BÖRSE ONLINE: Sie kaufen Fach- und Supermärkte in Mikrolagen regionaler Zentren - klingt nach einer blumigen Umschreibung für Schrott aus der Provinz?
Dann verstehen sie uns falsch. Regionale Zentren meint Speckgürtel von Groß- und Mittelstädten wie zum Beispiel Berlin oder Leipzig. Die Mikrolage ist der konkrete Standort des Supermarktes, meistens an einer Ein- und Ausfallstraße der Pendler. Eine solche Immobilie ist ganz klar kein Schrott, zumal sie oft bereits seit Jahrzehnten in dieser Mikrolage funktioniert und etabliert ist.
Aber Ihre Investmentstrategie unterscheidet sich damit stark von anderen börsennotierten Immobilienunternehmen …
Wir als Deutsche Konsum haben gerade diese Assetklasse beziehungsweise die Objekte in dieser Nische für uns entdeckt, da gerade diese aufgrund des vergleichsweise geringen Kaufpreises hohe Anfangsrendite von über zehn Prozent erwirtschaften. Und dies mit Mietern wie beispielsweise Edeka, Rewe, Schwarz und Norma. Unser Ansatz ist also, dass sich das Objekt bereits von Beginn an rechnet. Dazu muss es nicht zwingend schick aussehen, in Topstädten liegen, langfristige Mietverträge haben oder vollvermietet sein - eher im Gegenteil.
Zieht diese Nische nicht auch Konkurrenz an?
Wir haben derzeit einen zeitlichen Vorsprung, da in dieser Anlagenklasse nur wenige professionelle Investoren unterwegs sind. Dadurch können wir absehbar weiterhin hohe Renditen zukaufen. Zudem sind wir derzeit der erste und größte Dividendentitel, bei dem Investoren indirekt in reinrassige Einzelhandels- und Nahversorgungsimmobilien investieren können.
Ein Großteil des Portfolios liegt in ostdeutschen Kleinstädten. Zu welchem Speckgürtel gehören die?
Das stimmt nicht, wir haben nur einen sehr kleinen Teil unseres Portfolios in Kleinstädten. Hier ist die Gefechtslage aber in der Tat eine andere. Wir kaufen fast ausschließlich Objekte mit etablierten Nahversorgern als Ankermieter. Und ob die Wirtschaft nun schwächelt oder der Ort schrumpft, Milch und Butter kaufen die Leute immer. Mit seinem klaren Fokus auf Einzelhändler des täglichen Bedarfs weist unser Portfolio fast keine Konjunkturabhängigkeit auf.
Aber statt drei gibt es im Dorf dann vielleicht nur noch einen Supermarkt?
Wir schauen uns jedes Objekt individuell an. Ob dabei Ost- oder Westdeutschland herauskommt, ist zweitrangig. Miete wird überall gezahlt, der Rest ist Mathematik. Wir kaufen in kleineren Orten zudem nur den besten Standort. Paradoxerweise setzen wir so in strukturschwachen Gebieten die höchsten Mietsteigerungen durch.
Wie das?
Nehmen sie unser Bau- und Gartencenter in Bitterfeld. Dort haben in einem anderen Fachmarktzentrum zwei Geschäfte dichtgemacht. Der dort sitzende dritte Händler aber wollte in der Stadt weiter machen, natürlich am besten Standort und dieser gehört dann eben uns. Mit anderen Worten: an unserem konkreten Standort steigt dann die Nachfrage nach Mietflächen.
Dafür mit kurzen Mietlaufzeiten von im Schnitt 4,6 Jahren …
Bei Mietlaufzeiten sind wir agnostisch. Es macht uns keine Angst, kurze Mietlaufzeiten zu kaufen. Und je länger die restliche Mietlaufzeit zum Kaufzeitpunkt, desto niedriger die Rendite. Wir treten aber mit den Versprechen von zehn Prozent Anfangsmietrendite und mehr an.
Von der sie nur so lange etwas haben, bis das Mietverhältnis ausläuft?
Die Mietverhältnisse zu verlängern, ist Kern unserer Strategie und unserer Kompetenz. Und es ist die eigentliche Wertschöpfung, die wir betreiben, um hier stille Reserven der Immobilien zu realisieren. Steine und Glasfassade verrotten ja nicht, nur weil der Vertrag mit ihrem Mieter bald endet. Nur in der Investmentlogik vieler Marktteilnehmer ist das anders, da sinkt die Qualität des Gebäudes je kürzer die Mietlaufzeit.
Weil sich Mieten nicht von selbst verlängern?
Ja, um einen Mietvertrag zu verlängern, muss man eben auch Einsatz zeigen und auch wissen, was der Mieter individuell wünscht. Dabei sind vielfache Geschäftsbeziehungen mit einem Mieter durchaus vorteilhaft. Edeka mietet bei uns nicht einen, sondern 17 Märkte, REWE 6 und so geht das weiter. Dadurch wissen wir, was unsere Mieter brauchen und begegnen uns als Partner.
Was jeder an ihrer Stelle sagen würde?
Mag sein, aber es stimmt. Ein Supermarkt hat vier Optionen: verlängern, vergrößern, verkleinern, verlassen. Wenn sie sich als Partner begegnen, können sie über diese Punkte viel offener sprechen. Es kommt auch vor, dass wir von unseren Mietern auf Objekte angesprochen werden. Nach dem Motto: Wenn ihr kauft und dann investiert, dann verlängern wir. Die Mieter lieben uns dafür, dass wir uns als neue Eigentümer kümmern.
Aber auch in ihren Objekten herrscht mit 40 Prozent und mehr teilweise gähnender Leerstand?
Wir kaufen bewusst auch hohe, aber händelbare Leerstände ein, wenn wir an den Standort glauben und hier Potenzial sehen. Das ist klarer Bestandteil unserer Investmentstrategie, denn so können wir durch günstige Kaufpreise diese hohen Anfangsrenditen realisieren. Und danach fängt die eigentliche Wertschöpfung ja erst an. Durch neue Flächenkonzepte, Gespräche mit den Mietern und einem veränderten Mietermix können wir in der Regel auch Mietvertragsverlängerungen und Leerstandsabbau erzielen.
In der Theorie hört sich das gut an, aber funktioniert das auch in der Praxis?
Dass das funktioniert, haben wir bereits mehrfach in unserer erst kurzen Historie beispielsweise an unseren Objekten in Bitterfeld, Ludwigslust und Greifswald bewiesen. Zudem arbeiten wir fortlaufend an der Repositionierung weiterer Objekte, wodurch sich kontinuierlich Leerstandsreduzierungen ergeben. Wenn wir dann wieder ein Revitalisierungsobjekt mit höherem Leerstand hinzukaufen, zieht das aber zeitweise den Gesamtleerstand wieder hoch. Insofern werden wir immer einen etwas höheren Leerstand haben als andere Immobilienunternehmen - weil der Abbau dieser Leerstände zu unserem Geschäftsmodell gehört. Mit zunehmender Portfoliogröße wird sich der erhöhte Leerstand einzelner Objekte aber auch zunehmend egalisieren. Über das gesamte Portfolio liegt unser Leerstand derzeit bei rund 12,5 Prozent, was bei unseren Prämissen nicht außerordentlich hoch erscheint.
Diesen Durchschnittswert erreichen sie nur, weil eine Reihe ihrer Objekte voll vermietet sind?
Stimmt, aber für unser Geschäftsmodell ist es gar nicht nötig, den Leerstand abzubauen. Wir erzielen ja schon auf Basis des vorhandenen Mietcashflows eine zweistellige Anfangsverzinsung auf unser Kapital.
Wie das?
Wir sehen den Leerstand als zusätzliches Wertschöpfungspotenzial, welches wir umsonst mitkaufen, da wir das Objekt auf Basis der IST-Miete bewerten und auch nur dafür einen Kaufpreis bezahlen. Nehmen sie die Dompassage in Greifswald mit ursprünglich 50 Prozent Leerstand. Dort konnten wir so günstig kaufen, dass wir mit den Mietern der vermieteten Fläche bereits 11,5 Prozent Mietrendite erzielen. Selbst wenn wir es nicht hingekriegt hätten, die freien Flächen zu vermieten, wäre das für uns bereits sehr rentabel. Aber wir haben es schon nach kurzer Zeit geschafft, den Leerstand in Greifswald auf rund 10 Prozent zu verringern und so hohe Wertsteigerungen generiert.
Wertsteigerungen, die erst beim Verkauf zu Geld werden?
Nur zum Teil, denn die zusätzliche Miete erhalten wir ja bereits ab dem Einzug der neuen Mieter. Und dies wirkt sich direkt positiv auf unsere Kennzahlen aus. Positiver Nebeneffekt sind die dadurch tatsächlich entstehenden stillen Reserven, die wir durch einen Verkauf heben könnten.
Planen Sie mit Verkäufen?
In den nächsten ein bis zwei Jahren werden wir mit Sicherheit einen Teil unseres Portfolios veräußern, besonders jene Immobilien, bei denen wir durch turnusmäßige Mietvertragsverlängerungen die Werte stark steigern konnten.
Welches Volumen wollen sie verkaufen?
Das wird sich aus den konkreten Gelegenheiten ergeben. Sicherlich aber nicht mehr als zehn Prozent unseres Portfolios. Wir wollen ja grundsätzlich weiter wachsen und nur gelegentlich bei besonders hohen Preisen opportunistisch verkaufen.
Mit welchen Renditen rechnen sie dabei?
Gute Einzelhandelsobjekte in unserem Marktsegment wechseln durchaus für das 16- bis 18-fache der Jahresmiete den Besitzer. Das wäre dann in vielen Fällen etwa das Doppelte dessen, was wir für die Objekte im Ankauf bezahlt haben.
Wird das Portfolio durch die Verkäufe schrumpfen?
Nein, trotz einzelner lukrativer Verkäufe wollen wir das Portfolio weiter nachhaltig ausbauen. Verkäufe sind das Zuckerstück oben drauf, aber für das Erreichen unseres Ziels, stabile Cashflows aus Super- und Fachmarktzentren zu erzielen, nicht zwingend erforderlich.
Wie viel wollen Sie dieses Jahr noch kaufen?
Im ersten Halbjahr haben wir Objekte im Volumen von 50 Millionen Euro gekauft. In der zweiten Jahreshälfte wollen wir dieses Volumen noch etwas steigern.
Brauchen Sie dazu frisches Kapital von der Börse?
Kapitalmaßnahmen sind in diesem Jahr nicht mehr geplant. Wir haben mit über 70 Millionen Euro noch genügend Möglichkeiten. Zudem können wir unsere Verschuldungsquote von einem aktuellen Loan to Value von 36,1 Prozent auf unsere Zielquote von 50 Prozent noch steigern - unsere Kaufkraft durch Kredite also noch ein Stück vergrößern.
Ohne Verkäufe und bei einem Loan to Value von 50 Prozent läge der Nettoinventarwert ihres Portfolios dann bei rund 6,20 Euro je Aktie. Der Kurs steht aber heute schon bei 8,50 Euro. Warum?
Der Gutachter bewertet unsere Immobilien aktuell mit dem 10fachen der Jahresmiete, die Börse billigt uns einen Faktor 13 zu. Wenn Sie bedenken, dass andere Immobilienunternehmen mit dem 15- oder 16-fachen handeln, denke ich, dass der Kapitalmarkt hier einfach schneller ist als der Bewerter.
Dafür weisen die Portfolien ihrer Wettbewerber weniger Leerstand und längere Mietlaufzeiten auf?
Richtig und daher kaufen diese Firmen auch zu deutlich höheren Preisen respektive geringeren Renditen ein. Davon bleibt am Ende dann auch nicht mehr viel übrig, wenn man etwaige Zinserhöhungen einrechnet oder die Verwaltungskosten berücksichtigt. Wir erwerben unsere Immobilien zu einstelligen Multiplikatoren. Und wenn wir die Miete verlängert und den Leerstand abgebaut haben, werden diese Objekte deutlich höher gehandelt als zum 13-fachen der Jahresmiete. Nebenbei sind die laufenden starken Cashflowrenditen dann schon gesichert und ermöglichen eine attraktive Dividende.
Wann hatten sie die Idee zur Deutschen Konsum REIT?
Der Gedanke kam mir bereits 2008. Wir haben die Deutsche Konsum REIT dann aber erst Ende 2014 komplett am Reißbrett geplant und dann so lange aus eigenen Mitteln aufgebaut, bis wir aufgrund der Größe den Zugang zum Kapitalmarkt brauchten. Auch die Entscheidung dann als REIT an die Börse zu gehen, stand schon damals fest.
Warum?
Weil ich schon damals dachte, dass der REIT hierzulande fälschlicherweise nur wenig beliebt ist. Als REIT bleiben unsere Gewinne komplett steuerfrei. Dazu muss unsere Eigenkapitalquote stets über 45 Prozent liegen. Ein sehr disziplinierender Effekt.
Und Sie müssen stets mindestens 90 Prozent der Gewinne ausschütten. Da bleibt nicht viel, um aus eigenen Mitteln zuzukaufen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns als REIT öfter auf der Eigenkapitalseite über den Kapitalmarkt finanzieren müssen. Im aktuellen Null-Zins-Umfeld ist es jedoch kein Problem, die benötigten Mittel über die Börse aufzunehmen. Und im Gegenzug dürfen sich unsere Anleger ab dem kommenden Geschäftsjahr über sehr attraktive Ausschüttungen freuen.