DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN POST:
Am Freitag hat die Deutsche Post eine Gewinnwarnung abgesetzt, die es in sich hatte. Zwar hatte sich schon bei den Quartalszahlen Anfang Mai abgezeichnet, dass das Jahr 2018 im Kerngeschäft mit Briefen und Paketen kein Selbstläufer wird. Doch dass die Post ihr Ziel für den operativen Gewinn (Ebit) um fast eine Milliarde auf 3,2 Milliarden Euro zusammenstreichen würde, hatte offenbar kaum jemand gedacht. Noch 2017 hatte das Ebit bei über 3,7 Milliarden gelegen. Bis 2020 soll es trotz des Rückschlags auf mehr als 5 Milliarden steigen.
Die schwachen Ergebnisse liegen nicht etwa an einem niedrigeren Wachstum im Online-Handel, auf dessen Rücken der Konzern seit Jahren von Paketrekord zu Paketrekord eilt. Vielmehr scheint der Gelbe Riese auf seinem Wachstumskurs zu wenig auf Effizienz geachtet zu haben. Während die Löhne stiegen, hielt die Produktivität nicht mit. Weil die Post ihre Zusteller besser bezahlt als etwa Hermes, DPD und GLS, muss sie höhere Kosten durch Größenvorteile und bessere Systeme wettmachen. Denn im Briefgeschäft gehen die Sendungsmengen seit Jahren zurück.
Jetzt will der Konzern seinen Verwaltungsapparat verkleinern, verbeamtete Mitarbeiter in den Ruhestand schicken und hunderte Millionen Euro in Digitalisierung, eine verbesserte Routenplanung und eine gebündelte Brief- und Paketzustellung stecken. Schätzungsweise 500 Millionen Euro kostet der Umbau im laufenden Jahr. Mit diesen Schritten will Post-Chef Frank Appel sein Gewinnziel für 2020 doch noch erreichen.Der langjährige Chef der Kernsparte PeP (Postbriefe, E-Commerce, Pakete) Jürgen Gerdes, den der Konzern erst Anfang April überraschend auf den neuen Vorstandsposten für die Entwicklung von Angeboten wie dem Elektro-Lieferwagen Streetscooter versetzt hatte, muss laut einem Bericht des "Manager Magazins" das Unternehmen nun ganz verlassen. Das wolle der Aufsichtsrat an diesem Dienstag beschließen. Die Post hält sich dazu bisher bedeckt.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Gehörte die Post-Aktie im vergangenen Jahr noch zu den starken Gewinnern, kannte ihr Kurs 2018 vor allem eine Richtung: nach unten. 2017 hatte sie gut 27 Prozent an Wert gewonnen, seit dem Jahreswechsel liegt sie nun mit rund 24 Prozent im Minus. Damit war sie zuletzt der drittgrößte Verlierer im Dax (DAX 30) - unterboten nur von der Deutschen Bank und der Lufthansa. Nach der Gewinnwarnung fiel ihr Kurs zeitweise auf unter 30 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit Ende 2016.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Analyst Andy Chu von der Deutschen Bank stellt sich die Frage, warum der Vorstand nicht schon früher solche Sanierungsschritte ergriffen hat. Nach Ansicht von HSBC-Experte Edward Stanford brauchen die Aktionäre jetzt erst einmal Geduld. "Es wird Zeit brauchen, bis sich die Erfolge aus dem Sanierungsprogramm zeigen." Wie andere Analysten auch hält er den Sanierungsplan für glaubwürdig und machbar.
Sein Kollege Joel Spungin von Berenberg sieht den einfachsten Weg darin, dass die Post das vom Staat regulierte Briefporto zum nächstmöglichen Termin Anfang 2019 anhebt und auch im Paketgeschäft an der Preisschraube dreht. Auch die Effizienzmaßnahmen dürften sich auszahlen. Dass die Post ihren operativen Gewinn bis 2020 auf über 5 Milliarden Euro steigern kann, halten Experten aber für unrealistisch. Von Bloomberg bis Dienstag befragte Analysten gehen im Schnitt von 4,8 Milliarden Euro aus.
HSBC-Experte Stanford hat sein Kursziel für die Aktie erst einmal zusammengestrichen - in seinem Fall um ein Viertel auf 30,50 Euro. Von dpa-AFX beobachtete Analysten, die ihre Einschätzungen seit der Gewinnwarnung aktualisiert haben, sehen die Aktie im Schnitt absehbar bei 37,64 Euro - trauen ihr also mittelfristig eine deutliche Erholung zu. Acht Experten raten zum Kauf der Aktie, fünf zum Halten und zwei zum Verkaufen./stw/mis/fba