Ob die Zahl schon verbindlich sei, sei momentan aber völlig offen, betonte der Insider. Denn parallel läuft der Strategieprozess der Konzernspitze. Reuters hatte am Wochenende aus Finanzkreisen erfahren, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat drei Zukunftsmodelle präsentiert hat, die alle eine Umwälzung und Verschlankung des Privatkundengeschäfts bedeuten - in unterschiedlich starken Ausprägungen.

Das extremste Modell sieht zwar eine Komplettabspaltung des gesamten Privatkundengeschäfts inklusive Postbank mit der mittelfristigen Perspektive Börsengang vor. Hier würde der Sparkurs nach Angaben eines anderen Insiders aber wohl noch am moderatesten ausfallen. Ziel sei es, die technische Integration der Postbank in die Deutsche Bank weiter voranzutreiben, um die gemeinsame Privatkundenbank aufzuhübschen. Die Postbank gehört seit 2010 mehrheitlich zum Konzern, der sein Privatkundengeschäft damit deutlich ausbaute. Das interne Papier legt nun den Verdacht nahe, dass unabhängig von diesem großen Abspaltungsmodell die Zahl der alten "blauen" Filialen erheblich eingedampft werden soll.

Die Deutsche Bank wollte sich zu dem Papier konkret nicht äußern. Ein Sprecher verwies auf Äußerungen von Privatkundenvorstand Rainer Neske, der erst im Dezember betont hatte, Deutschlands größtes Geldhaus glaube weiter an die Filialen und Online-Banking könne nur eine Ergänzung sein. Allerdings hatte der Manager damals auch signalisiert, dass die Zahl der Filialen eher sinken als steigen werde. Ziel sei es, eine "digital-transformierte" Bank zu schaffen. In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Bank bereits Hunderte Filialen aufgegeben - meist über Zusammenlegungen nahe gelegener Geschäftsstellen. Für die Digitalisierungsoffensive, bei der klassische Beratungsleistungen vor Ort enger mit dem Online-Banking verzahnt und neue Kanäle erschlossen werden sollen, nimmt das Geldhaus nun bis 2017 rund 200 Millionen Euro in die Hand. "Die Deutsche Bank ist hier aber recht spät gestartet", sagte ein weiterer Insider. "Man muss online-affine Kunden zu Online-Kunden machen, damit kriegt man die Kosten runter."

Eine ähnliche Doppelstrategie fährt auch die Commerzbank, während die Unicredit-Tochter HVB derzeit den wohl radikalsten Kurs einschlägt: Sie macht die Hälfte ihrer rund 600 Filialen in Deutschland dicht. Die Volks- und Raiffeisenbanken wollen von dem Rückzug der großen Privatbanken profitieren. "Das ist ohne Frage eine Chance", sagte Uwe Fröhlich, Präsident des genossenschaftlichen Bankenverbands BVR, am Dienstag in Frankfurt. Die Genossen könnten im Privat- und Firmenkundengeschäft Kunden gewinnen, wenn sich die Konkurrenz aus der Fläche zurückziehe. Auch bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter ergäben sich Gelegenheiten.

Reuters