Wegen des ungewissen Testausgangs standen Bankaktien in den vergangenen Monaten unter Druck. Risikofreudige Anleger können jetzt auf eine Erholung des Bankensektors setzen. Kurzfristig könnte es auch zu einer Erholungsrally kommen. Vorsicht ist allerdings weiter geboten. Viele Häuser haben spezielle Risiken, die nicht durch den Test identifiziert wurden. "Wenn Sie jetzt mitgeteilt bekommen, dass alle deutschen Banken den Stresstest überlebt haben, lassen Sie sich nicht dazu verleiten, zu glauben, jetzt sei die Welt in Ordnung", warnte Privatbankenpräsident Jürgen Fitschen.
Fitschen, der auch Co-Chef der Deutschen Bank ist, weiß wovon er spricht: Das größte deutsche Geldhaus kämpft mit zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, die im Bankentest zunächst keine Rolle gespielt haben. Die Deutsche Bank legt an diesem Mittwoch (29.10.) Zahlen vor, die Commerzbank folgt am 6. November.
Auch wenn die meisten Geldhäuser den Stresstest bestanden haben, die beanstandeten Kapitallücken bereits aufgefüllt haben oder diese Lücken in den nächsten Monaten noch auffüllen, wird der Umbruch in der Bankenbranche weitergehen. So beschränken das dauerhaft niedrige Zinsniveau und die immer strengere Regulierung die Ertragspotenziale der meisten Geldhäuser. Laut der Unternehmensberatung Bain kamen die deutschen Institute zwischen 2011 und 2013 nur noch auf eine Eigenkapitalrendite von 1,6 Prozent. "Wir brauchen noch Jahre, um zu einer neuen Normalität zurückzukehren", sagt Fitschen. "Und diese neue Normalität wird ganz anders aussehen als heute." Aareal-Bank-Chef Wolf Schumacher erwartet außerdem einen beschleunigten Konsolidierungsprozess unter Europas Banken.
Hinzu kommt, dass sich auch kurzfristig jede neue Verschärfung der Euro-Schuldenkrise auf die besonders sensiblen Bankaktien negativ auswirkt. Bankaktien bleiben als auch nach dem Stresstest hochvolatile Investments für Risikofreudige.
Auf Seite 2: Was die Stresstest-Ergebnisse für die Anleger der Deutschen Bank bedeuten
Deutsche-Bank-Aktie: Fortschritte beim Abbau von Rechtsrisiken
Die Deutsche Bank gibt bei der Aufarbeitung ihrer juristischen Altlasten Gas. Dass die Bank auch im dritten Quartal eine hohe Summe dafür zurücklegen muss, haben Beobachter erwartet. Insofern überraschen die am Wochenende bekannt gewordenen weiteren 900 Millionen Euro Vorsorge nicht. Damit dürften die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten inzwischen bei drei Milliarden Euro liegen. Nach eigenen Angaben ist das Geldhaus in rund 1000 größere Verfahren verwickelt. Co-Chef Jürgen Fitschen hatte jüngst angekündigt, dass die Bank diese Rechtsstreitigkeiten möglichst rasch beilegen will - einen Teil noch in diesem Jahr, den größten Block bis Ende 2015. Aktionäre sollten ihn an den Fortschritten messen.
Wenn die Bank an diesem Mittwoch (29.10.) ihre Quartalszahlen vorlegt, dürfte sie mit guten Ergebnissen in ihren Kerngeschäftsfeldern Investmentbanking und Privatkundengeschäft überzeugen. Nach Einschätzung von Analysten haben vor allem die großen Kursschwankungen auf den Anleihe- und Devisenmärkten den Anleihehandel der Deutschen Bank beflügelt. Erst am vergangenen Donnerstag hatte die Schweizer Großbank Credit Suisse mit den besten Zahlen zum 3. Quartal seit fünf Jahren die Markterwartungen übertroffen und von einem boomenden Anleihehandel berichtet. Ungünstiger sieht bei der Deutschen Bank die Lage auf der Kostenseite aus. Hier schlägt nach wie vor ein hoher Restrukturierungsaufwand zu Buche.
Einschätzung der Redaktion:
Starker Kursrückgang seit Jahresbeginn, niedriges KGV von neun (2015) und Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,5. Die Aktie erscheint günstig. Auch wenn die Bank bei der Aufarbeitung ihrer Rechtsrisiken Fortschritte macht, ist ein Investment auch nach den veröffentlichten Stresstest-Ergebnissen riskant. Nur für Mutige. Halten.
Ziel: 29,00
Stopp: 22,00
Auf Seite 3: Was die Stresstest-Ergebnisse für die Anleger der Commerzbank bedeuten
Commerzbank-Aktie: Erstmals seit Jahren winkt Dividende
Vom erfolgreichen Abschneiden beim Stresstest könnten Aktionäre bei der Commerzbank direkt profitieren: Vorstandschef Martin Blessing hatte für den Fall eines erfolgreichen Abschneidens auch Überlegungen zur Wiederaufnahme einer Dividendenzahlung angekündigt. Die letzte Ausschüttung hatte es 2007 gegeben. Insgesamt hat die Bank beim Abbau von Altlasten zuletzt deutliche Fortschritte erzielt und ihre Risikoportfolio von 102 auf 92 Milliarden Euro deutlich stärker geschrumpft als erwartet. Bis 2016 soll es auf 67 Milliarden Euro reduziert werden. Analysten rechnen damit, dass die Bank am 6.11. solide Quartalszahlen vorlegen wird. Eine mögliche konjunkturelle Eintrübung könnte die Bank allerdings in ihrer Firmenkundensparte zu spüren bekommen.
Auch mögliche Strafzahlungen wegen Rechtsverstößen in den USA könnten in den nächsten Wochen für Irritationen sorgen. Die US-Behörden werfen dem zweitgrößten deutschen Geldhaus Medienberichten zu Folge nicht nur Verstöße gegen US-Sanktionen vor, sondern auch Verstrickung in einen Bilanzskandal. Die mögliche Strafzahlung könnte im oberen dreistelligen Millionenbereich liegen. Zwar hat die Bank Rückstellungen gebildet, unklar ist aber, ob sie ausreichen.
Einschätzung der Redaktion:
Die hochvolatile Aktie könnte von einer Erholung des Sektors profitieren, ist aber ebenfalls nur für Risikofreudige geeignet. Die Quartalszahlen Anfang November könnten Aufschluss über mögliche Konjunkturrisiken geben. Halten
Ziel: 14,50
Stopp: 10,20
Auf Seite 4: Was die Stresstest-Ergebnisse für die Anleger der Aareal Bank bedeuten
Aareal-Bank-Aktie: Solider Spezialist aus Wiesbaden
Der gewerbliche Immobilienfinanzierer ist in Europa, den USA und Asien breit und konjunkturunabhängig aufgestellt. Beim Neugeschäft soll 2014 das obere Ende der anvisierten Spanne von acht bis neun Milliarden Euro erreicht werden. Auch beim Konzernbetriebsergebnis soll sich die positive Tendenz bis zum Jahresende fortsetzen. Zuletzt berichtete Vorstandschef Wolf Schumacher gegenüber BÖRSE ONLINE darüber, dass die Bank nicht nur über solide Kapitalquoten verfüge, sondern sich generell die Frage stelle, was sie mit überschüssigem Kapital anstellen solle. "Wir könnten damit Zukäufe finanzieren oder es an unsere Aktionäre über eine Sonderausschüttung zurückgeben", sagte Schumacher. Letzteres sei aber eher eine mittelfristige Option. Grundsätzlich beobachte die Bank den Markt, geeignete Übernahmeziele würden geprüft. Man halte die Augen für beide Geschäftsbereiche gewerbliche Immobilienfinanzierung und IT-Dienstleistung offen, sagte Schumacher.
Einschätzung der Redaktion:
Im ersten Halbjahr hat die Bank einen hohen Gewinnsprung erzielt und deutete soeben für das zweite Halbjahr eine höhere Gewinnprognose an. Für ein Investment sprechen das stabile Geschäftsmodell, zuverlässiges Gewinnwachstum und die attraktive Dividendenrendite. Kaufen.
Ziel: 36,00
Stopp: 28,00
Auf Seite 5: Wie Anleger auf eine allgemeine Erholung europäischer Banken setzen können
Europäische Banken: Hoffnung auf Branchenerholung
Die Ungewissheit über den Ausgang des EZB-Tests hat die Kurse der europäischen Banken seit Monaten belastet. Wer jetzt auf eine breite Erholung des Sektors setzen und dabei den Blick über die deutschen Grenzen hinauslenken will, dem stehen börsennotierte Indexfonds (ETF) zur Verfügung. Die unten angegebenen ETF bilden den europäischen Bankenindex Stoxx Europe 600 Banks ab. Das höchste Gewicht darin haben Institute wie HSBC, Santander, BNP Paribas und UBS. Auch hier der Hinweis, dass jedes neue Aufflackern der Euro-Schuldenkrise diese Werte besonders nach unten zieht. Deshalb: Nur für Risikofreudige. Halten.
iShares Stoxx Europe 600 Banks, WKN: A0F5UJ
Lyxor ETF Stoxx Europe 600 Banks, WKN: LYX0AP
DB x-trackers Stoxx Europe 600 Banks, WKN: DBX1SF