Die kriselnde Frachtsparte wird für die Deutsche Post zum Fass ohne Boden. Hohe Abschreibungen auf die in weiten Teilen gescheiterte Einführung neuer Datenverarbeitungssysteme zwingen den Konzern zur erneuten Senkung seiner Gewinnprognose. Die mit den Partnern IBM und SAP entwickelten Systeme seien "sehr, sehr kompliziert und am Ende fehlerhaft", räumte Post-Finanzchef Larry Rosen ein. Die Post zog deshalb die Reißleine und strich die Gewinnerwartung für 2015 um mindestens eine halbe Milliarde Euro auf mindestens 2,4 Milliarden Euro zusammen.
Analysten zeigten sich überrascht von der Höhe der Absenkung, die Post-Aktien brachen im Dax um bis zu 3,6 Prozent ein. Das laufende Jahr sei ein "Jahr des Übergangs", versuchte Konzernchef Frank Appel die Anleger zu beruhigen.
Insgesamt seien Abschreibungen und Rückstellungen von 345 Millionen Euro im Frachtbereich angefallen, teilte die Post mit. Hinzu kämen Belastungen in anderen Sparten in einer Höhe von 200 Millionen Euro. Dazu gehören einer Sprecherin zufolge Abschreibungen auf nicht genutzte Flugzeuge, aber auch für die Finanzierung der Pensionen für Beamte werde angesichts des niedrigen Zinsniveaus Vorsorge getroffen.
Im weltweiten Frachtgeschäft hat die Post schon länger Probleme - seit gut zwei Jahren sinken dort die Gewinne, die Umsatzrendite liegt mit zuletzt 0,8 Prozent deutlich unter der der Wettbewerber. Das will das Management ändern und dabei spielt die IT eine wichtige Rolle. Konzernchef Appel hatte im April persönlich die Verantwortung für die Sparte übernommen, die rund ein Viertel zum Konzernumsatz beiträgt. Das Frachtgeschäft ächzt unter den Folgen interner Umbauten. Denn der Konzern hatte viel Geld in die Datenverarbeitung der Sparte gesteckt, die vor allem noch mit Dokumenten auf Papier arbeitet. Doch die Umstellung schlug fehl.
"EVOLUTION STATT REVOLUTION"
Die Post arbeite mit Partnern wie SAP und IBM weiter an einer neuen IT-Landschaft für die Frachtsparte, sagte Rosen. Diese werde nun aber in kleinen Schritten eingeführt: "Evolution statt Revolution." Das werde sich über Jahre hinziehen. Das alte System sei "sehr, sehr kompliziert und am Ende fehlerhaft" gewesen. Ob die Einführung eine Fehlentscheidung gewesen sei, könne man aber erst später sagen. Es sei auch zu früh, um über Kompensationsforderungen an SAP und IBM zu reden. SAP wollte sich nicht äußern.
"Wir verfolgen unverändert das Ziel, unser Frachtgeschäft zu erneuern", unterstrich Appel. Rosen zufolge sollte sich eine Besserung 2016 zeigen. Dann will der Konzern, der abseits der Fracht bei Express- und Paketsendungen florierende Geschäfte verzeichnet, seinen Gewinn in die Höhe schrauben. Der operative Ertrag soll 2016 um mindestens eine Milliarde Euro steigen, Appel und Rosen stellten erneut ein Ebit von 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro in Aussicht. Für Rückenwind könnte dabei auch eine Porto-Erhöhung in Deutschland sorgen. Die Post hatte jüngst angekündigt, die Preise so deutlich anheben zu wollen wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Beim Massenprodukt Standardbrief soll das Porto zum Jahreswechsel etwa von 62 auf 70 Cent steigen.