Auch mit Martin Hellwig vom Max-Planck-Institut, der deutlich höhere Kapitalpuffer für Banken fordert, geriet Fitschen aneinander. Hellwig sitze im Elfenbeinturm und stelle utopische Forderungen, statt pragmatische Lösungen zu suchen, sagte Fitschen. Auch Hellwigs Forderung, dass Geldhäuser kleiner werden sollen, lasse sich nicht bei jedem Institut umsetzen. "Wenn sie eine solche Konsolidierung wirklich propagieren, dann müssen sie in Kauf nehmen, dass es Institute gibt, die größer werden. Nur mit ein paar wenigen kleinen Banken können sie eine Volkswirtschaft heute nicht unterstützen."
Fitschen war Ende 2013 bereits mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aneinandergeraten, was in der Öffentlichkeit und auch bei Investoren kritisch gesehen wurde. Mit Kritik hinter dem Berg halten will der Manager allerdings auch künftig nicht. Ihn ärgere die Behauptung, dass große Institute wie die Deutsche Bank nicht abgewickelt werden könnten, sagte er. Dabei habe die Bank eine Art Testament ("living wills") bei den Aufsichtsbehörden eingereicht. Diese Notfallpläne sollen helfen, Finanzinstitute im Falle einer Schieflage abwickeln zu können. "Ich frage: Wer hat das denn mal gelesen? Herr Schick, Herr Hellwig, haben sie sich das mal angetan?", fragte Fitschen. "Sie haben es nicht getan, das weiß ich."
DEUTSCHE BANK KANN MIT US-REGELN LEBEN
Kritisch sieht Fitschen auch die verschärften Vorschriften für ausländische Geldhäuser in den USA. Die Notenbank Federal Reserve (Fed) hat kürzlich ein Regelwerk verabschiedet, das 15 bis 20 ausländische Institute zwingt, eigene Zwischenholdings in den USA zu gründen, in denen ihr Geschäft dort gebündelt ist. Diese müssen eigenständig mit Eigenkapital und den nötigen Barmitteln ausgestattet werden. Einige europäische Banken müssen deshalb die Kapitalpolster ihrer amerikanischen Töchter aufstocken oder deren Bilanzsumme reduzieren.
"Es gibt jetzt etwas, mit dem wir auch leben können", sagte Fitschen. Die Lösung sei aber nicht optimal, weil sie Schule machen werde. "Meine Befürchtung ist, dass das, was wir jetzt in Amerika verwirklicht sehen, nur der Ausgangspunkt ist für eine Entwicklung, die nicht mehr anzuhalten ist", sagte er. "Das ist nicht das Ende des Global Banking, aber eine andere Welt, deren Konsequenzen wir heute noch nicht überschauen." Die Fed zieht mit den Vorschriften ihre Lehren aus der Finanzkrise, in der sie den Töchtern ausländischer Banken Liquiditätsspritzen verabreichen musste, um sie am Leben zu halten.
Fitschen ist dagegen der Ansicht, dass die US-Behörden dem Urteil der heimischen Aufseher der Auslandsbanken vertrauen sollten. "Wenn wir diese Systeme jetzt nationalisieren, wird sehr viel Kapital und Liquidität lokal eingerahmt und steht nicht zur Verfügung, um grenzüberschreitend zu arbeiten", sagte der Deutsche-Bank-Chef. "Diejenigen, die am meisten leiden werden, werden die Länder sein, die am meisten davon profitiert haben - nämlich die Entwicklungsländer."
Aus vielen Schwellenländern ist zuletzt Geld abgeflossen, weil Anleger wieder verstärkt in den USA investieren, wo die Notenbank die Geldpolitik langsam strafft. Aus Sicht von Fitschen könnten sich diese Problem durch nationale Regulierungsvorschriften für Geldhäuser verschärfen. Bisher hätten die Institute maßgeblich dazu beigetragen, dass Kapital in die Schwellenländer fließt und damit das starke Wachstum in diesen Staaten erst ermöglicht, sagte Fitschen. Die Banken hätten damit einen großen Anteil daran, "dass die Weltwirtschaft in den letzten Dekaden schneller gewachsen ist als jemals zu vor". In der öffentlichen Diskussion spiele das aber keine Rolle. "Dieser Beitrag wird überhaupt nicht gewürdigt."
Reuters