Viele Investoren sind skeptisch, ob der eingeleitete Strategieschwenk die Deutsche Bank zurück in die Erfolgsspur bringen kann. Sie befürchten, dass die Erträge schneller schrumpfen könnten als die Kosten. Im zweiten Quartal schnitt die Deutsche Bank aber sowohl bei den Kosten als auch bei den Einnahmen besser ab als von Experten erwartet. Trotzdem stand im Vorjahreszeitraum mit 466 Millionen Euro noch etwas mehr Gewinn zu Buche, was die Probleme unterstreicht.
Sewing hat der Deutschen Bank eine Rosskur verordnet, um sie nach drei Verlustjahren in Folge wieder in die schwarzen Zahlen zu führen. Er will sich stärker auf Deutschland und Europa konzentrieren und hat insbesondere in den USA und am Standort London zahlreiche Stellen im zuletzt schwächelnden Investmentbanking gestrichen. Die Zahl der Vollzeitstellen sank im zweiten Quartal um etwa 1700 auf weltweit rund 95.400 - bis Ende 2019 soll sie auf "deutlich unter 90.000" zurückgehen.
Trotz des Schrumpfkurses konnte die Bank die Erträge im zweiten Quartal mit rund 6,6 Milliarden Euro stabil halten. Analysten hatten hier mit einem Rückgang auf 6,4 Milliarden gerechnet. "Das Management sieht in diesen Ergebnissen einen Beleg für die Stabilität des Geschäfts", so das Geldhaus.
Allerdings profitierte es dabei auch von Sondereffekten. So brachte der Verkauf eines nicht näher bezifferten Vermögenswerts 100 Millionen Euro ein. Im Aktien- und Anleihenhandel schwächelte die Bank, die Erträge im Bereich Sales & Trading brachen um etwa 15 Prozent ein. US-Konkurrenten wie JP Morgan oder die Bank of America konnten dagegen zulegen. Von den Zahlen der US-Institute kann die Deutsche Bank ohnehin nur träumen: Branchenprimus JP Morgan fuhr allein im zweiten Quartal 8,3 Milliarden Dollar Gewinn ein, die Bank of America 6,8 Milliarden, die Citigroup 4,5 Milliarden.
GLÜCK ODER ERGEBNIS DER VERÄNDERUNGEN?
An der Frankfurter Börse zeigten sich Anleger dennoch erleichtert über die Ergebnisse. "Es ist das erste Mal seit langem, dass die Bank positiv überrascht", sagte Michael Hünseler vom Vermögensverwalter Assenagon. "Das ist eine sehr positive Entwicklung für den neuen Konzernchef Christian Sewing, aber es mag mehr am Glück und der Arbeit seines Vorgängers John Cryan gelegen haben als an der jüngst angekündigten Restrukturierung", sagte Neil Wilson, Chefanalyst des Brokerhauses markets.com.
In den vergangenen Monaten hatte eine Hiobsbotschaft nach der anderen die Bank gebeutelt: So senkte die Rating-Agentur S&P die Bonitätsnote und die Bank rasselte durch den US-Stresstest. Ende Juni fiel die Aktie auf ein Rekordtief von 8,76 Euro, bevor sie sich etwas berappelte.
Auch bei den Kosten schnitt die Deutsche Bank im zweiten Quartal besser ab als gedacht. Die zinsunabhängigen Aufwendungen lagen bei etwa 5,8 (Vorjahr: 5,7) Milliarden Euro, während Analysten im Schnitt sechs Milliarden veranschlagt hatten. Sewing betont seit Monaten, dass die Bank im laufenden Jahr ihre Kosten unter 23 Milliarden Euro drücken werde. Cryan war auch darüber gestolpert, dass er die Kosten nicht in den Griff bekam.
Die vollständige Quartalsbilanz will die Deutsche Bank am 25. Juli veröffentlichen.
rtr