Das frühlingshafte Wetter in der Finanzmetropole passt zur guten Laune Appels, der mit Finanzmann Larry Rosen und dem bislang für das Briefgeschäft verantwortlichen Jürgen Gerdes die Strategie bis 2020 vorstellt. Die Perspektiven des DAX-Konzerns sind demnach glänzend. Um acht Prozent pro Jahr soll der operative Gewinn im Schnitt bis 2020 steigen. Zum Umsatz wagen die Manager keine Prognose. Zu schwierig ist wohl die Vorhersage künftiger Frachtraten oder Wechselkurse.
Auf Seite 2: Dickes Päckchen
Dickes Päckchen
Dass das Geschäftsvolumen mit diesem Wachstumstempo nicht mithalten kann, ist laut Finanzchef Rosen allerdings klar - die Gewinnmargen werden folglich steigen müssen. Kein Zweifel: Es ist ein dickes Päckchen, dass Appel sich und den Vorstandskollegen aufbürdet.
Insbesondere Jürgen Gerdes steht in der Pflicht. Der Vorstand, eine kumpelige Kombination aus entschlossenem Macher und eloquentem Verkäufer, präsentiert an diesem Morgen selbstbewusst. Sein Zuständigkeitsbereich wächst schließlich von national auf international. Gerdes soll in den kommenden Jahren möglichst viel vom Schwung des weltweiten Onlinehandels für die Bonner einpacken. So hat er dem größten Bereich des Konzerns auch gleich einen neuen Namen verpasst: Aus "Brief" wird PEP, was nichts mit einem spanischen Fußballtrainer in Diensten des FC Bayern zu tun hat, sondern für die drei Schlagworte Post, E-Commerce und Pakete steht.
Auf Seite 3: Mehr Schwung mit PEP
Mehr Schwung mit PEP
Es wurde auch Zeit, dass die Sparte ein neues Etikett erhält, stand "Brief" doch für das klassische Kerngeschäft des ehemaligen Staatskonzerns, das seit geraumer Zeit wegen der übermächtigen Konkurrenz der E-Mail schrumpft.
In der Sparte hatten die Bonner bislang das inländische Paketgeschäft versteckt - Gerdes’ Trumpf. Denn der Bereich wächst rasant, immer mehr Menschen bestellen ihre Elektro- und Haushaltsgeräte, Kleider und Schuhe im Internet. Wegen des Online-Booms lieferte das antiquiert anmutende Segment 2013 mit gut 40 Prozent den größten Batzen zum Konzerngewinn.
Appel aber will mehr, der Post- Chef sieht nicht nur im deutschen Internethandel großes Potenzial - hier soll der Markt Schätzungen zufolge im laufenden Jahr um gut 20 Prozent wachsen. Der Konzernvorstand doziert auch über zweistellige Wachstumsraten des Webhandels in China und anderen globalen Wachstumsmärkten. "Der Markt für Onlinedienste ist nicht Deutschland, sondern die ganze Welt", sagt Appel.
Die Post hat schon mal ihre Kapazitäten neu sortiert. Paketzentren und Zustelldienste wurden Anfang des Jahres aus der Sparte Express, die weltweite Unternehmenskunden zeitgenau beliefert, in die auf Privatkunden ausgerichtete Sparte Brief geschoben. In Belgien, den Niederlanden und Luxemburg, aber auch in Polen und Tschechien will Appel damit ein größeres Stück vom wachsenden Onlinekuchen ergattern.
Auf Seite 4: Top 3 in jedem Markt
Top 3 in jedem Markt
"Wir wollen der führende Anbieter für E-Commerce-Logistik werden", postuliert Gerdes. In jedem Markt, den man sich vornehme, soll die Deutsche Post unter die Top 3. Wo es wann und wie genau losgeht, das verrät der Manager allerdings nicht. Europa, Indien und die USA nennt Gerdes als Schwerpunkte. "Die Intelligenz dafür haben wir im Haus, auch an Tempo mangelt es uns nicht", sagt der oberste Zusteller des Konzerns.
Kleinere Übernahmen sollen die Onlineoffensive unterstützen, darf man aus vorsichtigen Aussagen Rosens und Gerdes’ folgern. An einen großen Deal - und die Schwierigkeiten der Bonner infolge der milliardenschweren Übernahme des US-Expressdienstes DHL Anfang des Jahrtausends - soll möglichst wenig erinnern. Die Ambitionen sind indes auch in den Staaten hoch. "Hinter UPS und Fedex ist noch Platz ür einen dritten Spieler", sagt Gerdes.
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Denn bislang ist das E-Commerce- Geschäft der Bonner weitgehend auf den Heimatmarkt beschränkt. In Deutschland ist die größte europäische Post mit Abstand größter Paketzusteller, der Marktanteil liegt bei gut 40 Prozent.
In den neben Deutschland größten E-Commerce-Märkten Europas, Großbritannien und Frankreich, erhalten Konsumenten hingegen keine Pakete von der Deutschen Post. Vor vier Jahren zog sich der Konzern aus dem stark umkämpften Geschäft mit Unternehmenskunden in den beiden Ländern zurück. Appel hatte nach fehlgeschlagenen Zukäufen den Rückwärtsgang eingelegt.
Fehlen dürfte Appel bei seinen strategischen Plänen vor allem eine Präsenz auf der Insel. Schließlich sind die Briten besonders fleißig und spendabel, was das Bestellen im Web betrifft. Mit 727 Euro pro Jahr und Kopf geben die Einwohner des Königreichs mehr als doppelt so viel im Internet aus wie der Durchschnittseuropäer. Zum Vergleich: In Deutschland liegen die Webausgaben pro Kopf bei 419 Euro.
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Lücken auf der Landkarte
Das Geschäft in Großbritannien macht vor allem die Royal Mail. Der über 500 Jahre alte Traditionskonzern ging im vergangenen Jahr - wie die belgische Bpost und Portugals CTT Correios (siehe Investor-Info rechts) - an die Börse. Vor allem die Aussichten der Pakettochter GLS lockten Anleger. Sie ist unangefochtener Marktführer im Paketgeschäft, ihre Zusteller liefern rund die Hälfte des Umsatzes der Royal Mail. Die Geschäfte laufen gut. Im Jahr des Börsendebüts, über dessen Emissionserlös derzeit im britischen Parlament heftig gestritten wird, vervierfachte sich der Gewinn.
Weltgrößter Onlinezusteller - dieses Ziel ist noch Zukunftsmusik. Appel kann es sich jedoch leisten, Lücken auf der E-Commerce-Landkarte zu haben. Denn die globale Nummer 1 unter den Logistikdienstleistern sind die Bonner bereits. Die sogenannten DHL-Bereiche, zu denen die Expressdienste für Firmenkunden, globale Speditionsleistungen und die Kontraktlogistik zählen, liefern inzwischen das Gros bei Umsatz und operativem Gewinn.
Zwar sind die Wachstumsraten in den kommenden sieben Jahren mit etwa acht Prozent nirgends so groß wie im weltweiten Transportmarkt für Onlinepakete. Doch insbesondere im Expressgeschäft und bei den Logistikdiensten für Unternehmenskunden, wo etwa Einzelteile bis direkt an die Fertigungsbänder geliefert werden, erwarten die Strategen aus dem Postturm mit fünf bis sechs Prozent ebenfalls ein vielversprechendes Geschäft.
In Asien, aber auch im Nahen Osten ist die Post internationaler Marktführer - und sieht sich offenbar in der Lage, auch künftig lukrative Konditionen auszuhandeln. Appel erwartet lebhafte Nachfrage: "Der innerasiatische Handel sowie der Austausch zwischen Asien und dem Mittleren Osten und Afrika nimmt an Fahrt auf", sagt der Post-Chef. Der Gewinn der Logistikbereiche soll deshalb bis 2020 im Schnitt gleich um zehn Prozent pro Jahr zulegen.
Die Sendung von Appel und seinen Vorstandskollegen ist an der Börse in Frankfurt schon mal gut angekommen. Die Aktie des DAX-Werts kletterte noch am gleichen Tag auf ein neues Allzeithoch.
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