Als der Zusammenschluss im April 2018 angekündigt wurde, rechneten alle Beteiligten mit einer zeitnahen Umsetzung. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen, aufgrund der Unsicherheit entwickelte sich die Telekom-Aktie zeitweise deutlich schlechter als der Gesamtmarkt. Vor allem im vergangenen Jahr belasteten die ständig neuen Wasserstandsmeldungen. Der Kurs pendelte seitwärts und rutschte zuletzt sogar unter die viel beachtete 200-Tage-Linie.
Nachdem ein US-Gericht vor wenigen Tagen die Klagen von verschiedenen Bundesstaaten gegen die Fusion abgewiesen hat, kam wieder Schwung in die Aktie. Aufgrund der kurzfristigen Überhitzung lautet das Index Radar-Rating "halten", der maßgebliche mittelfristige Trend zeigt aber aufwärts. Zwar ist eine Berufung gegen das Urteil theoretisch möglich, nüchtern betrachtet aber wenig aussichtsreich und damit auch unwahrscheinlich. Jetzt fehlt nur noch grünes Licht von der kalifornischen Versorgungsbehörde und dem Bundesrichter in Washington - hier sollten keine Stolperfallen mehr lauern. Der Abschluss der Fusion ist für den 1. April 2020 geplant.
Konkurrenzkampf nimmt zu
Etwas Risiko bergen die möglichen Nachverhandlungen der Telekom, um den Preis zu drücken. In den vergangenen zwei Jahren ist T-Mobile US kräftig gewachsen und erzielt inzwischen stattliche Gewinne. Sprint leidet hingegen unter hohen Schulden und verliert Marktanteile. Zugeständnisse der Sprint-Mutter Softbank sind zu erwarten, der Verhandlungsspielraum bleibt aber überschaubar. Denn nur wenn die Fusion vollzogen wird, bestehen gute Chancen, die beiden Branchenführer Verizon und AT&T erfolgreich anzugreifen. Den bisherigen Abmachungen zufolge läuft der Zusammenschluss über einen Aktientausch ab: Mit 42 Prozent entfällt auf die Telekom der größte Anteil, 27 Prozent gehen an Softbank.
Unter dem Strich kommt das fusionierte Unternehmen auf knapp 130 Millionen Kunden sowie einen Jahresumsatz von gut knapp 80 Mrd. Dollar. Mit dem breiten Kunden-Fundament im Rücken kann die Telekom ihre angekündigten Milliarden-Investitionen umsetzen. Besonders der zügige Ausbau des zukunftsweisenden 5G-Netzes rückt im Fokus. Punkten kann das neue Unternehmen vor allem mit dem breitesten Frequenzbereich unter den drei größten Anbietern in den USA.
US-Geschäft teilweise eingepreist
Mit den massiven Investitionen in Amerika wird das US-Geschäft für die Bonner weiter an Bedeutung gewinnen. Zweistellige Wachstumsraten auf der anderen Seite des Atlantiks rechtfertigen die Strategie, während die Telekom in Europa nur vier Prozent wächst. Dies könnte zwar unter dem Strich die 5G-Pläne auf dem Heimatmarkt in Deutschland etwas ausbremsen, die Telekom als Konzern dürfte aber verstärkt profitieren, eine höhere Bewertung scheint somit gerechtfertigt.
Derzeit liegt das Gewinnwachstum (CAGR) von 2010 bis 2019e bei acht Prozent. Auf Basis der Gewinnschätzungen von Börse Online dürfte 2020 ein Ergebnis je Aktie von 1,10 Euro hängen bleiben, dies führt zu einem KGV von 14. Die Papiere des französischen Konkurrenten Orange liegen bei zwölf, Telefónica bei neun. Im Branchenvergleich ist die Telekom somit eher teuer, die Aussicht auf noch bessere Geschäfte in den USA somit bereits teilweise eingepreist. Die anstehenden Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr am Mittwoch rücken daher eher in den Hintergrund. Entscheidend sind mögliche Aussagen zu den weiteren US-Plänen sowie dem Deal mit Softbank.
Dividende macht den Unterschied
Ein wichtiger Faktor bleibt für Anleger die Dividendenrendite, wie die Grafik zeigt. Im November kürzte der Konzern wegen hoher Kosten die Ausschüttung von 70 auf 60 Cent. Das neue Niveau wurde zugleich als "Mindestdividende" für die nächsten Jahre festgesetzt. Damit bietet die Aktie aber weiterhin eine überdurchschnittlich hohe Verzinsung von knapp vier Prozent. Langfristig ist der Effekt nicht zu unterschätzen. Aktuell steht der Kurs auf einem ähnlichen Niveau wie Anfang 2002 (rot markiert im Chart sind die Ausschüttungen). Unter Berücksichtigung reinvestierter Dividenden hat sich die Aktie hingegen ungefähr verdoppelt. Die Hauptversammlung findet am 26. März statt.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse.
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