"Wir rechnen im Paketgeschäft mit 10.000 neuen Stellen bis 2020 und wahrscheinlich 20.000 in Summe bis 2025", sagte der für das Brief- und Paketgeschäft zuständige Vorstand Jürgen Gerdes am Donnerstag. Die neuen Zusteller sollen aber in neu gegründeten Gesellschaften arbeiten - der Haustarifvertrag der Post gilt für sie damit nicht. Vielmehr sollen sich ihre Löhne an den Tarifen der Logistikbranche orientieren, die vielfach unter denen des Bonner Konzerns liegen. Die Gewerkschaft Verdi nannte die Pläne einen "sozialpolitischen Skandal ersten Ranges".

Gerdes klagt seit längerem, die Personalkosten der Post seien im Durchschnitt doppelt so hoch wie die der Wettbewerber: "Die Paketzustellung ist auf Dauer nicht innerhalb der existierenden Tarifverträge machbar, der Wettbewerbsnachteil ist nicht tragbar", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Der Personal-Vorstand und Verdi liegen seit Monaten im Clinch. Gerdes forderte für Neueinstellungen immer wieder eine "marktgerechte Bezahlung". "Unser altes Tarifsystem in der AG kommt aus den 70er Jahren, aus den Zeiten der Bundespost", sagte er: "Heute sind wir ein modernes Dienstleistungsunternehmen und brauchen somit auch ein modernes Tarifgefüge."

Auf Seite 2: VERHANDLUNGEN ÜBER HAUSTARIFVERTRAG STEHEN AN



VERHANDLUNGEN ÜBER HAUSTARIFVERTRAG STEHEN AN

Ziel ist es, die Lohnkosten näher an die von Wettbewerbern wie UPS oder TNT zu bringen. Die Tarifentgelte in der Logistik, die Verdi mit ausgehandelt hat, beginnen bei Stundenlöhnen von knapp über zehn Euro. Der Durchschnittslohn der neuen Gesellschaften soll Gerdes zufolge bei 12,79 Euro liegen.

Am Logistik-Tarif orientiert sich auch der Versandhändler Amazon. Dessen Mitarbeiter wollen aber nicht der Logistikbranche zugerechnet werden, sondern die höheren Gehälter aus dem Einzel- und Versandhandelstarifvertrag bekommen. Dafür gingen sie in den letzten Monaten regelmäßig auf die Straße. Auch auf die Post könnten 2015 Streiks zukommen: Gerdes Ankündigungen dürften die in diesem Jahr anstehenden Gespräche mit Verdi über einen neuen Haustarifvertrag erheblich belasten. Eine Vereinbarung zum Kündigungsschutz bei der Post läuft ebenfalls 2015 aus.

Verdi warf der Post nun den "Einstieg in den Ausstieg aus der Sozialpartnerschaft" vor. In den neuen Gesellschaften liege der Stundenlohn wohl rund 20 Prozent unter dem Niveau der Post selbst. Die Gewerkschaft forderte den Konzern auf, strittige Fragen am Verhandlungstisch zu lösen. Gerdes betonte dagegen, er habe genau dies versucht: "Wir haben viele Anläufe unternommen, mit der Gewerkschaft Verdi zu diesen Themen ins Gespräch zu kommen. Es hat nicht funktioniert."

Auf Seite 3: POST HAT NEUE GESELLSCHAFTEN BEREITS AUF DEN WEG GEBRACHT



POST HAT NEUE GESELLSCHAFTEN BEREITS AUF DEN WEG GEBRACHT

Die Post habe bundesweit bereits 49 neue Gesellschaften gegründet, die die neuen Mitarbeiter einstellen sollen. Der Konzern werde durch den Schritt auch bei den Arbeitszeiten flexibler, Überstunden würden leichter möglich. Zudem sieht der Logistik-Tarifvertrag im Schnitt weniger Urlaub vor als bei der Post, auch die Wochenarbeitszeit ist im Mittel höher. Die Post beschäftigt derzeit in Gerdes' Sparte in Deutschland rund 180.000 Mitarbeiter, die Personalaufwendungen machen einen großen Kostenblock aus.

"Diejenigen Menschen, die bereits bei uns unbefristet beschäftigt sind, sind nicht Zielgruppe der neuen Gesellschaften", stellte Gerdes klar. "Für sie gilt der Haustarifvertrag weiter." Die Gewinnprognosen der Brief- und Paketsparte änderten sich durch die Pläne nicht. Der operative Gewinn der Sparte soll demnach 2016 bei über 1,3 Milliarden Euro liegen. Für 2014 peilt die Post rund 1,3 Milliarden Euro an.

"Wir machen aus Umsatzwachstum zu geringes Gewinnwachstum", sagte Gerdes mit Blick auf die alten Strukturen weiter: "Wir schaffen nun ein Tarifsystem, das gut für unsere Eigner, aber auch für unsere Mitarbeiter ist." Die Anleger waren nicht überzeugt: Post-Aktien notierten 1,5 Prozent im Minus bei 27,77 Euro.

Reuters