Schon in dieser Woche könnte es zu einer entsprechenden Ankündigung kommen, hieß es in Berichten des "Wall Street Journal" und der Nachrichtenagentur Bloomberg. Sprecher der Deutschen Bank wollten sich zu den von Insidern gestreuten Informationen nicht äußern. Jan Duscheck, Bankenexperte der Gewerkschaft Verdi und Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank, sagte: "Wir beteiligen uns nicht an den Spekulationen rund um einen möglichen Personalabbau von bis zu 20 000 weiteren Stellen."
Offiziell entschieden ist bislang nichts. Doch allein die Erwartung, dass der tiefgreifende Konzernumbau unmittelbar bevorsteht, gaben dem Dax-Konzern am Montag an der Börse Rückenwind. Die zuletzt arg gebeutelte Aktie sprang zeitweise über die Sieben-Euro-Marke und lag am Nachmittag in einem insgesamt freundlichen Leitindex Dax bei knapp 6,81 Euro leicht im Plus.
Klarheit gibt es über weitere Einschnitte im Zuge der Postbank-Integration: Die Eingliederung des Bonner Instituts kostet noch einmal rund 1300 Vollzeitstellen. Auf diesen Abbau im Bereich Operations bis 2022 einigte sich das Management mit Betriebsräten und Gewerkschaften, wie beide Seiten bekannt gaben. Zu dem Bereich gehören unter anderem Kontoservice und Kreditabwicklung.
Bereits in der vergangenen Woche war die Neuaufstellung der Zentrale der DB Privat- und Firmenkundenbank mit Standorten in Frankfurt und Bonn vereinbart worden. Dort werden bis Ende 2020 rund 750 Vollzeitstellen gestrichen - ohne betriebsbedingte Kündigungen. Diese beiden Maßnahmen zahlen auf das vom Vorstand gesteckte Ziel ein, die Beschäftigtenzahl im Konzern bis zum Ende des laufenden Jahres auf "deutlich unter 90 000" zu drücken.
Privatkundenvorstand Frank Strauß hatte am Freitag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur jedoch klargestellt, dass der Umbau damit nicht beendet ist: "Wir werden kontinuierlich über die nächsten Jahre weiter abbauen. Der Bereich wird weiter schlanker werden." Seit Anfang 2017 bis zum Ende des erstens Quartals 2019 wurden in dem Segment 5500 Vollzeitstellen abgebaut. Im Frühjahr 2017 hatte sich die Deutsche Bank entschieden, die Postbank doch nicht zu verkaufen, sondern in ihr Privat- und Firmenkundengeschäft einzugliedern.
Weitaus härter wird es aller Voraussicht nach die Unternehmens- und Investmentbank treffen, in der es Ende März dieses Jahres insgesamt 38 300 Vollzeitstellen gab. Der ehemalige Privatkundenchef Sewing hatte bei der diesjährigen Hauptversammlung keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit gelassen, den Bereich radikal zu entrümpeln. "Wir haben immer noch zu hohe Kosten, die wir nicht direkt einer Leistung für unsere Kunden zuordnen können", sagte Sewing im Mai.
Das Investmentbanking, das vor der Finanzkrise mit Milliardengewinnen glänzte, hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zur Bürde für die Deutsche Bank entwickelt. Etliche Prozesse und Strafzahlungen in Milliardenhöhe haben ihre Wurzeln in dem Geschäftsbereich. Nach Sewings Vorstellung soll die Investmentbank künftig nur noch solche Geschäfte machen, die mindestens entweder ausreichend profitabel oder als Dienstleistung für andere Geschäftsbereiche wichtig sind.
Als positive Beispiele nannte Sewing bei der Hauptversammlung die Beratung von Unternehmenskunden, die Ausgabe von Wertpapieren, die Währungsplattform, den Handel mit Unternehmensanleihen sowie die gewerbliche Immobilienfinanzierung in den USA. Bei anderen Bereichen werde das Management "sehr genau analysieren und dabei künftig genauso diszipliniert und kompromisslos sein wie beim Thema Kosten", versprach der seit April 2018 amtierende Konzernchef den Anteilseignern.
Beobachter rechnen damit, dass der US-Aktienhandel und der Handel mit Staatsanleihen gestutzt werden. Erwartet werden zudem Wechsel im Vorstand: Als angezählt gelten Investmentbanking-Chef Garth Ritchie und Regulierungsvorstand Sylvie Matherat.
Die Deutsche Bank müht sich seit Jahren, verschiedene Großbaustellen im Konzern in den Griff zu bekommen. Über Jahre lähmten Rechtsstreitigkeiten aus Zeiten um die Finanzkrise vor zehn Jahren das Institut mit teuren Vergleichen und milliardenschweren Strafen, zudem schwächelte das Tagesgeschäft. Nach drei Verlustjahren in Folge schaffte die Deutsche Bank 2018 gerade so die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Eine Fusion mit der Commerzbank, die womöglich mehr Schlagkraft hätte bringen können, wurde Ende April abgesagt. Die US-Konkurrenz enteilt unterdessen immer weiter.
Seinen Aktionären macht das Geldhaus schon lange kaum mehr Freude. Vor Ausbruch der Finanzkrise 2007 notierte die Deutsche-Bank-Aktie noch bei über 90 Euro. In den vergangenen fünf Jahren hat der Titel drei Viertel seines Wertes verloren. Im Deutschen Aktienindex ist selbst der relativ junge Zahlungsabwickler Wirecard mit gut 18 Milliarden Euro rund 4 Milliarden mehr wert als die Deutsche Bank.
dpa-AFX