Damit käme die Deutsche Bank mit einem blauen Auge davon und müsste schlimmstenfalls einige US-Dokumente überarbeiten und nachreichen, wie mehrere Insider betonten. Für die Konzern-Geschäftsberichte habe das wohl keine Konsequenzen. Im Aufsichtsrat sei der Fed-Brief auch noch kein Thema gewesen. Insider sprachen dennoch von einer Peinlichkeit für Deutschlands größtes Geldhaus. Denn bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren hatten die neuen Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen einen "Kulturwandel" ausgerufen. Geschäfte und Praktiken, die den Ruf ruinieren, soll es demnach nicht mehr geben.
Jetzt bemühte sich die Bank um Schadensbegrenzung: "Wir arbeiten weiter sorgfältig daran, unsere Kontrollen und Systeme zu stärken und haben uns verpflichtet, hierin branchenführend zu sein." Dafür werde wie schon länger angekündigt eine Milliarde Euro investiert. Die US-Aufseherin und die deutsche Finanzaufsicht Bafin äußerten sich nicht.
An der Börse reagierten Anleger beunruhigt auf die Rüge, über die zuvor das "Wall Street Journal" (WSJ) berichtet hatte. Auch ohne den Clinch mit der Fed muss die Deutsche Bank bereits einige Altlasten aufräumen, die potenziell sehr teuer werden können. Außerdem schwelt gerade eine Debatte darüber, ob die Töchter ausländischer Banken in den USA ausreichend kapitalisiert sind. Die Deutsche-Bank-Aktie war mit einem Minus von knapp einem Prozent einer der größten Dax-Verlierer. Großinvestoren haben jede Menge Fragen, etwa Portfoliomanager Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment: "Was uns überrascht, das ist die Breite der Vorwürfe und der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Warum kam der Brief jetzt an die Öffentlichkeit, sieben Monate später?"
EINE NORMALE VERWARNUNG?
Solche "Mahnbriefe" der New Yorker Fed, auch an die heimischen Großbanken, sind keine Seltenheit. Die sogenannten MRAs (matter requiring attention) sind aber normalerweise vertrauliche Dokumente, in denen meistens nur auf einzelne Punkte verwiesen wird, wo es aus Sicht der Aufsicht Nachbesserungsbedarf gibt. Die Passagen, die das "WSJ" nun aus dem Brief des Fed-Vertreters Daniel Muccia an die Deutsche-Bank-Führung zitiert, lesen sich dagegen wie eine Frontalkritik. Es ist die Rede davon, dass die Defizite schon früher und wiederholt angesprochen, aber nie behoben worden seien. Das Ausmaß der Fehler lege nahe, dass die Deutsche Bank die Struktur des Berichtswesens in den USA grundlegend überarbeiten müsse.
Dass die Rechnungslegung für die US-Tochter veraltet ist und viele Daten praktisch von Hand zusammengetragen werden müssen, ist Insidern schon länger bekannt. Finanzchef Stefan Krause ist mit dem Modernisierungsprojekt beauftragt. "Es gab zwar die Kritik, dass die Überarbeitung der Systeme nicht schnell genug geht", heißt es aus dem Aufsichtsrat. "Insgesamt bekam Krause für seine Arbeit bislang aber viel Lob und Anerkennung."
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die US-Aufseher die Deutsche Bank vorknöpfen. Im Juni 2013 schlugen Aussagen des Vize-Chefs der Einlagensicherungsbehörde FDIC, Thomas Hoenig, hohe Wellen. Er hatte damals erklärt, mit Blick auf die Verschuldungsquote seien die Frankfurter "schrecklich unterkapitalisiert". Die Bank wies die Darstellung zurück und argumentierte, gemessen am neuen Branchenstandard Basel III sei sie eines der am besten kapitalisierten Institute der Welt. In diesem Jahr folgte allerdings eine gut acht Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung.
Jain will das frische Geld auch nutzen, um das Investmentbanking auch am wichtigen US-Markt weiter auszubauen. Dafür ist die Deutsche Bank aber mehr denn je auf gute Beziehungen zu den US-Regulierern angewiesen. Ein Großinvestor warnt bereits: "Sollte am Ende die US-Banklizenz wackeln, wäre dies das Ende für die Investmentbanking-Offensive."
Reuters