Fitschen, seine Vorgänger Rolf Breuer und Josef Ackermann und zwei weitere frühere Top-Manager von Deutschlands größter Bank werden beschuldigt, im Rechtsstreit um die Pleite der Kirch-Mediengruppe die Unwahrheit gesagt zu haben. Damit sollen sie vor dem Oberlandesgericht München versucht haben, milliardenschwere Schadenersatzforderungen der Erben von Medienunternehmer Leo Kirch abzublocken. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb im September gegen vier der fünf Männer Anklage wegen versuchten Prozessbetrugs erhoben. Weil es sich um einen besonders schweren Fall handeln soll, drohen ihnen im äußersten Fall bis zu zehn Jahre Gefängnis. Zweien von ihnen wird Falschaussage vorgeworfen, die mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann.
Seitdem liegt die 627 Seiten dicke Anklageschrift bei den Bankern und ihren Verteidigern, die nun länger Zeit haben, um das Konvolut studieren und an ihrer Verteidigungsstrategie zu feilen. Alle Beschuldigten haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Zwar lassen Gerichte Anklagen fast immer unverändert zu, um dann in öffentlicher Verhandlung zu klären, ob die Vorwürfe haltbar sind. Doch in sehr seltenen Fällen gelingt es Verteidigern bereits von vornherein, den Richter davon zu überzeugen, dass die Anklage völlig unplausibel ist und dann gar nicht erst zugelassen wird.
Die Rechtsstreitigkeiten um den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe verfolgen die Deutsche Bank bereits seit mehr als zwölf Jahren. Der Medienunternehmer, der 2011 starb, gab der Bank die Schuld an dem Fiasko. Er vertrat die Ansicht, der damalige Bank-Chef Breuer habe den Konzern mit einem Interview im Februar 2002 in die Pleite treiben wollen, um lukrative Aufträge für die Bank bei der Zerschlagung der Kirch-Gruppe zu bekommen.
Zwar beendete die Bank den Streit zu Jahresbeginn mit einem 925 Millionen Euro schweren Vergleich. Doch für die Münchner Justiz war der Fall damit nicht abgeschlossen. Denn Richter Guido Kotschy, der die Bank zuvor grundsätzlich zu Schadenersatz verurteilt hatte, bezeichnete Aussagen der Deutsche-Bank-Manager in dem Prozess als unglaubwürdig. Damit rief er die Staatsanwaltschaft auf den Plan.
Die Münchner Strafverfolger haben mittlerweile ein zweites Ermittlungsverfahren gegen Fitschen und Breuer eröffnet: Die beiden haben Ansicht der Behörde ein weiteres Mal versucht, die Justiz zu betrügen, als sie sich an den Bundesgerichtshof wandten. Sie hatten versucht, das Münchner Schadenersatzurteil beim BGH anzufechten. Wegen des Kirch-Prozesses sind auch mehrere Juristen der Bank ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten.
Reuters