"Derzeit gilt, dass europäische Banken im globalen Wettbewerb zurückfallen", mahnte Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen am Montag zum Auftakt der "Euro Finance Week" in Frankfurt. DZ-Bank-Chef Wolfgang Kirsch sprach sogar von einer "Gewinnwarnung" für die Branche - "nicht mit Blick auf das nächste Quartal, aber sehr wohl in struktureller Hinsicht beim Blick nach vorne." Konsequenz könnte nach Ansicht der Experten eine Neuordnung des Bankensektors sein - mit einer stärkeren Differenzierung der Institute am Ende.
Fitschen, in Personalunion Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), warnte die Branche davor, den Schwarzen Peter der Politik und den Regulierern zuzuschieben. "Die grundlegenden Probleme, denen sich unsere Industrie gegenübersieht, sind nicht ausschließlich durch das Regulierungsthema vorgegeben. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Ertragslage der Banken unbefriedigend ist." Das gelte vor allem im Vergleich zu den US-Rivalen, die auf eine dynamische Konjunktur bauen könnten. Auch die Deutsche Bank habe hier großen Nachholbedarf, räumte Fitschen ein. Die Kosten müssten weiter sinken.
Ähnlich kritisch äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich: "Natürlich werden wir in den nächsten Jahren einen verschärften Druck auf die Ertragslage aller Institute sehen." Das führe ziemlich sicher zu einem "Selektionsprozess".
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MEHR FUSIONEN UND ÜBERNAHMEN?
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang November die Aufsicht über die größten Geldhäuser der Euro-Zone übernommen. Dem gingen eine ausführliche Bilanzprüfung und ein Stresstest voraus, um zu sehen, wie krisenfest die Institute inzwischen sind und wo noch Altlasten lagern. Nach Abschluss dieser beispiellosen Buchprüfung steht nun für Branchenkenner die Frage im Raum, ob sich die Banken auch wieder an Fusionen und Übernahmen herantrauen. Nach Fitschens Ansicht dürfte es zu einer Konsolidierung im Finanzsektor kommen. Globale Universalbanken wie die Deutsche Bank werde es künftig weniger geben als heute. "Die Vielfalt bleibt erhalten, das heißt aber nicht die gleiche Anzahl von Instituten in Europa", sagte er.
Auch einige Regulierer wie Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret hatten zuletzt eine Konsolidierung gefordert, um die Banken über Kostensenkungen wettbewerbsfähiger zu machen. Sie wollen aber verhindern, dass große Institute immer größer werden. DZ-Bank-Chef Kirsch geht denn auch nicht von Mega-Fusionen über die Landesgrenzen hinaus aus, auch wenn diese im Sinne eines einheitlichen Marktes sinnvoll wären, wie er sagte. "Realistisch betrachtet dürften diese eher die Ausnahme sein." Und es gehe wohl eher um Zusammenschlüsse von Häusern mit ähnlichem Geschäftsmodell als um den Aufkauf schwacher Banken. "Ein weniger fragmentierter Markt bei höherer Kosteneffizienz kann dem Wirtschaftswachstum Auftrieb verleihen und eine Antwort auf den internationalen Konkurrenzdruck bilden", sagte er. Kirsch hatte im Frühjahr einen neuen Anlauf zu einer Fusion der beiden Genossenschafts-Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ Bank nach dem Stresstest ins Gespräch gebracht.
Helaba -Chef Hans-Dieter Brenner unternahm auf dem Bankenkongress einen neuen Vorstoß für eine Konzentration auch unter den Landesbanken: "Wir brauchen maximal zwei bis drei Landesbanken." Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit sieben dieser Institute, darunter mit der LBBW, der BayernLB, Helaba und NordLB vier große. Die Helaba, die die Finanzkrise ohne größere Blessuren überstanden hatte, hat sich bereits Teile der kollabierten WestLB einverleibt.
Auch die in der Finanzkrise vom Staat gerettete Commerzbank macht sich inzwischen wieder ihre Gedanken. Zusammenschlüsse europäischer Großbanken seien auf längere Sicht durchaus vorstellbar, sagte der für das Geschäft mit dem Mittelstand zuständige Vorstand Markus Beumer am Montag am Rande einer Veranstaltung in Zürich der Nachrichtenagentur Reuters. Für die Commmerzbank seien Übernahmen jenseits der deutschen Grenzen im Moment sehr unwahrscheinlich. Es gebe kaum reine Kreditbanken. Doch auch die Commerzbank könnte in einer Konsolidierungswelle unter Druck geraten: Sie sei zwar in Deutschland groß sei, aber nicht unbedingt im Vergleich zur europäischen Konkurrenz, sagte Beumer.
Reuters