Die Tricksereien kosten die Deutsche Bank 7,2 Milliarden Dollar. Das ist zwar nur halb so viel wie ursprünglich befürchtet, aber mehr, als andere Banken wegen ähnlicher Verstöße gezahlt haben. In der Bilanz wird das deutliche Spuren hinterlassen, 2016 bahnt sich ein weiterer Milliarden-Verlust an.
Justizministerin Loretta Lynch fand deutliche Worte: "Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht. Sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen." Auf 71 Seiten listet ihre Behörde detailliert auf, wie die Deutsche Bank im Boom 2006 und 2007 das ganz große Rad auf dem US-Markt drehte: Sie kaufte faule Hypotheken auf, bündelte diese in hochkomplexe Wertpapiere und verkaufte sie an Anleger auf der ganzen Welt. Als die Bonds mit dem Einbruch auf dem Häusermarkt auf einen Schlag wertlos wurden, verloren viele Investoren ihr Geld.
Das Brisante dabei: Während die Deutsche Bank die Papiere nach außen als sicheres Investment verkaufte, wettete sie intern längst auf den großen Crash, wie 2011 aus einem vernichtenden Untersuchungsbericht des US-Senats hervorgegangen war. Hollywood inspirierte das später zu dem Kino-Blockbuster "The Big Short" mit Brad Pitt und Ryan Gosling.
"NICHT AKZEPTABEL"
Vorstandschef John Cryan, vor anderthalb Jahren mit dem Versprechen angetreten, konsequent auszumisten, hatte befürchtet, dass der Hypothekendeal unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump wieder ganz neu aufgeschnürt wird. Deshalb hatte sich der Brite höchstpersönlich in die Verhandlungen eingeschaltet. "Unser Verhalten in dieser Angelegenheit in den Jahren 2005 bis 2007 entspricht nicht unseren Standards und ist nicht akzeptabel", schrieb Cryan nun in einem Brief an die rund 100.000 Mitarbeiter. "Wir entschuldigen uns uneingeschränkt dafür." Aus vielen der kritisierten Geschäfte habe sich die Bank bereits zurückgezogen.
Auch wenn der Rechtsstreit beigelegt ist - mehr als eine Atempause ist das für die Bank mit ihrer vergleichsweise dünnen Kapitaldecke nicht. Weitere potenziell sehr teure Fälle schwelen noch: der Geldwäsche-Skandal in Russland, mutmaßliche Sanktionsverstöße bei Iran-Geschäften und Tricksereien auf dem billionenschweren Devisenmarkt. Von einem Schlussstrich könne daher keine Rede sein, betonte Cryan. "Aber wir kommen unserem Ziel näher, uns vor allem auf die Zukunft konzentrieren zu können, anstatt immer wieder in den Rückspiegel schauen zu müssen."
An der Börse wurde der finale Vergleich ohne Aufregung zur Kenntnis genommen, denn die Grundsatzeinigung mit den Behörden war bereits kurz vor Weihnachten bekannt geworden. Die Deutsche-Bank-Aktie lag am Mittwoch leicht im Minus bei 17,42 Euro. Im Herbst, als noch eine Hypothekenstrafe von 14 Milliarden Dollar im Raum gestanden hatte, war das Papier auf unter zehn Euro abgerutscht. Viele Anleger fürchteten damals, eine solche Summe könne das Institut überfordern und gar eine Rettung durch den Staat nötig machen. Kunden zogen Gelder im Milliardenvolumen ab.
DER BONUSTOPF SCHRUMPFT
Inzwischen sind sich die meisten Branchenkenner einig, dass die Deutsche Bank das Thema ohne frisches Kapital stemmen kann. Denn als Geldbuße werden unmittelbar nur 3,1 Milliarden Dollar fällig. Der große Rest entfällt auf finanzielle Zugeständnisse an Kunden in den USA in den nächsten fünf Jahren. Wie genau das passieren soll, ist offen. Die Belastung dürfte sich allerdings in Grenzen halten - bei Konkurrenten schlugen solche Aktionen nur zu 20 Prozent auf die Bilanz durch. Fest steht aber auch: Selbst für die reine Strafzahlung reichen die Rückstellungen der Bank nicht aus, daher wird das Schlussquartal noch einmal mit 1,2 Milliarden Dollar vor Steuern belastet. Im Schnitt erwarten Analysten für 2016 einen Nettoverlust von fast einer Milliarde Euro, nachdem das Geldhaus bereits 2015 einen Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro ausgewiesen hatte.
Sparen wird also weiter die Devise sein. Cryan selbst machte daraus im Mitarbeiterbrief kein Hehl: "Wir sind noch lange nicht am Ziel, wir werden weitere schwierige Entscheidungen treffen müssen." Die nächste dürfte in Kürze anstehen. Laut "Spiegel" will das Geldhaus die Bonuszahlungen für führende Mitarbeiter drastisch kappen. So sollten bei außertariflichen Mitarbeitern rund 90 Prozent der Prämien für 2016 gestrichen werden. Die Bank wollte sich dazu zunächst nicht äußern.
Für die einflussreichen Großinvestoren dürfte das eher eine Fußnote sein. Laut Finanzkreisen dringen sie hinter den Kulissen darauf, dass Cryan die Strategie nochmals überarbeitet. Denn die Regulierung wird noch strenger, das Kapitalmarktgeschäft bleibt gerade in Europa schwierig. Nachjustierungen werden spätestens zur Hauptversammlung im Mai erwartet. Im Fokus wird dabei auch die Postbank stehen, die sich als unverkäuflich erwiesen hat.
Mit Credit Suisse hatten sich die USA im Hypothekenstreit auf rund 5,3 Milliarden Dollar geeinigt, davon 2,5 Milliarden in bar. Zum Stand der Dinge mit den Schweizern äußerte sich die US-Justizministerin zunächst nicht. Die parallel geführten Verhandlungen mit der britischen Bank Barclays waren geplatzt. Der Streit geht nun wohl vor Gericht.
rtr