Ausgelöst wurde die Abwärtswelle gleich durch verschiedene negative Einflussfaktoren, die zu einer zunehmenden Verunsicherung unter den Marktteilnehmern beitrugen. Aktuell versuchen sich die Kurse auf dem erreichten tieferen Niveau zwar an einer Bodenbildung, die erwähnten Probleme schwelen im Hintergrund aber weiter.
Die Deutsche Bank hat dabei vier Hauptrisiken identifiziert, die eine Bedrohung für die Weltbörsen darstellen können. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren Sie, um welche Risiken es sich genau handelt und für wie wahrscheinlich die Analysten der Deutschen Bank deren Eintrittswahrscheinlichkeit erachten.
Börsen-Bedrohung Nummer eins laut Deutscher Bank: Ein starker Wachstumsrückgang in China
Selbst wenn China nur mit 6% wächst, trägt es immer noch einen Prozentpunkt zum weltweiten Wirtschaftswachstum bei
Was ist das Problem
: Das bisher für die Weltwirtschaft wichtige Zugpferd China befindet sich mitten im Versuch, das verfolgte Geschäftsmodell von eher export- auf eher binnenmarktorientiert umzustellen. Die Übergangsphase verläuft etwas holprig und am Markt fragen sich die Akteure, wie stark die Wachstumsdelle wohl ausfallen wird. Fallende Aktienkurse, eine abgewertete Landeswährung sowie schwache Einkaufsmanagerindex- und Handelsbilanzdaten schürten zuletzt die Ängste, dass der Abschwung stärker als gedacht ausfallen könnte.Mögliche Folgen für Aktien
: Läuft es für das Reich der Mitte schlecht, wäre das ein weiterer Dämpfer für die ohne nur schleppend auf Touren kommende Weltwirtschaft. Im Negativfall erhöht sich bei einer anhaltenden Schwäche in China das Risiko für eine weltweite Rezession. Das wiederum dürfte negative Folgen für die Aktienmärkte nach sich ziehen.Einschätzung der Deutschen Bank
: Die meisten volkswirtschaftlichen Indikatoren scheinen sich nach dem schwach verlaufenen zweiten Quartal wieder zu erholen. Dazu tragen auch die im Mai ergriffenen fiskalpolitischen Ankurbelungsmaßnahmen bei. Das Momentum im Dreimonatsvergleich bei Daten wie Stromverbrauch, Konsum, Importe und Exporte hätten sich zuletzt jedenfalls ebenso wieder verbessert wie die reale Geldmenge M1 im Jahresvergleich. Auch hätten sich die Hauspreise im Zwölfmonatsvergleich zuletzt nicht mehr negativ entwickelt.Die Eintrittswahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein scharfer Wachstumseinbruch in China einstellen wird, beziffern die Analysten der Deutschen Bank auf einer Skala von eins bis zehn auf drei, wobei die Zahl eins für ausgeschlossen und zehn für sicher steht. Das Land sehe sich zwar mit realen strukturellen Herausforderungen wie ein erforderlicher Schuldenabbau, einer Blase am Immobilienmarkt und bei den Investitionen konfrontiert, doch die vorherrschenden konjunkturellen Ängste dürfte sich am Ende als übertrieben herausstellen.
Zu beachtende Indikatoren
: Um besser beurteilen zu können, wohin die konjunkturelle Reise in China geht, raten die Analysten dazu, vor allem das Wachstum der M1-Geldmenge, etwaig volkswirtschaftliche Überraschungen, die Entwicklung des Stromverbrauchs sowie die Shanghai Interbank Offered Rate (Referenzzinssatz im Interbankengeschäft) im Blick zu behalten.Börsen-Bedrohung Nummer zwei laut Deutscher Bank: Kapitalabflüsse aus China führen zu einer weiteren Abwertung der chinesischen Landeswährung
Die Devisenreserven der chinesischen Notenbank sind gegenüber ihrem Hoch um 11% gesunken
Was ist das Problem
: China hat im August in mehreren Schritten die eigene Währung abgewertet. Die Negativreaktion darauf an den weltweiten Finanzmärkten fiel sehr harsch aus. Denn die Akteure zeigten sich verunsichert und fragten sich, ob das ein Indiz für größere Probleme in der heimischen Volkswirtschaft ist und vor allem auch, ob damit der Auftakt für weitere Abwertungen eingeleitet wurde. Verstärkt wurden die Bedenken der Marktteilnehmer noch durch den im August stärker als erwartet ausgefallenen Rückgang bei den Währungsreserven. Zumal die jüngsten Ereignisse auch an das Trilemma von Wechselkursregimen erinnerte, das in der Schwierigkeit besteht, mit Wechselkursstabilität, geldpolitischer Autonomie und freier Kapitalbewegung alle drei wechselkurspolitischen Ziele gleichzeitig zu erreichen.Mögliche Folgen für Aktien
: Sollte China die eigene Währung weiter abwerten, würden chinesische Produkte auf dem Weltmarkt billiger. Das schwächt zum einen die Geschäftschancen von Exporteuren aus anderen Ländern und zum anderen geht davon ein deflationärer Impuls aus. Ein Erfolg bei dem von den Notenbanken geführten Kampf gegen die deflationären Tendenzen würde dadurch dann noch schwieriger werden. Weil Investoren weltweit die Deflation als großes Problem einstufen, würde deren Fortsetzung oder sogar Verschärfung negativ auf die Aktienkurse ausstrahlen.Einschätzung der Deutschen Bank
: Die Deutsche Bank China-Volkswirt Zhiwei Zhang räumt zwar ein, dass das erwähnte Wechselkurs-Trilemma mittelfristig ein Risiko für die chinesische Währung darstelle, auf Sicht von einem Jahr geht er aber davon aus, dass genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Kurs der eigenen Währung stabil zu halten. Der Rückgang der chinesischen Devisenreserven in den vergangenen zwölf Monaten von 400 Milliarden Dollar der zusammen mit einem Leistungsbilanzüberschuss von 280 Milliarden Dollar und Netto-Direktinvestitionen von 220 Milliarden Dollar auf eine Kapitalflucht von 900 Milliarden Dollar hindeute und so die Devisenreserven von 3,6 Billionen Dollar als möglicherweise nicht ausreichend erscheinen lasse, werde falsch interpretiert. Aus Sicht von Zhang sind dabei auch Umschichtungen zwischen den Konten der Notenbank und dem Privatsektor zu berücksichtigen. So gesehen dürfte sich der Kapitalabfluss in den vergangenen zwölf Monaten auf deutlich niedrigere 160-240 Milliarden Dollar belaufen haben, was eher verkraftbar sei.Intern wird der jüngste Abwertungsschritt ansonsten eher als Versuch gesehen, sich vor einer möglichen Leitzinserhöhung in den USA etwas von der Fed unabhängiger zu machen und nicht so sehr als Hinweis auf landeseigene volkswirtschaftliche Probleme. Zudem dürften die Verantwortlichen auch wegen der negativen Marktreaktion auf die August-Abwertung in den kommenden zwölf Monaten keine weitere Abwertung mehr anstreben.
Auf der Notenskala von eins bis zehn wird die Wahrscheinlichkeit weiterer spürbarer Abwertung mit zwei und damit als ziemlich gering eingestuft.
Zu beachtende Indikatoren
: Um trotz dieser Zuversicht nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, wird dazu geraten, die weitere Entwicklung der chinesischen Devisenreserven sowie der Geldmenge M1 zu verfolgen und auch auf die Inflationserwartungen in Europa und den USA zu achten.Börsen-Bedrohung Nummer drei laut Deutscher Bank: Eine weitere Verschärfung der weltweiten Finanzierungsbedingungen
Der US-Aktienmarkt ist dem durch die Fed-Bilanz vorgegebenen Verlauf gefolgt
Was ist das Problem
: Die Weltbörsen haben lange Zeit von vorteilhaften finanziellen Rahmenbedingungen profitiert. Dafür sorgten nicht nur die quantitativen Lockerungen durch die Notenbanken sondern nach Einschätzung von Deutsche Bank Devisenstratege George Saravelos auch die Anhäufung von Devisenreserven durch die Zentralbanken der Schwellenländer. Doch diese von den Emerging Markets betriebene Politik habe sich inzwischen ins Gegenteil verkehrt und das wirke sich im Umfeld einer nicht mehr weiter ausgeweiteten Bilanz der US-Notenbank bereits wie ein Anziehen der quantitativen Zügel aus. Die aggregierten Bilanzen der weltweiten Notenbanken beim Kauf von Dollar-denominierten Assets fallen jedenfalls im Jahresvergleich erstmals seit mindestens einem Jahrzehnt.Mögliche Folgen für Aktien
: Sinkt die Liquidität an den Aktienmärkten, setzt das die Bewertungen unter Druck, die für risikoreiche Anlageformen gezahlt werden.Einschätzung der Deutschen Bank
: Die Deutsche Bank bestätigt Anzeichen für eine weltweite Verschärfung bei den Finanzierungsbedingungen. Gleichzeitig weisen sie auf eine in den vergangenen fünf Jahren zu beobachtende Korrelation zwischen dem jährlichen Wachstum der Bilanzsumme der auf den Dollar fokussierten Notenbanken und den auf Jahresbasis zu registrierenden Kursbewegungen an den Weltbörsen hin.Doch man ist auch der Meinung, dass es noch lange nicht sicher sei, wie lange diese verschlechterten Finanzierungsbedingungen anhalten werden. Laut den hauseigenen US-Volkswirten sei auf entsprechende Verschlechterungen in der Vergangenheit schnell reagiert worden. Auch ganz allgemein seien die Verantwortlichen bei den Notenbanken sehr sensibel, was den Zustand der Finanzierungsbedingungen angehe und mit neuen Ankurbelungsmaßnahmen zu rechnen sei, sobald sich die Rahmendaten weiter verschlechtern sollten. Das zur Verfügung stehende Instrumentarium sei dabei weder fiskal- noch geldpolitisch bereits ausgeschöpft.
Auf der Notenskala von eins bis zehn bekommt diese Risiko aus Sicht der Deutschen Bank eine drei.
Zu beachtende Indikatoren
: Weil der Bullenmarkt an den Finanzmärkten weltweit stark von der von den Notenbanken in Übermaß zur Verfügung gestellten Liquidität getrieben war, erscheint es sinnvoll, Veränderungen bei den Finanzierungsbedingungen im Auge zu behalten. Die Deutsche Bank hält in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Rendite bei den inflationsindexierten US-Anleihen für interessant, den Bloomberg Financial Conditions Index, den Financial Stress Index der Federal Reserve Bank von St. Louis sowie die Kreditaufschläge.Börsen-Bedrohung Nummer vier laut Deutscher Bank: Ein starker Wachstumsrückgang in den Schwellenländern (exklusive China)
Wenn sich der klassische Schwellenländer-Zyklus wie in 1997/98 wiederholt, dann sinkt das Wachstum der Emerging Markets auf 2,2%
Was ist das Problem
: Viele der einst wegen ihrer wachstumsstärke so gefeierten Emerging Markets steht seit geraumer Zeit unter Druck. Die Aufräumarbeiten nach dem Boom machen zu schaffen und man sieht sich auch mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Als zusätzliche Gefahr kommt in dieser ohnehin schwierigen Phase nun auch die Möglichkeit einer Leitzinswende in den USA hinzu. In der Vergangenheit ging das in der Regel mit einem Kapitalabzug aus den Schwellenländern einher und das wiederum belastet die Kurse der Schwellenländer-Wahrungen und dämpft die derzeit ohnehin eingetrübten Wachstumsaussichten noch mehr.Mögliche Folgen für Aktien
: Sollte sich eine Krise im Ausmaß der Jahre 1997/98 in den Emerging Markets wiederholen (zum Verständnis: damals schwächte sich das Wachstum n den aufstrebenden Weltregionen auf zwei Prozent ab), dürfte das eine weltweite Rezession nach sich ziehen. Den Weltbörsen dürfte das dann schlecht bekommen.Einschätzung der Deutschen Bank
: Die Analysten gestehen ein, dass aktuell wieder etliche der Rahmenbedingungen vorherrschen, die auch während der großen Emerging Markets-Krise in den Jahren 1997/98 zu beachten waren und als nachteilig für die Schwellenländer gelten. Dazu gehörten die USA und eben nicht China als Wachstumslokomotive, ein steigender Dollar, steigende US-Leitzinsen, ein sich abschwächendes Wachstum in China, fallende Rohstoffpreise und ein ebenfalls fallender japanischer Yen. Als mit Abstand wichtigster potenzieller Belastungsfaktor wird dabei eine US-Leitzinswende bezeichnet. Deshalb hänge zur Beurteilung der Risiken bei diesem Punkt auch viel vom Vorgehen der Fed ab.Hoffnung auf ein Vermeiden einer ganz großen Krise wird darauf gesetzt, dass sich auch einige volkswirtschaftliche Daten finden lassen, die besser aussehen als bei früheren Krisen. Dazu zählen die Devisenreserven, die Netto-Position bei den Investitionen, die Zusammensetzung der Schulden (geringere Nettoschulden in Auslandswährungen und ein größerer Schuldenanteil in Heimatwährung). Auch hätten sich die Leistungsbilanzen verbessert und die Assetpreise bereits seit 2013 damit begonnen, nach unten zu korrigieren. Außerdem würde eine noch moderatere Zinspolitik durch die US-Notenbank den Schwellenländern wieder etwas mehr Luft zum eigenständigen Atmen geben.
Die Wahrscheinlichkeit für eine markante Wachstumsschwäche in den Schwellenländern wird auf der Notenskala von eins bis zehn mit fünf eingestuft.