Vor allem US-Fonds folgen den Empfehlungen von ISS oft. Damit steuert Deutschlands größtes Geldhaus keine vier Wochen nach Vorstellung der neuen Strategie auf eine Abfuhr seiner Aktionäre zu.

ISS verweist zur Begründung auf den unlängst besiegelten Vergleich im Zinsskandal, bei dem die angelsächsischen Regulierer auch deshalb eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar verhängten, weil sie der Bankführung mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung der Affäre attestierten. Das unbefriedigende Risikomanagement habe zu höheren Strafen und damit höheren Verlusten für die Anleger bei Deutschlands größtem Geldhaus geführt, argumentiert ISS. Zudem stelle der Betrugsprozess gegen Co-Vorstandschef Fitschen in der Kirch-Saga eine Belastung dar.

Die Anteilseigner sollten dem Vorstand deshalb die Unterstützung verweigern, empfahl ISS. Für den Aufsichtsrat gelte dies dagegen nicht. Denn dessen Mitglieder seien mehrheitlich erst nach den jahrelangen Unregelmäßigkeiten bei der Ermittlung des Referenzzinssatzes Libor bestellt worden. Eine Verwicklung in andere Rechtsstreitigkeiten gebe es bei den Kontrolleuren nicht. Die Deutsche Bank wollte sich zu dem ISS-Schreiben nicht konkret äußern. Sie bekräftigte lediglich frühere Aussagen, wonach sie die Zinstricksereien bedauert, verantwortliche Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen und die internen Prozesse verbessert hat. Im Fall Fitschen gelte weiterhin die Unschuldsvermutung.

Die Vereinigung Institutional Shareholder Services (ISS) berät große Investoren, wie sie sich bei Abstimmungen in Hauptversammlungen verhalten sollten. Stimmen Aktionäre gegen die Entlastung eines Vorstands, ist das zunächst einmal ein demonstrativer Vertrauensentzug. Bleibt die Entlastung aus - wofür eine Mehrheit des anwesenden Kapitals nötig ist - könnte das spätere Regressansprüche gegen das Management erleichtern. Abberufen kann den Vorstand aber nur der Aufsichtsrat.

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AUCH BEI ANDEREN AKTIONÄREN BRODELT ES

Die zahllosen Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank haben auch andere Anleger auf den Plan gerufen. So forderte die deutsche Aktionärsvereinigung DSW deshalb eine Sonderprüfung und brachte diesen Antrag auf die Tagesordnung der Hauptversammlung. ISS hält eine solche Prüfung für unnötig, weil Wirtschaftsprüfer und Regulierer bereits ein Auge auf die Altlasten und die dafür nötigen Rückstellungen haben. Ähnlich argumentiert der Aufsichtsrat der Bank. Erreicht der Antrag bei den Aktionären nicht die erforderliche absolute Mehrheit, könnte die DSW ihr Glück aber noch vor Gericht versuchen.

Anderen Großaktionären geht die Ende April vorgestellte "Strategie 2020" nicht weit genug. Die Deutsche Bank hatte sich am Ende statt einer Komplettaufspaltung für die "kleine" Lösung entschieden - nur die Postbank wird verkauft, um die Bilanz zu schrumpfen. Das Investmentbanking soll schlagkräftiger werden. "Reicht das? Viele Details sind unklar und die Erfolgsbilanz der Bank in Sachen Kostensenkungen ist ernüchternd", kritisiert einer der zehn größten Aktionäre der Bank hinter vorgehaltener Hand. Zwar könne man auf der Hauptversammlung "leider" nicht über die neue Strategie abstimmen, wohl aber über die Führungsmannschaft. "Wir haben uns noch nicht entschieden. Das Vertrauen ist drastisch gesunken."

Reuters