Der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan geht in die Offensive. "Wir haben ein funktionierendes Geschäftsmodell. Wir werden unsere Position als eine führende Firmenkunden- und Kapitalmarktbank in Europa weiter ausbauen", sagte der Brite am Mittwoch in Frankfurt. Das Rückgrat von Deutschlands größter Bank sei der internationale Zahlungsverkehr und das Kapitalmarktgeschäft, um Unternehmen von Deutschland aus in die Welt zu begleiten. Dieses Profil wolle er schärfen, sagte Cryan bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte. Die Altlasten des Instituts aufzuräumen, sei nur eine Seite der Medaille.
Cryan, der im Juli die Nachfolge des glücklosen Anshu Jain angetreten hatte, geht damit erstmals auf seine Kritiker zu. Mehrere Großaktionäre hatten zuletzt moniert, der neue Chef lasse eine überzeugende Vision für die Bank vermissen. Cryan präsentierte sich in den vergangenen Monaten vor allem als Sanierer, der die milliardenschweren Skandale der Deutschen Bank schnell aufarbeiten und das Verhältnis zu den Regulierern reparieren will.
Auf einer Branchenkonferenz betonte er nun, die Bank werde ihr wichtigstes Standbein, den Handel mit festverzinslichen Wertpapieren und Devisen, nicht aufgeben. "Über uns werden rund 15 Prozent aller Währungstransaktionen weltweit abgewickelt." Im Zahlungsverkehr sei das Institut zudem Weltmarktführer im Euro-Clearing. Auch bei großen Finanzierungen oder Börsengängen spiele die Deutsche Bank international eine wichtige Rolle.
Trotz des Absturzes der Aktie zu Jahresbeginn sieht Cryan die Deutsche Bank nicht in der Defensive: "Wir gehen die Veränderungen konsequent an. Wir sind besser, als wir im Moment von außen wahrgenommen werden." Liquidität sei - anders als von manchen Investoren befürchtet - nicht das Problem. Vielmehr gehe es darum, effizienter zu werden. Die Kosten müssten runter.
DIE "DNA" FINDEN
Gegenmodell zur Deutschen Bank ist etwa die Schweizer Großbank UBS, die in der Finanzkrise wegen ihres Kapitalmarktgeschäfts in Schieflage gekommen war und sich seither stärker auf die Vermögensverwaltung ausgerichtet hat. UBS-Chef Sergio Ermotti sagte in Frankfurt: "Jede Bank muss herausfinden, wo sie am stärksten ist. Was ihre DNA ist." Das heiße nicht unbedingt, nur auf ein Standbein zu setzen. "Es braucht zwei bis drei starke Standbeine - ob in verschiedenen Kundensegmenten oder geografisch."
Nach Ansicht Ermottis sind auch die Überkapazitäten auf dem europäischen Bankenmarkt dafür verantwortlich, dass die hiesigen Geldhäuser - anders als die US-Banken - bei der Rendite nicht in Fahrt kommen. "Konsolidierung ist nicht die einzige, aber meiner Meinung nach eine fast zwingende Konsequenz." Die UBS selbst will hier aber offenbar nicht groß mitmischen. Die Bank habe als Vermögensverwalter - insbesondere auf dem Heimatmarkt - schon einen großen Marktanteil. Die UBS sei zwar offen für Fusions-Gedankenspiele. "Aber sie sind nicht sehr wahrscheinlich bei unserem Geschäftsmodell."