Schon in seinen ersten Wochen an der Konzernspitze hat der ehemalige Investmentbanker mit Übernahmen für reichlich Wirbel gesorgt. Erst am Sonntag kündigte er den Kauf der Devisenhandelsplattform 360T für 725 Millionen Euro an. Am Montag gab er dann bekannt, zwei zusammen mit der Schweizer Börse SIX betriebene Index-Anbieter für 614 Millionen Euro zu schlucken.
Bei den "externen Wachstumsoptionen" werde das Unternehmen "diszipliniert vorgehen", sagte Kengeter - ein Versprechen, das Investoren gerne hören werden. In der Vergangenheit hatte die Börse bei Übernahmen nämlich selten ein glückliches Händchen, wie Equinet-Analyst Philipp Häßler betont. Die US-Optionsbörse ISE sei 2007 viele zu teuer gekauft worden, die Fusion mit der New York Stock Exchange scheiterte 2012 am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter. "Folglich glauben wir, dass kleinere Übernahmen wie die von 360T mehr Sinn machen als große Deals, die höhere Risiken mit sich bringen und am Ende möglicherweise gar nicht zustande kommen."
Auf Seite 2: Pläne für den zweiten Quartal
Im zweiten Quartal verlieh der Schuldenstreit zwischen Griechenland und den übrigen Euro-Staaten der Deutschen Börse Rückenwind. Wegen der Hellas-Krise wurde mehr gehandelt, was die Nettoerlöse um 19 Prozent auf 583 Millionen Euro anhob. Der bereinigte Betriebsgewinn kletterte auf 271 Millionen Euro. "Damit liegen wir zum Halbjahr bei beiden Kennzahlen am oberen Ende der Prognosebandbreite für das laufende Geschäftsjahr", sagte Finanzchef Gregor Pottmeyer. Die meisten Analysten hatten von April bis Ende Juni allerdings mit mehr Gewinn gerechnet.
Für das laufenden Jahr bekräftigte die Börse die im April angehobene Ziele. Der Umsatz soll sich auf 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro belaufen, der um Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn auf 975 Millionen bis 1,175 Milliarden Euro. Für 2018 peilt das Unternehmen nun 2,8 bis 3,2 Milliarden Euro an und einen Betriebsgewinn von 1,55 bis 1,75 Milliarden Euro. Bisher hatte sich die Deutsche Börse als mittelfristiges Ziel lediglich vorgenommen, die Erlöse bis übernächstes Jahr auf 2,3 bis 2,7 Milliarden Euro auszubauen.
Um die neuen Ziele zu erreichen, setzt Kengeter auf mehr Zentralisierung und straffere Prozesse. Hierarchien sollen abgebaut, Funktionen zusammengelegt und der Einkauf besser abgestimmt werden, kündigte er an. Auf diese Weise will er ab nächstem Jahr 50 Millionen Euro für zusätzliche Investitionen zur Verfügung haben. Im laufenden Jahr fallen jedoch zunächst Restrukturierungskosten von rund 60 Millionen Euro an. Gespräche mit den Arbeitnehmern haben bereits begonnen. Auch Beteiligungen will Kengeter auf den Prüfstand stellen. Finanzkreisen zufolge erwägt der Konzern unter anderem, die US-Optionsbörse ISE zu verkaufen, hat bisher allerdings keinen Käufer gefunden.
Reuters