Das Risiko könnte sich für den 51-Jährigen jetzt auszahlen. Denn in den USA zeichnet sich ein Durchbruch ab: Das Tochterunternehmen T-Mobile US steht wohl kurz vor dem Verkauf. Als Branchenrebell hatte sich der viertgrößte US-Mobilfunker zuletzt mit günstigen Tarifen und besseren Vertragskonditionen zum Kundenmagneten entwickelt. Beim Kundenwachstum hängte die Telekom-Tochter sogar die Branchengiganten AT & T und Verizon ab. Höttges’ Problem: In den USA stehen dringend hohe Investitionen in Netze und Mobilfunkfrequenzen an.
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Deal mit Sprint auf der Rampe
Mit dem US-Rivalen Sprint, der Nummer 3, steht womöglich ein potenter Partner parat. Angeblich soll bereits eine grundsätzliche Einigung über eine Übernahme von mehr als 50 Prozent an T-Mobile US erzielt worden sein. Sprint will dafür offenbar über 16 Milliarden Dollar in bar und in Aktien zahlen.
Es wäre für den gelernten Controller Höttges eine glückliche Fügung. Denn um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss T-Mobile US in den kommenden Jahren Milliarden investieren. Mit dem Partner ginge das Projekt Zukunft bedeutend leichter. Beide Konzerne denken offenbar schon über ein Gemeinschaftsunternehmen und ein Finanzierungspaket im Volumen von zehn Milliarden Dollar nach, um 2015 für Mobilfunkfrequenzen zu bieten. Noch hängt eine Übernahme allerdings an der US-Telekomaufsicht.
Ein Okay wäre immens wichtig, brächte es Höttges doch Spielraum, um im Kernmarkt Europa schlagkräftig zu bleiben. Keine Frage: Die Konsolidierungswelle in Europas Telekombranche rollt. Auch in Deutschland, ihrem größten Einzelmarkt, spüren die Bonner deren Wucht. Höttges ist sicher, dass die Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone und der Kauf von E- Plus durch Telefónica Deutschland erst der Anfang waren.
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Immer schön aktiv bleiben
Die Sorgen des Solingers sind berechtigt: Vor Monaten hat bereits der US-Riese AT & T begonnen, sich in Europa umzusehen. Inzwischen machen auch finanzstarke Anbieter wie der mexikanische Milliardär Carlos Slim Ernst, der mit seinem Mobilfunkunternehmen América Móvil soeben die Mehrheit an Österreichs Telekom Austria übernommen hat.
Höttges jedoch will die Branchenbereinigung, wie er sagt, "gestalten - und nicht gestaltet werden". Doch der finanzielle Spielraum ist eng. In Europa sitzt der Telekom nicht nur die Konkurrenz, sondern auch die Brüsseler Regulierungsbehörde im Nacken. Erfreulich immerhin, dass die Übernahme von E-Plus, des preisaggressivsten Spielers, den Preisdruck im deutschen Markt lindern dürfte.
Zugleich steigt der Investitionsbedarf: Mobiles Surfen, vor allem das immer beliebtere Streamen von Musik und Filmen über Fest- und Mobilfunknetze, lässt den Strom der zu transportierenden Daten stetig anschwellen. Höttges bleibt damit nur ein Ausweg: "Nur Einsparungen innerhalb des Konzerns und der Netze können den finanziellen Spielraum für die nötigen Investitionen schaffen", sagt Frank Rothauge, Telekomexperte bei der Vermögensverwaltung AHP Capital.
Der Masterplan des Effizienz- Hardliners Höttges: ein Radikalumbau des Telekomnetzes. Um Doppelstrukturen und hohe Betriebskosten zu beseitigen, plant Höttges eine einheitliche Plattform in ganz Europa. Ziel ist eine einzige integrierte Infrastruktur statt der bisher 14 unterschiedlichen Ländernetze, die auch noch in Mobilfunk- und Festnetze zerfasern. Seine paneuropäische Plattform will er auf Basis des Internetprotokolls IP aufbauen.
Eine Standardisierung brächte gewaltige Kosteneinsparungen, sowohl beim Einkauf als auch beim Betrieb. Thomas Dannenfeldt, Höttges’ wichtigster Treiber bei der Jagd nach Effizienzpotenzialen, hat ein klares Vorbild: "Die Telekommunikationsanbieter sind heute technisch unterwegs wie die Autoindustrie in den 80er- und 90er-Jahren: jedes Modell eine eigene Baureihe. Heute folgt alles der Plattformlogik. Diese Entwicklung steht der Telekomindustrie bevor. Wir zählen zu den Ersten, die das umsetzen", sagte der Finanzvorstand gegenüber der BÖRSE ONLINE-Schwesterzeitung Euro am Sonntag.
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Revolte in der Zentrale
Höttges hat seinen Masterplan in sein Sparprogramm "Best" eingebettet, die Initiative soll bis zum Jahr 2018 drei Milliarden Euro Einsparungen bringen. Die Planungen des Duos könnten weitreichende Konsequenzen auch in der Konzernstruktur nach sich ziehen. Im Auftrag des Managements prüft bereits die Unternehmensberatung McKinsey laut Telekom, "welche Auswirkungen die Schaffung eines paneuropäischen Netzes auf bestehende Steuerungsund Verwaltungsfunktionen haben könnte".
Auch Dannenfeldt gilt als ausgesprochener Zahlenversteher. Wie Höttges ist der Manager über 1,90 Meter groß - das Gespann wird auf den Bonner Bürofluren scherzhaft "Tim und Tom" genannt. Manchem Manager jagt das Doppel allerdings eher Schauer über den Rücken.
So glauben Konzerninsider, dass Höttges auch den Vorstand umbauen und etwa vom Regionalprinzip abrücken könnte. Die Frage ist berechtigt: Wozu Länder- oder Regionenchefs, wenn künftig ein Netz über ganz Europa gespannt ist? Bedrohlich könnte die Lage etwa für Technik- und Europa-Chefin Claudia Nemat werden - auch wenn solche Spekulationen vom Konzern strikt zurückgewiesen werden.
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Produktivität muss her
Keine Frage aber ist, dass Höttges ans Eingemachte muss. Das zeigt der Vergleich mit Wettbewerbern. Während US-Riese Verizon es etwa auf 525 000 Euro Umsatz pro Mitarbeiter bringt und ein Beschäftigter der spanischen Telefónica 439 000 Euro Geschäft erzeugt, sind es bei den Bonnern gerade mal 262 000 Euro pro Person.
Als ineffiziente Behörde wird der Konzern seit jeher verhöhnt. Dennoch stehen die Chancen gut, dass der magentafarbene Riese endlich schlagkräftiger wird. Immerhin hat die Telekom zuletzt geschafft, was vielen Wettbewerbern misslang: Der Umsatz stieg. Auch Größe ist vorhanden, nach Umsatz sind die Bonner die Nummer 1 in Europa.
Der große Sprung bei der Profitabilität aber dauert. Das paneuropäische Netz wird laut Plan erst 2018 fertig. Bis dahin werden Aktionäre wohl kürzertreten müssen. Um die Kasse zu schonen, dürfte die Telekom bei der Dividende weiter knausern - mehr als 50 Cent pro Aktie werden es wohl auch nach 2014 nicht. Es sei denn, es klappt mit einem US-Deal: Gelingt die Einigung mit Sprint, so könnte ein Teil des Erlöses durchaus als Sonderdividende ausgeschüttet werden.
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