zwölf Euro. Der damalige Bankchef Anshu Jain hatte das Emirat an Bord geholt. Heute haben die Scheichs - Optionen inbegriffen - Zugriff auf knapp zehn Prozent der Anteile. Damit sind sie zum größten Anteilseigner aufgestiegen, noch vor der US-Fondsgesellschaft Blackrock, die erst in dieser Woche den miserablen Zustand der europäischen Großbanken kritisiert hatte.

Gelohnt hat sich das Investment für Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani und seinen Cousin Hamad bin Khalifa Al-Thani bisher nicht. Auf dem Papier haben sie etwa eine Milliarde Euro verloren. Jains Versprechen, die Bank werde ihre Rechtsstreitigkeiten bald gelöst haben und könne dann wieder im Investmentbanking angreifen, hat sich nicht erfüllt. Die Weltspitze ist weit weg. Auch der Wechsel von Jain zu Cryan vor gut einem Jahr hat nicht geholfen. Die Bank steckt immer noch im Umbau und verdient kaum Geld. Die Dividende ist gestrichen.

Doch dringen die Kataris im Moment weder auf Veränderungen im Top-Management noch auf einen erneuten Wechsel der Strategie, wie ein Insider berichtete. "Die Umsetzung ist das Problem, nicht die Strategie." Sollte sich die Herrscherfamilie dazu entschließen, bei einer Kapitalerhöhung mitzuziehen, wolle sie unter der 10-Prozent-Schwelle bleiben. Darüber haben Aktionäre in Deutschland strenge Veröffentlichungspflichten und müssen ihre Pläne mit der Beteiligung offenlegen. Von den Scheichs war am Freitag keine Stellungnahme zu bekommen.

ALARM BEI DER WIRTSCHAFTSELITE



Unterstützung könnte die Deutsche Bank womöglich auch von der heimischen Industrie bekommen. Vorstände einiger der 30 Konzerne im Leitindex Dax hätten kürzlich Gespräche geführt, ob ihr eine symbolische Beteiligung helfen könnte, sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person zu Reuters. Laut "Handelsblatt" ist ein kleiner einstelliger Milliardenbetrag in der Diskussion. Die Bundesregierung begrüße eine solche Initiative.

Zu konkreten Entscheidungen hat das aber offenbar nicht geführt. Der scheidende RWE -Chef Peter Terium, der in Frankfurt das Börsendebüt der Tochter Innogy feierte, gab zwar unlängst ein öffentliches Bekenntnis zur Deutschen Bank ab. Geld hat er aber nicht übrig, wie er Reuters sagte. "Wir haben gerade Milliarden abgeholt am Kapitalmarkt mit dem Versprechen, das in Netze und in Erneuerbare Energien zu investieren", betonte er auf dem Parkett. Von einem Engagement bei der Deutschen Bank sei dabei keine Rede gewesen. "Insoweit kann ich und werde ich das auch nicht tun."

rtr