Neske gilt als Verlierer der "Strategie 2020", die einen Verkauf der Postbank und eine drastische Schrumpfkur für das verbleibende Netz an Deutsche-Bank-Filialen vorsieht. Damit ist von seinem Bereich kaum noch etwas übrig. Offen ist, wer ihm nachfolgt. Der Aufsichtsrat wolle sich am Mittwoch mit dem Thema beschäftigen, sagte einer der Insider. Das ist einen Tag vor der Hauptversammlung, die abermals turbulent werden dürfte. Die Deutsche Bank wollte sich zu Neske nicht äußern.
Deutschlands größtes Geldhaus hatte Ende April erklärt, dass es sich nicht - wie lange Zeit intern intensiv diskutiert - zerlegt in eine Privatkunden- und eine Investmentbank. Stattdessen wurde die "kleine" Lösung bekanntgegeben: Nur die Postbank wird verkauft - vorzugsweise über einen Börsengang. So soll die Bilanz der Deutschen Bank auf einen Schlag deutlich gekürzt werden. Neske hatte sich gegen diese Lösung ausgesprochen, stand damit am Ende aber allein. Für ihn machten die beiden Modelle einen großen Unterschied: Bei einer Komplettaufspaltung hätte Neske auf den Chefposten einer großen Filialbank aus der Postbank und den Deutsche-Bank-Filialen hoffen dürfen. Jetzt, da die Postbank wieder eigenständig werden soll, verliert er 14 Millionen Kunden, 15.000 Mitarbeiter und fast 50 Milliarden Euro an Spareinlagen. Von den verbleibenden rund 700 "blauen" Filialen in Deutschland sollen bis 2017 nur noch 500 übrig bleiben. Dagegen gewinnen die Investmentbanker im Konzern weiter an Gewicht.
Isoliert in der Führungsetage
Insider berichteten aber schon länger von Spannungen zwischen Neske und Co-Vorstandschef Anshu Jain. Neske sei im Vorstand bereits vor der Strategieentscheidung isoliert gewesen, weil er nach Jains Auffassung nie eine überzeugende Vision für den Privatkundenbereich präsentiert habe. Jain monierte bei der Strategie-Präsentation auch ungewohnt offen, dass die Integration der Postbank in den Deutsche-Bank-Konzern in den vergangenen Jahren hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Das Bonner Institut gehört seit 2010 mehrheitlich zum Branchenprimus.
Auch das "Handelsblatt" und "Spiegel Online" berichteten, der Abgang Neskes stehe unmittelbar bevor. "Spiegel Online" zufolge ist Christian Ricken als Nachfolger im Gespräch. Er war bislang der zweite Mann hinter Neske für die Privatkundensparte und gehört dem erweiterten Vorstand an. Insider halten es keineswegs für ausgemacht, dass Ricken mit der Beförderung auch in den Vorstand aufrückt. Schließlich war Neske zuletzt der einzige Vorstand mit einem Geschäftsbereich, während alle anderen Vorstände Querschnittsfunktionen besetzen. Auch die Chefs für das Investmentbanking, die Vermögensverwaltung und den Zahlungsverkehr sitzen im erweiterten Vorstand, nicht aber im obersten Führungsgremium.
Reuters