DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BANK:
Es ist ein Spagat, den die Deutsche Bank zu meistern hat: Das Institut will das Geschäft halten oder gar ausbauen, während Tausende Stellen gestrichen werden sollen. Ende des dritten Quartals hatte die Bank rund 95 000 Vollzeitstellen und damit etwa 700 weniger als noch Ende Juni. Bis zum Jahresende soll die Zahl der Stellen unter 93 000 sinken, zwölf Monate später sollen es dann deutlich weniger als 90 000 sein.
Mit dem Investmentbanking soll der einstige Gewinnbringer besonders stark schrumpfen. Durch den Stellenabbau hofft die Bank, die Kosten zu senken - hier hinkt sie nach wie vor der internationalen Konkurrenz deutlich hinterher. Die meisten weltweit tätigen Großbanken hatten nach der Finanzkrise viel früher als die Deutsche Bank zum Rotstift gegriffen und sich neu aufgestellt.
Das Cost-Cutting ist insgesamt keine leichte Aufgabe, denn die Bank muss auch zehn Jahre nach der Finanzkrise weiter ihre Vergangenheit aufarbeiten. In den Jahren zuvor kämpften die Frankfurter gegen Skandale und milliardenschwere Verluste. Im April etwa trennte sich die Deutsche Bank schlagartig von Chef John Cryan. Und vor wenigen Tagen musste der Vorstandsvorsitzende der Fondstochter DWS, Nicolas Moreau, überstürzt seinen Posten räumen.
Hinzu kommt: Der Aktienkurs ist seither im Keller, die Anteilseigner sind sauer auf das Haus. Der seit April amtierende Konzernchef Christian Sewing bemüht sich zwar um höheres Tempo, räumte aber ein: "Es gibt noch viel zu tun."
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Nach der jüngsten Talfahrt der Aktie halten die Experten lieber weiter Abstand: Von den 22 von dpa-AFX erfassten Deutsche-Bank-Analysten rät nur einer zum Kauf. Elf Experten empfehlen, die Finger von dem Papier zu lassen, zehn sind neutral. Und das, obwohl die Aktie seit Wochen und Monaten nur eine Richtung kennt: Die nach unten. Immerhin: Vom derzeitigen Kursniveau von nur noch knapp 8,60 Euro trauen die Experten der Aktie im Schnitt einen Wertzuwachs von rund zehn Prozent auf rund 9,50 Euro zu.
Viele Experten stürzten sich nach den Quartalszahlen auf die mittelfristigen Perspektiven der Bank, und die stufen die meisten als mau ein. Berenbank-Analyst Eoin Mullany etwa prognostizierte, die Deutsche Bank dürfte 2020 lediglich eine Kapitalrendite (ROTE) von drei Prozent erwirtschaften. Zudem verliere die Bank Marktanteile im Investmentbanking. Dies mache die Aktie unattraktiv. Analyst Andrew Lim von der französischen Großbank Societe Generale sieht für das größte deutsche Geldhaus zudem an vielen Fronten enorme Risiken.
Die Aktien halten sollten Anleger dagegen nach Meinung von HSBC-Analyst Alevizos Alevizakos: Das dritte Quartal sei ordentlich ausgefallen. Dennoch habe der Markt dem Institut die nach unten revidierten Renditeziele 2021 und die Kostenziele übel genommen.
Nur Analyst Philipp Häßler von der Investmentbank Equinet, der nach der Präsentation der Zahlen des dritten Quartals als einziger eine Kaufempfehlung gab, beließ das Kursziel weiter bei 14 Euro. Die Zahlen der Bank seien weitgehend im Rahmen der Erwartungen ausgefallen, schrieb er. Unterdessen lobte Häßler die besser als erwartete Entwicklung der Kosten. Die größte Herausforderung sei nun, Marktanteile im Investmentbanking wiederzugewinnen und die Ertragssituation zu verbessern.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Anleger haben ihr Vertrauen in die Deutsche Bank längst verloren. So stürzte das Papier Ende vergangener Woche abermals auf ein historisches Tief von 8,419 Euro - alleine in diesem Jahr gab der Kurs um rund 45 Prozent nach. An dem Kursverfall konnten auch die überstürzte Demission Cryans und Krönung Sewings nichts ändern. Im Gegenteil: Alleine seitdem sank der Marktwert um rund ein Viertel auf weniger als 18 Milliarden Euro.
Mit diesem Börsenwert ist die Bank an den Finanzmärkten längst nur noch ein Leichtgewicht. So rangiert sie im europäischen Bankenindex Stoxx 600 Banks gerade mal auf Rang 24 - zwischen der Svenska Handelsbanken und Natixis. Die europäische Spitzenklasse um die HSBC, Santander und die BNP ist längst meilenweit entfernt, von amerikanischen Großbanken wie JPMorgan ganz zu schweigen.
Der Niedergang an der Börse ist die Strafe für die falsche Strategie nach der Finanzkrise - zu lange hatte die Deutsche Bank am Investmentbanking der alten Schule festgehalten und sich nicht auf die neuen Zeiten eingestellt. Andere von der Finanzkrise schwer getroffene Institute wie die UBS waren da wesentlich konsequenter und stehen inzwischen deutlich besser da als die Deutsche Bank.
Dies spiegelt sich auch im langfristigen Chart der Deutschen Bank wider. So sank der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie seit Ende 2007 - also der Zeit vor der Pleite der US-Investmenbank Lehman und dem Ausbruch der Finanzkrise - um fast 90 Prozent. Mehr hat in der Zeit kaum ein Papier einer Großbank verloren./ngu/zb/fba