Inmitten der EU-Krise hält die deutsche Wirtschaft wacker. Auch der Konsumsektor schlägt sich vergleichsweise gut. Dabei sollte es auch 2015 bleiben, zumindest sprechen dafür vernünftige fundamentale Rahmenbedingungen. Zu nennen neben einem soliden Arbeitsmarkt (im Dezember markierte die Arbeitslosenquote mit 6,5 Prozent ein neues zyklisches Tief) steigenden Reallöhnen (ein Plus von 3,5 Prozent und damit der stärkste Anstieg seit 15 Jahren ist denkbar), ein niedriger Euro-Außenwert und niedrige Energiepreise.
Auch die Analysten bei der Deutschen Bank gehen von einem günstigen Umfeld aus. Sie sehen die Konsumausgaben 2015 hierzulande im Jahresvergleich um drei Prozent steigen. Bei anhaltend tiefen Ölpreisen könnte das Plus sogar noch etwas besser ausfallen. Gestützt wird der positive Eindruck auch durch eine GfK-Geschäftsklimaindex, der im Januar auf den höchsten Stand seit 2006 geklettert ist.
Laut den zuständigen Branchen-Analysten Adrian Rott und Mario Becherer heißt das aus Anlegersicht aber nicht zwangsläufig grünes Licht für alle deutschen Aktien aus dem Konsumbereich. In der Vergangenheit habe sich jedenfalls gezeigt, dass der deutsche Einzelhandelssektor gerade bei den kleineren und mittelgroßen Unternehmen zu heterogen sei, um diese Branche als Ganzes als Thema zu spielen. Kritisch zu beobachten sei auch das Vordringen ausländischer Konkurrenten. Zu nennen seien da neben bereits seit längeren in Deutschland aktiven Unternehmen wie H&M auch Expansionsaktivitäten von Gesellschaften wie Primark, B&M, Kingfisher oder TJX.
Vor diesem Hintergrund bezeichnet die Deutsche Bank im Nebenwertebereich unter den deutschen Einzelhandelsaktien nur zwei Aktien als Topfavoriten für 2015. Ein weiterer Titel hat eine Kaufempfehlung inne und bei zwei anderen Werten, die als Halteposition eingestuft sind, bewegen sich die genannten Kursziele deutlich über den derzeit gültigen Notierungen. Auf den nachfolgenden Seiten werden diese fünf Aktien vorgestellt. Die Kursziele bewegen sich dabei zwischen fünf Prozent und 30 Prozent über den aktuellen Kursen.
Deutscher Einzelhandels-Nebenwert mit Kurspotenzial laut Deutscher Bank, Nummer eins: Bijou Brigitte (WKN: 522950, 53,11 Euro, alle Kursangaben vom 26.01.)
Wie richtig der Hinweis ist, dass ein gutes Konsumklima nicht auch gleichzeitig alle deutschen Konsumaktien nach oben spült, zeigt das Beispiel von Bijou Brigitte. Der Kurs der hat in den vergangenen drei Monaten rund 30 Prozent verloren und damit die Rekordjagd am deutschen Aktienmarkt nicht mitgemacht. Der ehemalige Höhenflieger geht aber schon seit 2006 am Stock und der Kurs notiert deutlich unter dem im Jahr 2006 bei 254,10 Euro aufgestellten Rekordhoch.
Der 1963 gegründete Hamburger Modeschmuckkonzern erzielt zwar fast die Hälfte seiner Umsätze in Deutschland, aber etwas mehr als die Hälfte davon stammt aus dem Ausland. Da ist man vor allem auch in Südeuropa tätig (Spanien, Portugal und Italien stehen für gut 30 Prozent der Umsätze), wo die EU-Krise bekanntlich besonders stark zugeschlagen hat. Auch deswegen stehen die Gewinnspannen schon länger unter Druck und im Geschäftsjahr 2014 musste nach vorläufigen Berechnungen ein Umsatzrückgang von 5,9 Prozent auf 335 Millionen Euro hingenommen werden. Zudem reduzierte sich das Filialnetz von 1.137 auf 1.070 Filialen, nachdem Ausstiegschancen in schwächeren Märkten genutzt wurden.
Wann es wieder besser läuft, hängt auch von der konjunkturellen Situation in Südeuropa ab und darauf, wie gut die intern ergriffenen Gegenmaßnahmen greifen. Die Deutsche Bank rechnet 2015 aber noch mit Umsatzstagnation und auch 2016 nur mit einem kleinen Umsatzanstieg. Beim Gewinn je Aktie wird für 2015 ein Wert von 2,67 Euro nach 3,56 Euro im Jahr 2013 vorhergesagt und für 2015 von 2,49 Euro. Für 2015 beträgt das KGV auf dieser Basis relativ hohe 19,9 .Vermutlich auch deshalb sieht die Deutsche Bank in den Aktien von Bijou Brigitte derzeit nur eine Halteposition. Das Kursziel liegt mit 63 Euro aber um 18,6 Prozent über der aktuellen Notiz.
Spannend wird es hier sein, was zum Geschäftsverlauf voraussichtlich in der zweiten Märzhälfte vom Vorstand gesagt wird und welcher Dividendenvorschlag dann unterbreitet wird. Die Deutsche Bank prognostiziert eine Dividendensenkung von 3,50 auf 2,50 Euro je Aktie. Aber selbst darauf ergibt sich noch immer eine ansehnliche Dividendenrendite von 4,7 Prozent.
Deutscher Einzelhandels-Nebenwert mit Kurspotenzial laut Deutscher Bank, Nummer zwei: Tom Tailor Holding (WKN: A0STST, 10,85 Euro)
Auch wer in die im SDAX enthaltene Aktie von Tom Tailor investierte, hat die Hausse der vergangenen Jahre komplett verpasst. Noch schlimmer: Gemessen an dem beim Börsengang im März 2010 auf 13,00 Euro festgelegten Ausgabepreis stehen bisher sogar Verluste zu Buche. Während der Dax neue Rekorde feierte, hat sich der Titel zuletzt wieder seinem Rekordtief angenähert.
Entstanden ist der neuerliche Kursdruck wegen einem vermutlich schwach gelaufenen Weihnachtsgeschäft. Schon zuvor hatte der 1962 gegründete Hamburger Modekonzern, der fast zwei Drittel seiner Umsätze im Inland generiert, bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal die Jahresprognose gekappt. Die Prognose für den Konzernumsatz im Gesamtjahr 2014 wurde von 950 Millionen auf 925-935 Millionen Euro gesenkt. Gleichzeitig wurde die bereinigte EBITDA-Marge von zehn Prozent auf 9,2-9,7 Prozent gesenkt. Nicht ausgeschlossen, dass selbst das noch zu optimistisch gewesen ist. Bereits 2013 war mit einem Fehlbetrag von annähernd 14 Millionen Euro das Ergebnis sehr schwach ausgefallen. Auch der Mitte 2012 getätigte Kauf des Retailers für Kombi-Mode für Damen und Herren ab 40 Jahren hat sich bisher alles andere als ein Befreiungsschlag erwiesen.
Bei der Deutschen Bank ist der Titel wegen alledem nur als Halteposition eingestuft, obwohl die Aktie im Vergleich mit den Konkurrenten mit einem Bewertungsabschlag von rund 25 Prozent gehandelt wird. Auf Basis des von der Deutschen Bank für 2015 erwarteten Gewinns je Aktie von 0,79 Euro ergibt sich ein KGV von 13,7. Bei der Deutschen Bank hält man grundsätzlich eine höhere Bewertung für angemessen und als Kursziel werden 14,00 Euro genannt (Kurspotenzial: 29,0 Prozent). Dieses Potenzial schon kurzfristig zu erschließen werde aber erschwert durch die dürftige Erfolgsbilanz seit dem Börsengang und die bestehenden Risiken bei der Umsetzung der Expansionsvorhaben. Wie das zuletzt schwache Kursverhalten nahelegt, scheint die Geschäftsentwicklung im vierten Quartal 2014 diese Bedenken nicht entkräften zu können.
Deutscher Einzelhandels-Nebenwert mit Kurspotenzial laut Deutscher Bank, Nummer drei: Hornbach Holding VZ (WKN: 608343, 74,20 Euro)
Erfolgreicher als die beiden zuerst präsentierten Titel war in den vergangenen Jahren Hornbach Holding unterwegs. Die im SDAX vertretenen Vorzugsaktien sind auch seit März 2009 deutlich gestiegen und nach einer Verschnaufpause nimmt die Notiz derzeit wieder Anlauf in Richtung Rekordhoch von 77 Euro, das vom Juni 2014 stammt.
Die Analysten der Deutschen Bank glauben daran, dass diese Marke bald gekackt werden kann. Das Kursziel haben sie hier jedenfalls auf 78 Euro festgezurrt (Kurspotenzial 5,1 Prozent) und die Hornbach Holding bezeichnen sie als eine von zwei Topempfehlungen im deutschen Einzelhandels-Nebenwertebereich. Die Baumarktkette habe ansehnliche Ergebnisse für das dritte Quartal vorgelegt und auch für das gesamte Geschäftsjahr 2014/15 wird der Gesellschaft zugetraut, die gesetzten Ziele zu erreichen. Mit einer hausinternen Prognose von plus 5,5 Prozent beim Umsatz und von plus 8,2 Prozent beim EBIT sei man bei der Deutschen Bank sogar noch etwas optimistischer als der Analystenkonsens.
Für die Aktie sprechen die anhaltende Expansion, die erreichte Marktführerschaft beim Preis und beim Service und die Zusammensetzung der angebotenen Produkte. Allgemein ist auch in Deutschland ein Trend dahin zu registrieren, das vorhandene Geld lieber in die eigene Wohnung zu stecken als auf der Bank bei Minizinsen dahinsiechen zu lassen.
Hornbach kommt das auch deshalb zu Gute, weil fast 63 Prozent des Umsatzes in Deutschland erzielt werden und die Konkurrenz durch die Insolvenz der Baumarktketten Praktiker und Max Bahr kleiner geworden ist. Attraktiver werden könnte der Titel außerdem, wenn bei einer angedachten Rechtsformumwandlung in eine KGaA und der damit verbundenen Aufhebung der Koexistenz von Stamm- und Vorzugsaktien aufgehoben werde.
Deutscher Einzelhandels-Nebenwert mit Kurspotenzial laut Deutscher Bank, Nummer vier: Gerry Weber International AG (WKN: 330410, 35,40 Euro)
Auch bei dem MDAX-Vertreter Gerry Weber tut sich auf Unternehmensebene derzeit einiges. Der Spezialist für Damenoberbekleidung will in das Herrenmodegeschäft einsteigen und erstmals jenseits des Atlantiks expandieren - zunächst in Kanada, dann in den USA. Bisher stammen bei Gerry Weber noch knapp 61 Prozent der Umsätze auf dem Inland.
Außerdem wurde im Dezember vom Finanzinvestor Change Capital Partners das Modeunternehmen Hallhuber gekauft, was den nachhaltigen Eintritt in das Damenmodesegment für die trendorientierte Frau ab Mitte 20 erlaubt. Weitere Veränderungen auf Vorstandsebene wird es zudem im Februar geben, denn dann soll mit Ralf Weber der Sohn des Gründers Gerhard Weber den Chefposten beim Modekonzern aus Halle übernehmen.
Bei der Deutschen Bank sehen die Analysten das Unternehmen inklusive des Zukaufs Hallhuber strategisch auf dem richtigen Weg, auch wenn unlängst wegen der Schwäche des Textileinzelhandels in Deutschland die Prognose für das inzwischen abgelaufene Geschäftsjahr 2013/14 gesenkt werden musste. Das scheint auch Ralf Weber zu glauben. Er hat seit Dezember eigene Aktien im Wert von 1,2 Millionen Euro gekauft.
Beim Gewinn je Aktie prognostiziert die Deutsche Bank für 2014/15 einen Wert von 1,59 Euro, der dann 2015/16 auf 2,00 Euro und 2016/17 auf 2,29 Euro steigen soll. Auch bei der Dividende je Aktie wird von einer kontinuierlichen Steigerung von zuletzt 0,75 auf 0,80, 0,90 und 1,00 Euro ausgegangen. Als Kursziel nennt die Deutsche Bank für den als Top-Favorit eingestuften Titel 39,00 Euro, was allerdings nur noch 10,2 Prozent Luft nach oben lässt.
Deutscher Einzelhandels-Nebenwert mit Kurspotenzial laut Deutscher Bank, Nummer fünf: CEWE Stiftung & Co KGaA (WKN: 540390, 52,09 Euro)
Was das Kurspotenzial angeht, hat mit der CEWE Stiftung & Co KGaA ein anderer Wert, der nicht als Top-Favorit eingestuft ist, aber ebenfalls als ein Kauf geführt wird, deutlich mehr zu bieten als Gerry Weber. Denn das Kursziel wird in diesem Fall mit 68,00 Euro angehoben, was immerhin theoretisch bei Zielerreichung einen Anstieg von 30,5 Prozent bedeuten würde.
Der in den Jahren zuvor deutliche gestiegene Aktienkurs des Fotodienstleisters tritt seit einem Jahr aber nur auf der Stelle. Dazu passt ein nach neun Monaten des Vorjahres eingefahrener Verlust, der sich wie im Jahr 2013 operativ auf 4,1 Millionen Euro belief. Entscheidend wird es hier aber wie immer sein, wie gut im sehr wichtigen Weihnachtsgeschäft der Verkauf von Produkten wie Fotobüchern und Fotokalendern gelaufen ist. Die Messlatte für den Gewinn nach Steuern im Jahr 2014 hat der Vorstand auf 19-23 Millionen Euro festgelegt, war einem Ergebnis je Aktie zwischen 2,84 und 3,45 Euro entsprechen würde.
Die Deutsche Bank kalkuliert derzeit mit 3,25 Euro je Aktie, was gegenüber 2013 fast unverändert wäre. 2015 und 2016 wird dann aber mit deutlichen Gewinnsprüngen auf 3,89 und 4,50 Euro bei dem seit 1993 börsennotierten SDAX-Mitglied gerechnet, das zwar bereits in 24 Ländern aktiv ist, aber noch immer gut 48 Prozent der Umsätze in Deutschland erzielt. Auch beim Ausschüttungssatz wird eine kontinuierliche Anhebung prognostiziert. Für 2014 sollen demnach 1,70 Euro je Aktie nach zuletzt 1,50 Euro gezahlt werden und für dieses und kommendes Jahr dann 1,90 und 2,10 Euro.