Die LSE schnappte sich bereits 2014 die Russell-Indizes, der US-Finanzdatenanbieter Bloomberg im vergangenen Jahr das Index-Geschäft der britischen Bank Barclays.

Auch viele andere Geldhäuser könnten ihr firmeneigenes Index-Geschäft verkaufen, sagte Andreetto. Er hat jedoch Zweifel, dass sich alle Index-Produkte von Banken auf transparente Plattformen wie Stoxx übertragen lassen - "schon wegen der Art, wie sie konstruiert sind". Andreetto hat selbst viele Jahre für Finanzinstitute gearbeitet, erst für die US-Investmentbanken Goldman Sachs und Merrill Lynch, dann für das italienische Geldhaus UniCredit und den Hedgefonds Method Investments. Seit 2016 ist der Italiener Chef von Stoxx.

Kurz zuvor hatte die Deutsche Börse die Firma für 650 Millionen Schweizer Franken (knapp 600 Millionen Euro) komplett übernommen - und setzt seitdem auf Expansion. Stoxx hat Büros in Tokio und Sydney eröffnet, Ende des Monats folgt eine Niederlassung in Hongkong. "Ein Markt, in dem wir präsent sind, aber mehr machen wollen, ist Nordamerika", kündigt Andreetto an. "Wir erwarten, dass sich dieser Markt in den kommenden fünf Jahren verdoppeln wird." Stoxx arbeite in den USA mit allen großen ETF-Anbietern zusammen, etwa mit Blackrock, State Street und Northern Trust.

KEINE LUST AUF MASSENWARE



Investoren stecken seit Jahren immer mehr Geld in Indexfonds (ETFs), die sich oft an bekannten Indizes wie dem Dax, dem S&P 500 oder dem EuroStoxx 50 orientieren. ETFs verlangen weniger Gebühren als aktiv gemanagte Fonds und haben in den zurückliegenden Jahren häufig auch bessere Renditen erzielt. Viele Börsenbetreiber und Datenfirmen drängen deshalb in diesen Markt - müssen dabei aber kreativ sein, denn: "Alle großen geografischen Auswahlindizes sind vergeben." Wachstumschancen sieht Andreetto deshalb vor allem bei Indizes, die auf die Wünsche großer Kunden zugeschnitten sind.

"Es gibt eine steigende Nachfrage von großen, globalen Pensionsfonds. Sie stecken immer mehr Geld in passive Produkte - und wollen maßgeschneiderte Lösungen." Viele von ihnen wollen nicht in Standard-ETFs investieren, sondern bestimmte Wertpapiere ausklammern und andere stärker gewichten. "Die Fähigkeit, solche Produkte zu entwerfen, ist für Index-Anbieter ein wesentlicher Erfolgsfaktor", sagt Andreetto. Stoxx sei dabei in einer guten Position, weil die Firma im Gegensatz zu vielen Konkurrenten nicht nur auf firmeneigene Daten zugreife, sondern auch auf externe Datenquellen.

Das ist laut Andreetto auch ein Vorteil bei der Entwicklungen neuartiger Indizes, mit denen Privat- und Profi-Investoren in globale Trends investieren können - etwa in Firmen, die von der Ausbreitung der Robotertechnik profitieren. "Ich sehe großes Wachstumspotenzial für Indizes, die globale Trends wie Robotertechnik, künstliche Intelligenz, die Alterung der Gesellschaft oder die Digitalisierung der Wirtschaft abbilden." Mit Blackrock hat Stoxx bereits einen Robotertechnik-ETF entwickelt. Und Andreetto ist überzeugt: "Künftig wird es mehr solche Produkte geben."

rtr