Bei Deutschlands zweitgrößtem Wohnungskonzern Deutsche Wohnen geht mitten im Übernahmekampf mit dem Konkurrenten Vonovia der Finanzchef von Bord. Andreas Segal werde das Unternehmen nach kaum zwei Jahren im Amt bereits am Mittwoch verlassen, teilte Deutsche Wohnen mit. Das habe nichts damit zu tun, wie er zu Vonovias feindlicher Übernahmeofferte von 14 Milliarden Euro stehe, sagte Segal am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Gefragt wurde er auch zu seiner Meinung über die am Widerstand der Investoren gescheiterte Übernahme der kleineren Rivalin LEG. Die Antwort fiel ausweichend aus: "Man kann immer unterschiedlicher Meinung sein, aber wir haben die LEG-Entscheidung im Vorstand gemeinsam getroffen."
Segals Aufgaben sollen Vorstandschef Michael Zahn und der für Zukäufe zuständige Lars Wittan übernehmen. Sie wollen sich weiter gegen die Offerte von Marktführer Vonovia wehren und hoffen dabei auf die Unterstützung der Anteilseigner beider Unternehmen: "Wir sind relativ optimistisch, dass sich viele dagegen entscheiden werden", sagte Zahn. Nach seinen Worten blicken inzwischen viele Aktionäre eher skeptisch auf die Übernahmewelle in der Branche. Die Deutsche Wohnen habe das nach dem Scheitern der LEG-Pläne verstanden. Unter den börsennotierten Vermietern gebe es nun keine attraktiven Übernahmemöglichkeiten mehr, erläuterte Zahn. Deutsche Wohnen werde sich deshalb auf den Erwerb einzelner Portfolios konzentrieren. Derzeit lägen Angebote über insgesamt zwei Milliarden Euro auf dem Tisch.
Vonovia hatte die LEG-Übernahme torpediert: Vorstandschef Rolf Buch lotete im Gespräch mit mehreren Großinvestoren aus, ob es nicht mehr Unterstützung für die "große Lösung", einem Zusammenschluss von Vonovia und Deutsche Wohnen, gibt. Als die Stimmung kippte, zog Deutsche Wohnen die Übernahmepläne für LEG zurück. Ein Selbstläufer ist aber auch die "große Lösung" nicht: Vonovia braucht auf der Hauptversammlung am 30. November grünes Licht von 75 Prozent der eigenen Aktionäre, die eine Kapitalerhöhung auf den Weg bringen müssen. Außerdem wurde die Übernahme daran geknüpft, dass mindestens 50 Prozent der Anteilseigner von Deutsche Wohnen ihre Aktien verkaufen. Zahn appellierte nun eindringlich an sie: Für die Deutsche-Wohnen-Anleger sei jetzt erst die Zeit der Ernte gekommen. Es gebe keinen Grund, die Aktien zu verkaufen. Abermals warf Zahn Vonovia vor, ihre Übernahmepläne zerstörten Wert. Auf die Frage, ob der Deutsche-Wohnen-Vorstand bei einem höheren Übernahmeangebot einlenken würde, reagierte er ausweichend: Vonovia habe eine höhere Offerte abgelehnt.
In den ersten neun Monaten verdiente Deutsche Wohnen so viel wie noch nie: Das operative Ergebnis aus dem laufenden Geschäft (FFO) stieg um 38 Prozent auf 229 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr hat sich Zahn einen FFO von 285 bis 290 Millionen Euro vorgenommen. "Es ist immer unser Ziel, dass wir unser Ziel übertreffen."
Reuters