Der geballte Aufruf trug offenbar Früchte: Die Aktie der Deutschen Bank dämmte ihre Verluste bis zum späten Vormittag auf 4 Prozent ein, nachdem sie zu Handelsbeginn noch um mehr als 9 Prozent auf ein Rekordtief von 9,898 Euro abgerutscht war. Die Kursziele der Analysten, die sich am Morgen äußerten, liegen unverändert zwischen 13 und 14 Euro.
AKTIE IST GRÖSSTER VERLIERER IM DAX
"Wir glauben, dass die Liquiditätssituation der Bank stabil ist", schrieb Goldman-Sachs-Analyst Jernej Omahen in einer Reaktion auf die jüngste Hiobsbotschaft bei der Deutschen Bank: Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte unter Berufung auf ein ihr vorliegendes internes Dokument der Bank berichtet, dass bestimmte Hedgefonds ihre Geschäfte mit den Frankfurtern mittlerweile eingeschränkt hätten.
Die Deutsche Bank steht seit Monaten unter Druck - alleine seit Jahresbeginn hat die Aktie 54 Prozent verloren und ist damit der mit Abstand schlechteste Dax-Wert. Die Sorgen um die Kapitalausstattung erreichten in diesem Monat einen Höhepunkt, nachdem die US-Regierung in Vergleichsverhandlungen um dubiose Hypotheken-Deals eine Summe von 14 Milliarden Dollar forderte.
CREDIT SUISSE: 'KURSRUTSCH IST ÜBERTRIEBEN'
Der anhaltende Kursrutsch nach dem Bekanntwerden des Vergleichsangebots sei übertrieben, schrieb Analyst Jon Peace von der Credit Suisse. Er geht davon aus, dass die letztlich zu zahlende Summe deutlich unter den umgerechnet 12,5 Milliarden Milliarden Euro liegen dürfte - er rechnet mit zirka 4 Milliarden Euro. Gleichzeitig wies er aber daraufhin, dass es weitere rechtliche Baustellen gebe, die teuer werden dürften. Angesichts dessen rät er den Anlegern, die Finger von Deutsche-Bank-Aktien zu lassen, zumal "die grundsätzlichen Probleme einer niedrigen Profitabilität und einer dünne Kapitaldecke" bestehen blieben.
Ins gleiche Horn stieß JPMorgan-Experte Kian Abouhossein, der zu den einflussreichsten Analysten der Bankenbranche zählt. Auch er hält den Kurseinbruch für überzogen, mahnte aber gleichzeitig: "Es muss relativ schnell ein Vergleich erzielt werden, damit das Geschäft nicht belastet wird."
ABVERKAUF AN DER WALL STREET
Schon kurz nachdem die Bloomberg-Geschichte über die abwandernden Hedgefonds am Donnerstagabend veröffentlicht wurde, hatte eine massive Verkaufswelle von Deutsche-Bank-Aktien eingesetzt. Im New Yorker Handel und auf der bis in den späten Abend hinein geöffneten Handelsplattform Tradegate fielen die Kurse um annähernd 7 Prozent. Dieser Trend setzte sich am Morgen im Xetra-Handel in Frankfurt fort bevor sich die Lage letztlich etwas entspannte.
Deutsche-Bank-Chef John Cryan machte Spekulanten für den Absturz an den Finanzmärkten verantwortlich. Am Markt seien gerade "einige Kräfte" unterwegs, die das Vertrauen in das Institut schwächen wollten, schrieb der Manager am Freitag in einem Brief an die Mitarbeiter, der der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX vorliegt. "Unsere Aufgabe ist es nun dafür zu sorgen, dass diese verzerrte Außenwahrnehmung unser Tagesgeschäft nicht stärker beeinflusst."
KURS TIEFER ALS IN DER FINANZKRISE
Kepler-Analyst Gaulard sprang dem Bankchef in einer Studie zur Seite: Die vor zwei Wochen durchgesickerten Forderungen des US-Justizministeriums sowie der Bloomberg-Bericht über das Abwandern von Kunden lenkten von einer fundamentalen Analyse der Bank ab. Und diese zeige, dass die Lage gerade beim Blick auf die Liquidität deutlich besser sei als noch 2007, also kurz bevor die Finanzkrise mit der US-Investmentbank Lehman Brothers ihr prominentestes Opfer forderte.
Wie angespannt die Lage für die deutsche Bank derzeit ist, zeigt ein Blick auf den historischen Kursverlauf: Selbst zu den schlimmsten Zeiten der Finanzkrise war die Aktie mehr als 15 Euro wert. Zuletzt kostete ein Anteilsschein der Deutschen Bank noch 10,435 Euro.
dpa-afx