Die Deutsche Bank hat sich noch nie von der Politik unter Druck setzen lassen. So auch in den von SPD-Finanzminister Olaf Scholz initiierten Verhandlungen mit der Commerzbank über einen Zusammenschluss nicht. Zu komplex sei das Unterfangen, zu wenig Mehrwert böte es, begründete Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing seine Absage.
Nun muss er sich nicht mehr den Kopf zerbrechen, wie er an die Milliarden für die Übernahme kommt. Er muss nicht zusammenfügen, was nicht zusammenpasst. Das ist vernünftig und vorteilhaft. Aber an der Börse büßte die Aktie knapp ein Prozent ein. Ohne den Staat im Rücken trauen Anleger der Bank nur wenig zu.
Misstrauen ist groß
Für dieses Jahr hat Sewing etwa eine Eigenkapitalrendite von vier Prozent versprochen. Die lag jedoch im vergangenen Jahr bei lediglich 0,5 Prozent. Alexandra Annecke von Investor Union Investment sieht dieses Ziel deshalb in weiter Ferne: "Die Deutsche Bank braucht jetzt einen nachhaltigen Plan, wie sie die Profitabilität erhöhen kann, vor allem mit Blick auf die Investmentbank."
Aber Sewing hat bislang radikale Schritte gescheut. Nicht, dass es dem Bankchef an Mut fehlen würde. Vielmehr fehlt es an Geld. Neue IT-Systeme, die Kündigung von US-Investmentbankern und der Abbau der immensen Bilanzsumme würden Unsummen verschlingen. Kommt die vierte Kapitalerhöhung seit 2010 trotz abgesagter Fusion? Aktionäre verstört schon der Gedanke daran.
Kurzfristiger Handlungsspielraum
Immerhin sei das Ergebnis aus den ersten drei Monaten des Jahres nicht ganz so desaströs ausgefallen, wie erwartet, meint Michael Hünseler, Fondsmanager von Assenagon: "Die vorab berichteten Zahlen für das erste Quartal machen einen passablen Eindruck und geben dem Management wieder etwas Handlungsspielraum." Die Deutsche Bank habe durchaus das Potenzial, alleine die Trendwende zu meistern, auch wenn dafür Geduld erforderlich ist, so Hünseler.
Es braucht zunächst Optimismus, um den Vorsteuergewinn von 290 Millionen Euro und den Ertrag von 6,4 Milliarden Euro schönzureden. Beide Kennzahlen liegen unter den Vorjahreswerten. Der Umsatz im Investmentbanking bleibt mit 3,3 Milliarden Euro gar um 16 Prozent dahinter zurück. Dass das Bankgeschäft bei eingetrübter Konjunktur und niedrigen Zinsen nicht eben einfacher wird, könnte Investoren eine Extraportion Geduld abverlangen. Schwierige Bedingungen verschleppen die Restrukturierungsmaßnahmen.
Etwas Farbe in die Tristesse bringen die Fusionsverhandlungen der Fondstochter DWS mit der Schweizer Bank UBS. Die Gespräche sollen bereits seit zwei Monaten sein. Würden die Vermögensverwaltungen beider Häuser zusammen gehen, kämen sie auf eine gewisse Marktmacht. Empfindlich dürften Deutsche-Bank-Anleger aber reagieren, sollte es zu einem Versiegen der sprudelnden Erlösquelle DWS kommen.
Auf Seite zwei: Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion
Wir raten derzeit von einem Einstieg ab, zumindest, bis sich die Deutsche Bank sich zur weiteren Strategie geäußert hat. Ein Termin steht nicht fest. Positive Impulse können von möglichen Konsolidierungsplänen sowie ein weiterer Rückbau des kostenintensiven US-Investmentbankings ausgehen.
Investierte Anleger bleiben langfristig im Titel. Die Restrukturierung des komplexen Gebildes Deutsche Bank könnte sich über mehrere Jahre ziehen. Eine Überraschung mit Kurspotenzial wäre, würde der Finanzkonzern die Eigenkapitalrendite von vier Prozent erreichen. Aber auch dazu müsste Bankboss Sewing einen geheimen Masterplan in der Schublade liegen haben. Unserer Einschätzung zufolge bleiben die Chancen auf Profitabilität mittelfristig gering. Eine Kapitalerhöhung ist zumindest unwahrscheinlich - die Großaktionäre würden nicht mitziehen.