"Man hatte die Hoffnung, dass eine schnelle Einigung möglich ist", sagte ein Börsianer. Im Handelsverlauf erholte sich die Deutsche Bank-Aktie nur wenig.

Die Hoffnung war dadurch genährt worden, dass Deutsche-Bank-Chef John Cryan in der vergangenen Woche am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington auch Vertreter des US-Justizministeriums getroffen hatte. Cryan will den Streit um faule Hypothekenpapiere - eine der größten Altlasten der Bank - möglichst bis zur US-Wahl Anfang November mit einem Vergleich beilegen. Finanzkreisen zufolge gibt es bislang aber keinen Durchbruch in den Verhandlungen. Völlig offen ist zudem, ob die Bank die Strafe wie erhofft drücken kann. Das US-Justizministerium hat 14 Milliarden Dollar aufgerufen. Das übersteigt die Rückstellungen deutlich, und viele andere Rechtsstreitigkeiten köcheln noch.

Die Deutsche Bank selbst äußert sich nicht zu den Verhandlungen mit der US-Seite. Cryan hat offiziell lediglich betont, dass das Institut seine Probleme aus eigener Kraft lösen kann und weder Unterstützung vom Staat noch eine weitere Kapitalerhöhung braucht. Letzteres bezweifeln die meisten Analysten inzwischen. Die großen Investmentbanken umwerben Cryan bereits, wie Insider berichten. Allerdings dürften Investoren zunächst Klarheit haben wollen, wieviel der Hypothekenstreit überhaupt kostet und wieviel Geld für Investitionen ins Kerngeschäft übrig bleibt. Die Strategie-Debatte hat die Bank längst wieder eingeholt - spätestens seit der ungewohnt deutlichen Kritik des IWF vor wenigen Tagen. Der Fonds hatte erklärt, die Deutsche Bank müsse weiter Anpassungen vornehmen, um Investoren davon zu überzeugen, dass ihr Geschäftsmodell für die Zukunft tragfähig sei.

RATLOSIGKEIT IN DEN DOPPELTÜRMEN



Die letzte große Strategieentscheidung ist gerade einmal anderthalb Jahre her. Im Frühjahr 2015 entschied der Aufsichtsrat, dass die Deutsche Bank eine Universalbank bleiben soll. Der Konzern will weiterhin Investmentbanking, Privatkundengeschäft und Vermögensverwaltung betreiben, allerdings insgesamt schrumpfen: durch eine Abspaltung der Postbank, eine Reduzierung kapitalintensiver Geschäfte und den Rückzug aus einigen unwichtigen Ländern. Cryan übernahm diese Grundsatzentscheidung nach seinem Amtsantritt im Sommer 2015 - und setzte den Abbau von weltweit 9000 Stellen oben drauf.

Doch so richtig in Fahrt kommt die Bank bei ihren Aufräumarbeiten auch unter Cryan nicht, wie einige große Investoren inzwischen bemängeln. In vertraulichen Gesprächen mit dem Top-Management dringen sie längst auf radikalere Schritte - etwa darauf, sich nach einem europäischen Partner umzuschauen, wie mehrere Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Intern werde eine solche Fusion momentan als keine Option gesehen. Allerdings reife in den Frankfurter Doppeltürmen langsam die Erkenntnis, dass die Sanierung viel länger dauere als gedacht und die bisherigen Erfolge sehr überschaubar seien. Der Aufsichtsrat stellt sich schon darauf ein, dass das Strategiethema bald neu diskutiert werde, berichtet eine weitere Person, die mit den Überlegungen vertraut ist. Dabei gehe es aber nicht um einen Radikalschwenk, sondern um Nachjustierungen - etwa um einen beschleunigten Abbau von Bilanzrisiken und Geschäften, mit denen die Bank kein Geld verdient.

rtr