Nach der geplatzten Übernahme der österreichischen Conwert durch die Deutsche Wohnen werden die Karten auf dem deutschen Immobilienmarkt neu gemischt. Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Wohnungskonzern, seit Jahren auf Einkaufstour, muss sich nun ein neues Ziel suchen. Die Berliner sind bei den Conwert-Aktionären abgeblitzt, die Mehrheit von ihnen wollte nicht für einen vermeintlichen Schnäppchenpreis verkaufen. Die Konsolidierung der Branche dürfte trotzdem weitergehen, darin sind sich alle Beteiligten und viele Branchenexperten einig.
Deutsche Wohnen hatte die gut eine Milliarde Euro schweren Übernahmepläne, die mit dem Conwert-Management nicht abgestimmt waren, im Februar publik gemacht. Entstehen sollte ein Konzern mit rund 175.000 Wohnungen vor allem in Berlin, Potsdam, Dresden und Leipzig, dazu Wien als neuer Standort. Es wäre bereits die zweite Milliardenfusion auf dem Markt binnen weniger Monate gewesen, nachdem der Branchenprimus Deutsche Annington die kleinere Rivalin Gagfah geschluckt hat und inzwischen rund 350.000 Wohnungen verwaltet. Die Deutsche Wohnen wollte mit Conwert sicherstellen, nicht den Anschluss zu verlieren an die beinahe schon übermächtige Konkurrenz.
Doch die Pläne zerschlugen sich in der Nacht zum Donnerstag, als Vorstandschef Michael Zahn mit Ablauf der Angebotsfrist feststellen musste, dass die angepeilte Annahmequote von 50 Prozent plus eine Aktie verfehlt wurde. Die genaue Zahl steht zwar noch aus. Doch Insider sprechen von einem recht deutlichen Scheitern. Ein neuer Anlauf gilt als unwahrscheinlich - auch, weil das österreichische Übernahmerecht eine zwölfmonatige Sperre vorsieht, bevor eine neue Offerte vorgelegt werden darf.
"Muss man den Deal auf Biegen und Brechen wiederbeleben? Eher nicht", sagte eine Person, die mit dem Prozess vertraut ist. Zahn selbst, der eine lange Werbetour in Wien hinter sich hat, bemühte sich um Schadensbegrenzung: Conwert sei für sein Unternehmen eine Option gewesen, aber "kein strategisches Asset", betonte er. Immer wieder hatte er in den vergangenen Monaten erklärt, die Deutsche Wohnen schaue sich permanent auch andere Wohnungsbestände an, um zu wachsen.
Börsianer reagierten recht gelassen. Die im Nebenwerteindex MDax notierte Deutsche-Wohnen-Aktie hielt sich gegen den Markttrend knapp im Plus. Enttäuschung dagegen bei den Conwert-Anlegern: Das Papier sackte um fast zwei Prozent auf 11,35 Euro ab und notierte damit klar unter dem Angebotspreis von 11,50 Euro. Zahn hatte ihn nicht erhöhen wollen, weil er die verlustreiche Conwert als Restrukturierungsfall betrachtet.
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KEINE PERLE
Das Conwert-Management, das sich nie für die Deutsche-Wohnen-Offerte begeistern konnte, sieht in der Ablehnung nun einen klaren Auftrag der Aktionäre, die Hausaufgaben zu machen. Conwert wolle rentabler werden und die Finanzierungskosten senken, erklärte das Unternehmen. Der Druck dürfte hoch bleiben: Etliche Großaktionäre - die zusammen auf etwa 30 Prozent der Anteile kommen - hatten den Deal mit Deutsche Wohnen heimlich eingefädelt, weil sie unzufrieden mit der Geschäftsentwicklung waren. Ein Weiterso dürfte für sie kaum infrage kommen.
Die Deutsche Wohnen hatte sich 2013 bereits den Berliner Lokalrivalen GSW einverleibt. In der Wohnimmobilienbranche streben viele Unternehmen nach Größe, weil das die Mieteinnahmen treibt und Synergien über zentrale Verwaltungseinheiten gehoben werden können. Mittelgroße und regional beschränkte Unternehmen wie die LEG Immobilien in Nordrhein-Westfalen mit gut 100.000 Wohnungen gelten daher eher als Übernahmekandidaten, auch wenn sie das zurückweisen. Das Geschäft mit einzelnen großen Wohnungsportfolios boomt ebenfalls, im Niedrigzinsumfeld sind solche Deals gut finanzierbar. Einziges Problem: Das Angebot auf dem freien Markt schrumpft - es sei denn, die Kommunen springen irgendwann wieder auf diesen Zug auf und versilbern ihre Bestände.
Reuters