"Postbanker und Deutschbanker würden lieber heute als morgen getrennte Wege gehen", berichtet ein Insider. "Aber es ist wie in einer schlechten Ehe: Man kommt nicht so einfach los voneinander."
Die Trennung von der Postbank war für die Deutsche Bank schon beschlossene Sache. Denn Deutschlands größtes Geldhaus muss wegen der ab 2019 geltenden strengeren Kapitalvorschriften schrumpfen - und zwar ordentlich. Nun deutet sich allerdings an, dass alles auch ganz anders kommen kann.
Diese Szenarien sind denkbar:
SCHNELLE, SCHMERZHAFTE TRENNUNG: DER VERKAUF
Die Postbank mit 14 Millionen Kunden, 19.000 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von 149 Milliarden Euro steht zum Verkauf, das hat Deutsche-Bank-Chef John Cryan erst im Mai nochmals betont. Allein: Die Interessenten stehen nicht gerade Schlange. Denn im Niedrigzinsumfeld ist das auf die Masse ausgerichtete Privatkundengeschäft der gelben Filialen keine Goldgrube. Das einzig konkrete Angebot kam Finanzkreisen zufolge bisher von der österreichischen Bawag, hinter der der Finanzinvestor Cerberus steht. Er stößt in den Frankfurter Doppeltürmen aber auf Skepsis. Unverbindliche Interessenbekundungen gab es auch von Banken in China und dem spanischen Rivalen Santander, wie mehrere Insider berichten. Zahlen wollten alle nur kleines Geld. Die Commerzbank, die ihr Filialnetz eher zurückbaut, zeigt - zumindest öffentlich - kein Interesse, mit der Postbank eine große deutsche Privatkunden-Bank zu schmieden.
Ein Verkauf wäre die schnellste Lösung - aber wohl auch die schmerzhafteste und teuerste. Denn die 4,5 Milliarden Euro, mit denen die Bonner Tochter zu Jahresbeginn noch in den Büchern der Deutschen Bank stand, gelten heute als Mondpreis. Branchenkenner schätzen den tatsächlichen Wert eher auf zwei bis 2,5 Milliarden Euro. Gezahlt hatte die Deutsche Bank gut sechs Milliarden Euro. Daher drohen erneut Abschreibungen. Ein Großinvestor fordert dennoch: "Verkaufen, lieber heute als morgen. Die Postbank macht zehn Prozent der Bilanzrisiken aus. Das wäre schon mal ein Befreiungsschlag. Dann kann man nach vorne schauen."
AUF SEITE 2: TRENNUNG AUF RATEN: DER BÖRSENGANG
TRENNUNG AUF RATEN: DER BÖRSENGANG
Nach offiziellem Bekunden ist der Börsengang der bevorzugte Weg, sich von der Postbank zu trennen. Die Deutsche Bank hofft, dabei einen besseren Preis zu erzielen als beim Direktverkauf. Dann schmerzt die Trennung finanziell nicht allzu sehr. Unter Zeitdruck ist die Bank nicht. Sie könnte die Unsicherheit an den Märkten aussitzen und hoffen, dass sich Investoren 2017 wieder für Bankaktien interessieren. Spätestens im Frühjahr 2018 müsste ein erster Anteil an der Postbank platziert werden, damit die Deutsche Bank im gleichen Jahr die Mehrheit abgeben kann.
Um die Scheidung abzusichern, könnte sich die Deutsche Bank vor der Erstnotiz einen Ankerinvestor ins Boot holen. Er könnte mit 25 Prozent einsteigen und sich durch Optionen eine weitere Aufstockung sichern, zu Preisen, die von der Kursentwicklung abhängen. Ähnlich war die Deutsche Bank bei der Übernahme der Postbank selbst vorgegangen. Branchenkenner bringen auch hier Santander ins Spiel. Sie vergibt in Deutschland vor allem Ratenkredite und könnte daher mit dem milliardenschweren Einlagen-Überhang bei der Postbank am meisten anfangen.
AUF SEITE 3: AUS BEQUEMLICHKEIT VEREINT: DIE WIEDEREINGLIEDERUNG
AUS BEQUEMLICHKEIT VEREINT: DIE WIEDEREINGLIEDERUNG
Alles bleibt, wie es ist - auch das rechnet die Deutsche Bank laut Finanzkreisen gerade durch. Nicht etwa, weil die Liebe zur Postbank neu aufgeflammt wäre, sondern weil die Scheidung am Ende vielleicht teurer wäre. Die Deutsche Bank müsste nichts abschreiben und sich nicht die Blöße geben, den wahren Wert der Postbank publik zu machen. Stattdessen würde das technisch erst entflochtene Haus wieder in den Konzern integriert.
Das Fortsetzen der Zweck-Ehe hätte aber auch seinen Preis: Die Postbank könnte als Marke erhalten bleiben, müsste aber stark eingedampft werden, damit sich die Deutsche Bank nicht übernimmt. Dabei geht es nicht nur um einen Stellenabbau. Viel wichtiger ist die Frage, ob es gelingen würde, ganze Portfolios zu verkaufen, etwa das große Hypothekengeschäft. Ein anderer Großinvestor kann sich für dieses Szenario erwärmen. Schließlich sei es wichtig, dass die Deutsche Bank ihr Privatkundengeschäft als Standbein neben der Investmentbank nicht verkleinere. Eine andere Sparte ließe sich viel leichter abtrennen und verkaufen: die Vermögensverwaltung für institutionelle Kunden. rtr