Große Investoren fordern schon lange, dass der personelle Neuanfang breiter angelegt ist. Der Abschied von Vorstandschef Anshu Jain, der mit den Regulierern im Clinch lag, reiche nicht, sagt etwa Portfoliomanager Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment: "Im Top-Management gab es bisher nur sehr wenige Veränderungen. Ich erwarte, dass Personen ausgetauscht werden, die für die Fehler der Vergangenheit verantwortlich sind." Entscheidungen dürften spätestens Ende Oktober fallen, wenn Deutschlands größtes Geldhaus die Einzelheiten seiner "Strategie 2020" vorstellt.
Als wahrscheinlich gilt, dass Cryan schon aus Kostengründen den erweiterten Vorstand (GEC) entmachtet, der seit 2002 stark angeschwollen ist. Derzeit listet die Deutsche Bank auf ihrer Internetseite 19 Mitglieder auf, darunter alle Spartenchefs. Um die Bank direkter zu steuern, könnten künftig wieder alle Sparten im Vorstand verankert sein und nicht wie bisher nur das Privatkundengeschäft, sagte ein anderer Insider.
Völlig offen sie aber, ob der Chef der Vermögensverwaltung, Michele Faissola, und der Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan, nicht von der Finanzaufsicht BaFin ausgebremst werden. Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Auch dazu wollte sich die Bank am Freitag nicht äußern. Von den Managern gab es keine Stellungnahme. Die BaFin schweigt grundsätzlich zu Personalien bei den von ihr beaufsichtigten Instituten.
ZINSTRICKSEREIEN UND GELDWÄSCHE
Faissola hat die Vermögensverwaltung in den vergangenen drei Jahren erfolgreich umgebaut. Er gilt aber als enger Vertrauter von Jain, weil er wie dieser aus der Investmentbank kommt. Im Bericht der BaFin zum Libor-Zinsskandal wurde Faissola scharf kritisiert: Nach ihrer Einschätzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass er von den Zinstricksereien in den Handelssälen wusste. Faissola hat die Vorwürfe scharf zurückgewiesen: Er sei nie für diesen Bereich verantwortlich gewesen.
Colin Fan taucht im Libor-Bericht zwar nicht auf. "Aber er hat im Geldwäsche-Skandal in Russland keine gute Figur abgegeben", berichtete der Insider. Dort sollen russische Kunden Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar über die Bank gewaschen haben. Der Skandal ist einer der größten Rückschläge für den von der Bank ausgerufenen "Kulturwandel" und sorgte im Aufsichtsrat für Verärgerung. Cryan hat angekündigt, das Investmentbanking in Russland dichtzumachen.
Über Leithners Weggang hatte zuerst Bloomberg berichtet. Auch er war im Libor-Bericht belastet worden und gilt deshalb als einer der Wackelkandidaten unter den Top-Managern. Der gelernte Investmentbanker arbeitet seit 2000 für die Bank. 2012 war er in den Vorstand aufgerückt und dort für Personal, gute Unternehmensführung, die Einhaltung von Gesetzen sowie den Kampf gegen Finanzkriminalität zuständig. Zudem leitet er das Europa-Geschäft außerhalb Deutschlands und Großbritanniens.