"Daran arbeiten wir derzeit mit Hochdruck und sind überzeugt, damit einen signifikanten Beitrag zur Förderung der Wachstumsfinanzierung in Deutschland leisten zu können", sagte der stellvertretende Vorstandschef Andreas Preuß am Dienstag in Frankfurt. Der Forderung der Politik, ein "Börsensegment 2.0" für junge Technologiefirmen aufzubauen, erteilte Preuß dagegen eine Absage.
Die Schaffung eines neues Börsensegments löse das bestehende Finanzierungsproblem nicht, erklärte Preuß. "Denn dessen Ursache ist ein Strukturproblem im deutschen Kapitalmarkt." Es gebe schlicht zu wenig Wagniskapital. In der Gründungsphase bekämen Firmen in Deutschland dank der öffentlichen Förderung meist noch ausreichend Geld. "Doch es fehlt an Kapital in der späteren Wachstumsphase, gerade dann, wenn Unternehmen für ein schnelles Wachstum einen größeren Kapitalbedarf haben - und der beginnt bereits in einer Größenordnung ab 20 Millionen Euro", sagte Preuß. Wichtige Wachstumschancen blieben so ungenutzt oder würden im Ausland realisiert, wo Investoren oft risikofreudiger sind und mehr Geld in Start-Ups pumpen.
Eine weiteres Defizit ist laut Preuß, dass Investoren in Deutschland bisher keinen Überblick über wachstumsstarke Hightech-Unternehmen haben. Diesen Mangel will Deutschlands größter Börsenbetreiber nun durch den Aufbau einer "vorbörslichen IPO-Plattform" beheben. Darauf sollen sich Start-Ups vorstellen und mit potenziellen Investoren ins Gespräch kommen. Falls ein Unternehmen auf diese Weise genügend Investoren findet und anschließend an die Börse will, kann es das tun.
Reuters hatte bereits Anfang November über die Pläne für eine vorbörsliche Plattform berichtet. Ein neues Börsensegment lehnt das Frankfurter Unternehmen Insidern zufolge auch deshalb ab, weil es einen Reputationsschaden fürchtet, falls viele halbfertige Unternehmen an die Börse kommen und sich dort nicht gut entwickeln. Die Erinnerungen an den "Neuen Markt" sind noch sehr präsent. Das Segment wurde 1997 inmitten des Technologie-Booms geschaffen, damit junge Firmen rasch an Eigenkapital kommen. Bis 2000 schossen die Kurse vieler Internet- und IT-Firmen in astronomische Höhen. Nach dem Platzen der "Dotcom-Blase" stürzten die Kurse dann jedoch ins Bodenlose. Viele Firmen gingen Pleite, zahlreiche Betrugsfälle landeten vor Gericht. 2003 stellte die Deutsche Börse das Segment ein.
Reuters