Auch auf Details der geplanten Fusion ging der LSE-Chef mit Verweis auf die strengen Regeln der britischen Aufsichtsbehörden bei Übernahmen und Zusammenschlüssen nicht ein. "Ich kann diese Frage nicht beantworten", war ein Satz, den er bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten mehrmals wiederholte. Er deutete jedoch an, dass die gut 25 Milliarden Euro schwere Fusion von LSE und Deutscher Börse das politische Vorhaben einer europäischen Kapitalmarktunion unterstützen würde.
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger sieht das offenbar ähnlich - und sprach sich als bislang ranghöchster Politiker für die Schaffung eines europäischen Champions aus. "Im Bereich der Börsen haben wir eine globale Entwicklung und die beiden Börsen sind je alleine auf Dauer tendenziell zu klein", sagte Oettinger der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstagabend in Düsseldorf. Die EU werde die Pläne der Unternehmen nun prüfen. "Wir haben unsere Regeln. Wir haben unsere Spielräume. Und im Rahmen der Spielräume hoffe ich auf eine wohlwollende Begleitung."
Die Zustimmung der EU-Kommission gilt neben Gegenangeboten als größte Hürde für einen Zusammenschluss von LSE und Deutscher Börse. Verantwortlich für den Fall in Brüssel ist allerdings nicht EU-Digitalkommissar Oettinger, sondern seine für Wettbewerb zuständige Kollegin Margrethe Vestager.
"EINE FUSION AUF AUGENHÖHE"
Im vergangenen Jahr kletterte der bereinigte operative Gewinn der LSE um 27 Prozent auf 710 Millionen Pfund (rund 915 Millionen Euro). Das Unternehmen profitierte dabei von der steigenden Aktivität an den Kapitalmärkten und einem Zukauf. Im laufenden Jahr erwartet LSE-Chef Rolet vor allem bei der Abwicklung von Derivatgeschäften Rückenwind, weil diese ab Frühjahr für viele Marktteilnehmer verpflichtend wird. Mit einem möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU könnte die LSE unabhängig von möglichen Fusionen oder Übernahmen umgehen, sagte Rolet. Die LSE sei ein globales Unternehmen und könne ihren Kunden in jedem Fall weiter attraktive Angebote machen. Experten gehen allerdings davon aus, dass die LSE einen Brexit zusammen mit der Deutschen Börse besser verkraften könnte - schließlich hätte das Unternehmen dann ein starkes Standbein in der EU.
Manche Briten sehen es kritisch, dass der fusionierte Konzern von Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter geführt werden soll und dass die Aktionäre des Dax-Konzerns gut 54 Prozent an dem Unternehmen halten sollen. Rolet wies den Vorwurf, die Deutsche Börse gebe bei der Fusion den Ton an, jedoch zurück. "Es handelt sich um eine Fusion auf Augenhöhe - anders kann man diese Transaktion nicht beschreiben." Mehrfach wies er darauf hin, dass der Sitz der fusionierten Börse in London sein soll - eine Tatsache, die wiederum in Frankfurt auf Kritik stößt.
Reuters