Auf der Bilanzpressekonferenz präsentiert Stefan Knoll ein Lehrstück der Digitalisierung. "Alexa, starte die Deutsche Familienversicherung", befiehlt der Mitgründer des gleichnamigen Börsenneulings der zylinderförmigen Sprachassistenz vor ihm. Über den mit dem Internet verbundenen Tischlautsprecher schließt der Firmenchef binnen Minuten eine Zahnzusatzversicherung ab, lässt dabei einen günstigeren Tarif suchen und die Raten über sein Amazon-Konto bezahlen. Den kompletten Verkauf einer Krankenzusatzversicherung über den digitalen Assistenten bieten weltweit nur die Frankfurter an.
Noch bewegen sich die Verträge via Alexa im Promillebereich, doch das Angebot zeigt, wie weit die Deutsche Familienversicherung (DFV) in Sachen digitalem Vertrieb ist. Angeboten werden nur Zusatzversicherungen, die vom Schutz im Krankheits- und Pflegefall bis zur Hausratsversicherung reichen. Dennoch gelang der Börsengang Ende 2018 erst im zweiten Anlauf. Zu zwölf Euro je Aktie nahm das 2007 gegründete Unternehmen netto rund 50 Millionen Euro ein. Geplant war das Doppelte. Dabei weist die DFV bereits über 450 000 Kunden und im vergangenen Jahr 75,7 Millionen Euro an Prämieneinnahmen auf. Andere Versicherungs-Start-ups kommen mit deutlich weniger auf Milliardenbewertungen, die Marktkapitalisierung der DFV hingegen liegt bei knapp 150 Millionen Euro.
Alles wird online erledigt
Dafür gibt es ein Unternehmen, das seinen Vertrieb für Krankenzusatzversicherungen komplett digitalisiert hat und daran arbeitet, auch seine anderen Policen voll internetfähig zu machen. Von der Beratung über den Abschluss bis zur Verwaltung und Schadensmeldung lässt sich alles online binnen weniger Minuten erledigen. Dazu wurden die selbst entwickelten Produkte stark vereinfacht und Prozesse automatisiert. Kunden wählen selbst, ob sie 30, 60, 90 oder 100 Prozent möglicher Zuzahlungen absichern wollen.
Die DFV wiederum senkte dank der skalierbaren Plattform die Mitarbeiterzahl seit 2014 von 200 auf rund 110. Dadurch liegen die Kundenakquisitionskosten bei für die Branche günstigen zwölf Monatsbeiträgen. Nun soll sich das Wachstum beschleunigen und die Marketingausgaben dank der IPO-Erlöse verdoppeln. Bereits 2018 wurden mit 55 000 neuen Verträgen etwa 29 Prozent mehr Policen verkauft als im Vorjahr. In diesem Jahr sollen die Neuabschlüsse auf 100 000 Verträge steigen. Wegen der teuren Werbung rechnet die DFV aber trotz des schlanken Kostenapparats erst 2021 mit schwarzen Zahlen. Bis Knoll ein Lehrstück an der Börse präsentieren kann, dürfte es also noch dauern. Doch die Chancen stehen gut.