Die Meldung platzte in den Wochenstart wie eine Bombe: Die Führung der Deutschen Bank unter Vorstandschef John Cryan und Aufsichtsratschef Paul Achleitner unterzieht das größte deutsche Geldhaus einem Radikalumbau - und beginnt damit an der Konzernspitze. Die Konzernsparten werden neu zugeschnitten, vor allem aber soll eine neue Mannschaft unbelasteter Manager dafür sorgen, dass sich die Bank wieder stabilisiert und auf ihre eigentlichen Aufgaben konzen-trieren kann. Zumindest am Montag verhalf das der Deutschen-Bank-Aktie zu Kursgewinnen von fast vier Prozent und der Spitzenposition im DAX.

Alte Machtzirkel aufgelöst



Zehn Topmanager, darunter sechs Neueinsteiger, werden dem künftigen Vorstand des Geldhauses angehören. Die bisherige Führungselite wird ausgesiebt, ganze Managementebenen wie das sogenannte Group Executive Committee sowie die meisten der bisherigen Vorstandsausschüsse fallen weg. Die Botschaft dahinter: Der neue Vorstandschef Cryan löst die alten Machtzirkel um den ausgeschiedenen Co-Chef Anshu Jain auf, will die Bank kundennäher ausrichten und die Konzernbereiche wieder stärker unter die Kontrolle des Vorstands bringen.

Das Investmentbanking wird in zwei Bereiche aufgeteilt. Ein Teil der Vermögensverwaltung, das Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden, kommt ins breite Privatkundengeschäft. Die Vermögensverwaltung konzentriert sich künftig auf institutionelle Kunden und das Fondsgeschäft. Gehen müssen unter anderem der bisherige Investmentbanking-Chef Colin Fan sowie Finanzchef Stefan Krause, der zeitweise mal als Kronprinz für die Konzernspitze galt. Auch für Vermögensverwaltungschef Michele Faissola und Personalvorstand Stephan Leithner ist in der künftigen Bank kein Platz mehr.

Neuer Führungsstil



Neu in den Vorstand rücken dafür Manager, die als ausgesprochene Teamspieler gelten. Der Brite Jeff Urwin, bisher bei der Investmentbank JP Morgan und ein Wall-Street-Urgestein, übernimmt den Bereich Unternehmenskunden und Invest-mentbank, BlackRock-Mann Quintin Price die Vermögensverwaltung, und mit der Ex-Notenbankerin Sylvie Matherat zieht erstmals seit Längerem wieder eine Frau ins Führungsgremium ein. Die ehemalige Boeing-Managerin Kim Hammonds rückt zunächst als Generalbevollmächtigte ein, um Krediterfahrung zu sammeln, bevor sie spätestens in einem Jahr in den Vorstand aufsteigt. Karl von Rohr obliegt im Personalressort nicht nur der bevorstehende Stellenabbau. Als Rechtsvorstand muss er sich zudem um die Aufarbeitung der 7000 juristischen Verfahren kümmern, in die das Geldhaus verstrickt ist. Der bereits zu Jahresbeginn angetretene Privatkundenvorstand Christian Sewing verantwortet künftig auch einen Teil der Vermögensverwaltung mit 350 Milliarden Euro Kundengeldern. Er gilt nicht nur als Top-Aufsteiger, sondern als Verkörperung eines neuen, in-tegren Führungsstils. Cryans Agenda Analysten und Investoren haben die Umbaupläne begrüßt. Der personelle Neubeginn und die bereits eingeleitete Bilanzbereinigung gingen strategisch in die richtige Richtung, heißt es beinahe unisono. "Das war auch wirklich nötig für einen Neu-beginn hin zu einem ertrags-fähigen Geschäftsmodell", sagt Equinet-Analyst Philipp Häßler. "Man sollte sich aber nichts vormachen: Durch die bisher angekündigten Maßnahmen sind die alten Probleme der Bank längst nicht gelöst. Dazu zählen die zahlreichen Rechtsrisiken, die noch immer relativ schwache Kapitalausstattung, aber auch die Notwendigkeit, Sparmaßnahmen in den Bereichen Privatkunden und Investmentbanking konkret umzusetzen." Häßler rechnet mit zusätzlichen Kostensenkungen von 3,5 Milliarden Euro, die noch mal Rückstellungen in ähnlicher Größenordnung nach sich ziehen könnten. Eine weitere Kapitalerhöhung halten Beobachter ebenfalls für möglich, selbst wenn Vorstandschef Cryan dies zunächst ausgeschlossen hat. Auch die Fondsgesellschaft Union Investment hat den Umbau gelobt. Dass unbelastete Köpfe ans Ruder kämen, sei von zentraler Bedeutung, um Vertrauen zurückzugewinnen. Nun müsse die Bank aber auch Inhalte liefern. Gelegenheit dazu gibt es bereits am 29. Oktober, wenn Vorstandschef Cryan die Quartalszahlen vorlegt.