Denn ob mächtige Großaktionäre wie die Herrscherfamilie Katars oder die weltgrößte Fondsgesellschaft Blackrock am kommenden Donnerstag den Daumen für das Deutsche Bank-Führungsduo heben oder senken, ist offen. "Wir haben uns noch nicht entschieden", "Wird noch geprüft", heißt es unisono von mehreren Großaktionären.
Es könnte knapp werden: Erstmals haben nämlich die beiden mächtigen Stimmrechtsberater Glass Lewis und Institutional Investor Services (ISS) den Anteilseignern empfohlen, Vorstand und Aufsichtsrat der Bank nicht zu entlasten. Das hätte zwar noch keine unmittelbaren rechtlichen Folgen, käme aber einer schallenden Ohrfeige für das Management gleich - nur gut ein Jahr, nachdem mit der Beförderung von Sewing auf den Chefsessel eigentlich ein Neuanfang gelingen sollte. Am Votum von ISS und Glass Lewis orientieren sich viele institutionelle Anleger wie Fonds oder Pensionskassen aus den USA und Großbritannien.
Vor allem Aufsichtsratschef Achleitner, der die Versammlung leiten wird, steht - fast schon traditionell - unter Beschuss. Sogar einen offiziellen Antrag auf eine Abwahl Achleitners gibt es - allerdings dürfte der kaum Chancen haben. Doch die Wut und Enttäuschung insbesondere vieler Kleinaktionäre ist groß: Auch ein Jahr vor dem 150. Geburtstag des einst so stolzen Geldhauses und im siebten Jahr der Ära Achleitner steht die Deutsche Bank alles andere als gut da.
DIE AKTIE UNTER ACHLEITNER: MINUS 70 PROZENT
Das zeigt sich nicht zuletzt am Aktienkurs, der in den vergangenen Tagen wieder unter sieben Euro fiel und damit in einen Bereich, bei dem kaum ein Aktionär noch entspannt bleiben dürfte. Das Rekordtief von 6,68 Euro ist nicht mehr fern. Seit Achleitner als Aufsichtsratschef angetreten ist, ging der Wert der Aktie um fast 70 Prozent in die Knie.
Die Erträge sind weiter unter Druck. Die Bank schrieb zuletzt zwar wieder einen Gewinn nach einer drei Jahre währenden Durststrecke, doch ist der gemessen an den eigenen Ansprüchen und am Renditehunger der Aktionäre eher marginal. Die von der Politik angeschobenen Fusionsgespräche mit der Commerzbank liefen ins Leere. Und auch der Plan, die Fondstochter DWS mit der entsprechenden Sparte der Schweizer UBS zu verheiraten, scheint kaum realisierbar. Die Gespräche stocken. Nun steht also wieder die Frage im Raum, ob und wie die Deutsche Bank ihre "Standalone"-Strategie nachbessern muss.
Die Branchenexperten der US-Großbank Citi sehen nur noch eine Option: "Ein wesentlich radikalerer Umbau der Investmentbank, womöglich mit einem Ausstieg aus dem Aktiengeschäft und einem Rückzug aus den USA. Aber das würde wahrscheinlich hohe Kosten nach sich ziehen, mit Folgen für Profit und Kapitalausstattung." Ähnlich urteilt Alexandra Annecke von der Fondsgesellschaft Union Investment, einem der größeren Aktionäre: "Eine Anpassung der Investmentbankstrategie ist überfällig. Ohne Einschnitte im Investmentbanking ist es unserer Meinung nach nicht möglich, die Renditeziele zu erreichen."
Dabei startete Sewing im April 2018 schon mit tiefen Einschnitten in der Investmentbank - und schickte zahlreiche Deutschbanker in Frührente. Ob er noch einmal nachlegen wird?
WANN KOMMT DIE BANK AUS DEN SCHLAGZEILEN?
Die Geduld der Aktionäre dürfte aber auch deshalb erschöpft sein, weil die Deutsche Bank einfach nicht aus den Schlagzeilen kommt: Im vergangenen Sommer platzierte die Finanzaufsicht BaFin einen Extra-Aufpasser in Sachen Geldwäsche bei dem Institut. Im November gingen dann die Bilder einer zweitägigen Großrazzia von Polizei und Staatsanwaltschaft in den Frankfurter Doppeltürmen um die Welt - die just zu dem Zeitpunkt stattfand, als Randal Quarels bei Sewing zu Gast war: der für die Aufsicht über die Banken zuständige Vize-Chef der US-Notenbank Fed. Viele Kunden waren nachhaltig verunsichert.
Gut eine Woche vor der diesjährigen Hauptversammlung ging es nun mit Razzien bei Privatpersonen weiter. Auch wenn dieses Mal nicht die Deutsche Bank durchsucht wurde, stehen die neuen Aktionen der Behörden doch in engem Zusammenhang mit ihr.
Das alles dürfte erneut für schlechte Stimmung sorgen. Weniger turbulent wird es dagegen wohl bei der Commerzbank zugehen, die ihre Anleger bereits einen Tag vorher, am Mittwoch, zusammentrommelt, um Bilanz zu ziehen. Vorstandschef Martin Zielke steht nach der geplatzten Fusion mit der großen heimischen Konkurrentin zwar ebenfalls mit leeren Händen da. Das muss aber nicht so bleiben. Jedenfalls haben gleich mehrere ausländische Häuser ein Auge auf die Commerzbank geworfen, darunter Insidern zufolge die italienische Unicredit und die niederländische ING. Sollte es am Ende tatsächlich zu einem Commerzbank-Deal mit einem Rivalen aus dem Ausland kommen, wird der Druck auf die Deutsche Bank weiter steigen.
rtr