Ein anderer Insider betonte, eine Entscheidung darüber werde voraussichtlich Anfang 2017 fallen, wenn weitere Strategieanpassungen unter Vorstandschef John Cryan erwartet werden. Keinesfalls gehe es um einen Komplettrückzug aus dem Geschäft mit der Ausplatzierung von Kreditrisiken. Insbesondere mit Blick auf den wichtigen US-Markt müsse die Deutsche Bank aufpassen, dass sie nicht zu tief schneide und damit drastisch an Bedeutung verliere. Die Deutsche Bank wollte sich zu den Informationen am Freitag nicht äußern.
Cryan hat sich bislang nicht in die Karten schauen lassen, an welchen Punkten er den seit gut einem Jahr laufenden Spar- und Schrumpfkurs nachbessern will. Mit den jüngsten Quartalszahlen betonte er lediglich, der Umbau müsse beschleunigt werden. Ein Beispiel: Sollte die ebenfalls diskutierte Vollintegration des Ladenhüters Postbank Realität werden, könnten noch einmal tausende Jobs gestrichen werden. Derzeit läuft bereits der Abbau von weltweit 9.000 der insgesamt rund 100.000 Mitarbeiter, ein Großteil davon im Privatkundengeschäft. Das Investmentbanking soll nach offiziellem Bekunden das wichtigste Standbein des Konzerns bleiben.
VERTRAUENSVERLUST
Das Verbriefungsgeschäft ist ein wichtiger Teil davon. Vor der Finanzkrise boomte es bei den Investmentbanken rund um den Globus, weil es über die gesamte Kette äußerst lukrativ war: Die Institute reichten Kredite aus, bündelten diese Forderungen dann in Anleihen verschiedener Risikoklassen und verkauften diese Bonds an Investoren weiter. Als aber der US-Hypothekenmarkt kollabierte und viele dieser Wertpapiere auf einen Schlag wertlos wurden, verloren die Anleger auf breiter Front das Vertrauen. In Europa hat sich der Markt bis heute nicht erholt. Es gibt weniger Käufer für diese Papiere, selbst wenn die Bonds hier noch relativ einfach strukturiert sind. Insgesamt wurden in Europa im ersten Halbjahr 2016 Verbriefungen im Volumen von knapp 132 Milliarden Euro emittiert, wie die Verbriefungsplattform True Sale International ermittelt hat. Davon wurde weniger als die Hälfte verkauft. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2008 lag das Emissionsvolumen noch bei weit über 600 Milliarden Euro.
Wenn die Banken immer weniger Kreditverbriefungen loswerden und auf der eigenen Bilanz halten, tut ihnen das auf der Kapitalseite weh. Denn sie müssen diese Bonds mit vergleichsweise viel Eigenkapital hinterlegen. Aktuell sind es zehn Prozent, für die Zukunft werden sogar 20 Prozent diskutiert - je nachdem, wie groß das Ausfallrisiko ist. Gerade bei der Deutschen Bank ist die Kapitaldecke ohnehin recht dünn. Das Institut ist aber zuversichtlich, seine harte Kernkapitalquote von derzeit 11,1 Prozent aus eigener Kraft bis Ende 2018 auf 12,5 Prozent verbessern zu können - eben indem Risiken in der Bilanz abgebaut werden.
Mit einer Verkleinerung ihres Verbriefungsgeschäfts wären die Frankfurter nicht allein, andere haben es längst vorgemacht. "Viele Banken ändern ihren Fokus", sagt Branchenexperte George Kuznetsov vom Analysehaus Coalition. Sie reduzierten ihre Handelsbestände mit verbrieften Wertpapieren und wendeten sich eher wieder einfachen Unternehmensfinanzierungen zu, an denen sich gut verdienen lasse - ohne das leidige Kapitalproblem.
rtr