Der maue Handel im Frühjahr hat deutliche Spuren bei der Deutschen Börsehinterlassen. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) des größten deutschen Börsenbetreibers fiel im zweiten Quartal um rund zehn Prozent auf 241 Millionen Euro. Obwohl der Leitindex Dax im Juni das Rekordhoch von 10.050,98 Zählern erklomm, wagten sich viele Investoren auch im zweiten Quartal nicht aus der Deckung. Zudem gab es an den Börsen keine großen Ausschläge, was traditionell auch dazu führt, dass Hochfrequenzhändler weniger Geschäfte abschließen.

"Das Ergebnis im zweiten Quartal wurde durch die geringe Aktienmarktvolatilität und das äußerst niedrige Zinsniveau belastet", sagte Deutsche-Börse-Finanzchef Gregor Pottmeyer am Donnerstagabend. Die Wertpapier-Verwahrtochter Clearstream und das Geschäft mit Technologie und Marktdaten hätten die Rückgänge aber etwas abfedern können. Der Konzern sei deshalb auf einem guten Weg, die für 2014 gesteckten Ziele zu erreichen. Die Deutsche Börse hat Anfang des Jahres einen Anstieg der Nettoerlöse auf 1,9 bis 2,1 Milliarden Euro und des bereinigten Betriebsgewinns auf 850 bis 1050 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Nach dem ersten Quartal 2014, das besser als erwartet lief, lag der Konzern noch in der oberen Hälfte der jeweiligen Prognosespannen, nun nur noch in der Mitte.

Das Kerngeschäft der Deutschen Börse schwächelt schon seit langem, weil sich die Kunden auch wegen der Regulierung der Finanzmärkte zurückhalten. Viele Banken schrumpfen ihre Bilanzsummen und zocken wegen höherer Eigenkapitalanforderungen weniger. Hinzu kommt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Euro-Schuldenkrise und in letzter Zeit auch über die Entwicklung in der Ukraine. Nach der jüngsten Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank habe die fehlende Perspektive auf ein verändertes Zinsumfeld den Handel zusätzlich belastet, erklärte die Deutsche Börse. Bei der Derivate-Tochter Eurex, die für den Konzerns besonders wichtig ist, fiel der Betriebsgewinn um ein Viertel auf 87 Millionen Euro.

ASIEN-OFFENSIVE IM AUFSICHTSRAT

Auch andere Börsenbetreiber leiden unter der Zurückhaltung der Investoren. Viele Anbieter setzten deshalb verstärkt auf Geschäfte abseits des Handels. Die US-Börse Nasdaq geht bei der Expansion in neue Geschäftsfelder besonders aggressiv vor und hat zuletzt unter anderem das Public- und Investor-Relations-Geschäft von Thomson Reuters gekauft. In der Folge baute die Nasdaq ihren Gewinn im zweiten Quartal um rund 15 Prozent auf 101 Millionen Dollar (75 Millionen Euro) aus.

Auch die Deutsche Börse will künftig stärker auf Geschäfte abseits des Handels setzen und zudem in Ländern wie China oder Indien angreifen. "Um die anhaltenden zyklischen Schwächen in unseren Kernmärkten zu kompensieren, treiben wir die Erschließung neuer Wachstumsfelder und den Ausbau unseres Geschäfts in Asien konsequent voran", sagte Finanzvorstand Pottmeyer. Der Aufbau eines Abwicklungshauses in Singapur, das 2015 in Betrieb gehen soll, verlaufe planmäßig.

Die Asien-Offensive, die Konzernchef Reto Francioni Anfang 2013 ausgerufen hatte, soll sich künftig auch im Aufsichtsrat widerspiegeln. Das Unternehmen wolle auf der Hauptversammlung im Mai 2015 Amy Yok Tak Yip als Kandidatin für das Kontrollgremium vorzuschlagen, erklärte das Unternehmen. Yip, die in der Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft RAYS Capital Partners in Hongkong sitzt, hat viele Jahre in der asiatischen Finanzindustrie gearbeitet - unter anderem bei der Hong Kong Monetary Authority und der DBS Bank.

rtr