Er ist 45 Jahre alt, männlich, wohnt in Westdeutschland, hat fast 70000 Euro in seinem Depot liegen, mag Aktien und macht ungefähr 25 Trades pro Jahr: So sieht er aus, der deutsche Durchschnittsanleger - zumindest wenn er sein Kapital über eine Direktbank investiert hat.
Für eine exklusive Depotauswertung hat die Consorsbank dem €uro-Magazin Einblick in weit über eine Million Kundendepots gewährt. Dadurch erfährt man sehr viel über seine Mitmenschen - und zugleich darüber, wie man selbst in Sachen Geldanlage aufgestellt ist: Welche Aktien, Fonds und ETFs, die man selbst hat, sind auch bei anderen Anlegern und Anlegerinnen besonders beliebt? Wie schlagen sich diese Anlageprodukte im Check? Wie sieht das eigene Depot im Vergleich zu anderen Depots aus? Wie viel Risiko nehmen andere Anleger und Anlegerinnen in Kauf? Erzielen sie höhere Gewinne als man selbst? Oder macht man vielleicht sogar mehr Rendite als der Durchschnittsdeutsche?
Es lassen sich also viele Erkenntnisse gewinnen. Vorab jedoch eine kurze Klärung: Die Consorsbank ist mit gut 1,5 Millionen Kunden eine der größten Direktbanken Deutschlands, ihre Kunden sind aber speziell: Sie kennen sich mit Kapitalmärkten vergleichsweise gut aus, verdienen meist mehr als der Durchschnitt und nehmen ihre Finanzen weitgehend selbst in die Hand, im Fachjargon werden sie daher Selbstentscheider genannt. Man kann hier also eher erfahrenen Privatanlegern über die Schulter schauen. Bei ihren Depots legen sie auf geringe Gebühren und große Produktauswahl mehr wert als auf umfangreiche Beratung. "Komplett repräsentativ sind unsere Kunden also nicht", sagt Norbert Haydl, Head of Trading der Consorsbank.
Zudem sind Direktbankkunden viel börsenaffiner als die meisten Deutschen. Ohnehin sollte klar sein, dass die Depotdaten nur Einblicke in die Geldanlage mit Wertpapieren geben. Das in den Depots in Aktien, Fonds, ETFs, Anleihen oder Zertifikate liegende Kapital macht etwa ein Viertel des Geldvermögens privater Haushalte in Deutschland aus. Der Großteil dieses Geldvermögens steckt jedoch nach wie vor in Bargeld, Sparkonten und Versicherungen (siehe Grafik). Über diese Anlagen geben die Depots natürlich keine Auskunft.
Deutschland im Börsenfieber. Allerdings zieht es seit einiger Zeit wieder mehr Deutsche an die Aktienmärkte, die Zahl der Aktionäre stieg laut Deutschem Aktieninstitut in den vergangenen fünf Jahren von neun auf 12,4 Millionen. Ein Grund sind die anhaltend niedrigen Zinsen. Ihretwegen kürzen Lebensversicherer ihre Garantien, verlangen einige Banken Strafzinsen und sorgen solide Anleihen für sichere Verluste. Nun zieht auch noch die Inflation an und lässt die Kaufkraft von niedrig verzinsten Vermögen noch schneller dahinschmelzen. Auf der anderen Seite eilen die Aktienmärkte von Rekord zu Rekord. Schon deshalb berichten Banken und Broker über eine wahre Flut an Neukunden, die so schnell wohl auch nicht abebben wird.
Auch für diese Börsenneulinge ist es spannend, einen Blick in bereits bestehende Depots zu werfen - und womöglich aus den Fehlern, die dort gemacht werden, zu lernen. Und solche Fehler gibt es zuhauf: angefangen von riskanten Wetten auf einzelne Aktien oder Branchen über eine zu große Heimatliebe bei der Auswahl von Aktien und Fonds bis hin zur irrationalen Abneigung dagegen, schwache Aktien oder Fonds zu verkaufen und das Geld besser anzulegen.
Aber: Trotz dieser Fehler vermehrt sich das Kapital in den Depots im Schnitt immer noch sehr ordentlich. Das ist die erste von fünf Erkenntnissen, die wir durch die Auswertung gewonnen haben und die wir auf den kommenden Seiten vorstellen. Außerdem unterziehen wir die beliebtesten Aktien, ETFs und Fonds der Anlegerinnen und Anleger dort einem kurzen Check. Der Datenschutz wurde bei der Auswertung selbstverständlich gewahrt: Statt individueller Depots wurden lediglich aggregierte Gesamtwerte analysiert. Wie genau der Nachbar auf der anderen Seite des Zauns oder in der Wohnung gegenüber investiert, bleibt also doch weiter geheim.
DIE CONSORSBANK
Mit 1,53 Millionen Kunden und rund 71 Milliarden Euro an verwaltetem Kundenvermögen gehört die Consorsbank zu den größten Direktbanken Deutschlands. Ihr Fokus liegt mit 1,37 Millionen Wertpapierdepots, über einer Million aktiver Wertpapiersparpläne und rund 29 Millionen ausgeführter Trades pro Jahr (Stand: 2020) auf dem Wertpapierhandel. Bei der Consorsbank kann man über 30 nationale und internationale Börsenplätze Aktien handeln. Sie bietet zudem 6700 Fonds sowie rund 1900 sparplanfähige Fonds, ETFs, Aktien und Zertifikate an. Die Consorsbank gehört seit dem Jahr 2002 zur französischen Großbank BNP Paribas.
Erkenntnis 1: Anlegen lohnt sich - 100.000 € bis zur Rente sind realistisch
Diese Zahl macht Mut: Ganze 66933 Euro haben die Kunden der Consorsbank im Schnitt in ihren Wertpapierdepots. Fast 67000 Euro! Das reicht für eine einjährige Luxus-Weltreise ohne Finanzsorgen oder einen sehr gut ausgestatteten Mittelklassewagen. Und das ist noch nicht alles. Schaut man sich die nach Alter aufgeschlüsselten Depotwerte an, fällt eines auf: Sie steigen kontinuierlich.
Bereits die unter 25-Jährigen können auf einen Depotwert von im Schnitt 18551 Euro aufbauen. "Das liegt daran, dass sie häufig nicht bei null starten, sondern Junior-Depots übernehmen, die ihre Eltern über viele Jahre für sie bespart haben", erklärt Norbert Haydl von der Consorsbank. Angesichts der seit Jahren hohen Wertsteigerung an den Aktienmärkten sind dort stolze Summen zusammengekommen. Beste Startbedingungen also. Bis Mitte 30 stagniert der Depotwert in der Regel jedoch mehr oder weniger. Vermutlich, weil im Studium und in den ersten Jahren im Job nicht wirklich viel Geld zum Investieren übrig bleibt. Hier sind die Gehälter noch etwas kleiner, außerdem stecken viele in diesem Alter mitten in der Familiengründung - eine ziemlich kostspielige Angelegenheit. Doch dann geht es rasant: Mittfünfziger haben im Schnitt schon 67069 Euro im Depot, und bei den über 66-Jährigen stehen 115970 Euro auf der Uhr. Sofern man vorsorgt, ist der Reichtum also im Alter am größten. Eine Rolle spielt dabei langfristig auch der Zinseszinseffekt.
Doch sind solche Depotwerte für Otto Normalanleger überhaupt erreichbar? "Das ist realistisch", glaubt Norbert Haydl. Das zeigen auch Modellrechnungen: Wer einen globalen Aktienfonds oder -ETF mit nur 200 Euro im Monat bespart und damit niedrig angesetzte vier Prozent Rendite pro Jahr erzielt, knackt nach etwa 25 Jahren die Marke von 100000 Euro. Und wer schon mit 18551 startet und ebenfalls pro Monat 200 Euro bei vier Prozent Rendite investiert, ist bereits nach 18 Jahren bei 100000 Euro - und nach 40 Jahren rechnerisch weit über 300000 Euro.
Erkenntnis 2: In vielen Depots herrscht Wildwuchs
Mindestens ein weltweit anlegender Fonds oder ETF als Basisinvestment, in dem ein Großteil des Kapitals steckt, ein kleiner Zockerbereich mit Einzelaktien oder Branchenfonds, mit dem man seinem Portfolio eine eigene Note gibt, und vielleicht ein kleiner Teil mit sicheren Anleihen für die Stabilität: So sehen sinnvoll konstruierte Portfolios in etwa aus. Doch die Realität zeigt: Das alles ist nur graue Theorie. Die Kunden der Consorsbank haben fast zwei Drittel ihres Anlagekapitals in Einzelaktien investiert, in Fonds und ETFs steckt hingegen nur etwa ein Drittel (siehe Grafik), Anleihen haben sie so gut wie gar nicht. Umgerechnet auf das Durchschnittsdepot mit fast 67000 Euro bedeutet das: 42210 Euro in Aktien stehen nur 21440 Euro in breit anlegenden ETFs und Fonds gegenüber.
Soll so ein auf Einzelaktien basierender Vermögensaufbau gut gehen, muss man genug Titel aus verschiedenen Kontinenten, Ländern und Branchen kombinieren. Schließlich kann man kaum vorhersagen, welche Firmen in 20 oder 30 Jahren noch zu den Gewinnern gehören und wer in der Versenkung verschwindet. Doch auch das ist nicht der Fall. Im Schnitt sind nur je fünf Aktien in jedem Depot - ein erschreckend niedriger Wert. In denen stecken aber jeweils fast 8500 Euro. "Die Consorsbank ist als Onlinebroker gestartet. Wir haben überwiegend Selbstentscheider als Kunden, die gut informiert und bei der Geldanlage selbstbewusst sind", erklärt Norbert Haydl von der Consorsbank. "Jeder Kunde sollte seine Diversifizierung im Depot überprüfen. Für viele wäre es besser, das Kapital breiter zu streuen."
Hohe Risiken. "Solche Risiken einzugehen, ist schon sportlich", warnt auch Portfolioexperte Andreas Beck von Index Capital, der gemeinsam mit €uro einen Blick in die Depots geworfen und dabei "viel Wildwuchs" entdeckt hat. "Es sieht so aus, als wären viele Depots einfach wahllos zusammengekauft worden, ohne auf Risikostreuung zu achten." Seine Meinung: Aktien ja, gern auch kleine Wetten mit Einzeltiteln. Wie alle Experten rät er jedoch dazu, den Löwenanteil des Geldes über global anlegende Fonds oder ETFs breit in den Aktienmarkt zu investieren, um mit kalkulierbarem Risiko hohe Renditen zu erzielen. "Fünf Aktien bilden die Weltwirtschaft aber nicht einmal im Ansatz ab", so Beck. "Als Altersvorsorge ist das sehr problematisch." Insgeheim dürfte das so mancher Depotbesitzer wissen. Denn unter den beliebtesten und hoch gewichteten Aktien finden sich Titel wie die Deutsche Bank, die Commerzbank, RWE oder Nokia, die langfristig massiv an Wert verloren und den Besitzern schmerzhafte Verluste beschert haben.
Läuft also alles falsch? Nicht wirklich. Erstens ändert sich das Anlageverhalten gerade. Die Jüngeren nutzen zunehmend global anlegende Produkte zum Vermögensaufbau. Bei den unter 25-Jährigen stecken immerhin 35 Prozent in ETFs und weitere 16 Prozent in Fonds, bei Frauen unter 25 sind es sogar 41 Prozent in ETFs und 17 Prozent in Fonds. Zum Vergleich: Über 66-jährige Männer haben mit 27 Prozent die geringste Quote an Fonds- und ETFs und zugleich mit 67 Prozent die meisten Einzelaktien.
Zweitens haben die Anleger und Anlegerinnen seit 2017 im Schnitt 49,6 Prozent Gewinn eingefahren. Der globale Aktienmarkt hat in der gleichen Zeit zwar etwa das Doppelte erzielt, "doch auch viele professionelle Vermögensverwalter waren nicht besser als die Privatanleger", sagt Anlageexperte Andreas Beck. Unterm Strich stimmt der Ertrag also und das investierte Kapital vermehrt sich - trotz einer eher riskanten Strategie, die man verbessern könnte.
Erkenntnis 3: Nachhaltigkeit ist allen (einigermaßen) wichtig
Nachhaltige Geldanlage ist im Moment das große Trendthema schlechthin. Nichts ist Anlegern so wichtig wie ökologisch und sozial verträgliches Investieren - behaupten zumindest zahllose Umfragen. Und Experten meinen, dass besonders junge Menschen mit ihrem Geld Gutes bewirken möchten. Doch ist das wirklich so?
Ein Blick in die Daten rät zur Sachlichkeit. Und das in mehrfacher Hinsicht. So haben es unter die 25 beliebtesten Fonds der Direktbank-Anleger nur fünf nachhaltige Produkte geschafft. Das ist einerseits nicht so viel, wie der Öko-Hype vermuten lässt, aber andererseits auch nicht wenig. Nur zwei dieser fünf Produkte sind global anlegende ETFs mit Nachhaltigkeitsfilter, die sich als Basisinvestment eignen. Die drei restlichen sind Branchenwetten auf die Bereiche erneuerbare Energien und sauberes Wasser. Spannend: Einer dieser Branchen-ETFs, der iShares Global Clean Energy, rangiert sogar auf Platz 6 im Beliebtheitsranking, die anderen finden sich eher im Mittelfeld. Grüne Geldanlage ist also durchaus ein Thema für die meisten Anleger, aber bisher nicht so dominant, wie es manchmal scheint.
Etwas mehr heiße Luft entweicht bei der zweiten These, nämlich dem kolportierten Generationenkonflikt bei der Nachhaltigkeit. Blättert man durch die nach Alter aufgeschlüsselten Daten, zeigt sich anders als erwartet ein erstaunlicher Konsens: In allen Altersklassen finden sich die fünf genannten nachhaltigen Produkte und das sogar auf ganz ähnlichen Plätzen. Erst in der Altersgruppe der über 66-Jährigen taucht ein ESG-ETF weniger auf. Das bedeutet aber auch: Selbst die Senioren haben vier grüne Produkte in ihren Top 25. Auch sie hören bei der Geldanlage offenbar auf ihr Gewissen - oder haben zumindest erkannt, dass man mit nachhaltigen Ansätzen gutes Geld verdienen kann. Dass sie weniger Umweltbewusstsein hätten als die Jugend, lässt sich aus den Bestandsdaten jedenfalls nicht herauslesen. Das Klischee vom rücksichtslosen Rentner ist also falsch.
Die Zukunft wird grüner. Bei neu angelegtem Geld spielt Nachhaltigkeit eine immer stärkere Rolle. Das zeigen auch die auf der Website der Consorsbank veröffentlichten Ranglisten der neu verkauften Produkte, bei denen nachhaltige Fonds und ETFs seit vielen Monaten konstant zu den Spitzenreitern zählen. Und das sowohl bei Einmalanlagen als auch bei neuen Sparplänen, die vor allem von eher jungen Leuten eingerichtet werden. "Der Umbruch findet gerade jetzt so richtig statt", erklärt Norbert Haydl von der Consorsbank. "In einigen Jahren wird das Thema Nachhaltigkeit in den Depots unserer Kunden noch viel stärker sichtbar sein."
Erkenntnis 4: Die Jüngeren lassen die Alten alt aussehen
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold - so halten es die meisten Anleger und Anlegerinnen, wenn es um die Renditen ihrer Depots geht. Doch nicht in diesem Fall: €uro durfte auch die langfristigen Erträge von etwa 1,4 Millionen Kundendepots auswerten und hat dabei Erstaunliches herausgefunden.
Insgesamt 49,6 Prozent Rendite fuhren die Kunden der Consorsbank zwischen Anfang 2017 und Ende September 2021 ein. Allerdings sind das nur die Durchschnittszahlen. Taucht man etwas tiefer in die Daten ein, gibt es große Unterschiede. Die zeigen sich vor allem zwischen älteren und jüngeren Anlegern und Anlegerinnen. Besonders drastisch ist der Unterschied zwischen zwei Lagern: Den 26- bis 35- sowie den 36- bis 45-Jährigen auf der einen Seite, die mit rund 69 beziehungsweise 75 Prozent in den vergangenen fünf Jahren jeweils die höchsten Renditen erzielten, und der Altersgruppe derer über 66 auf der anderen Seite, die mit 36 Prozent Gewinn am schlechtesten abschnitten.
Global gewinnt. Doch woher kommen die Unterschiede? Exakt lassen sich die Gründe dafür nicht aufschlüsseln. "Einige Faktoren kann man aber dennoch benennen", sagt Portfolioexperte Andreas Beck, der zusammen mit €uro die Daten ausgewertet hat. Da wäre zum Beispiel eine zu starke Heimatliebe. Die über 66-Jährigen haben etwa zwei Drittel ihres Kapitals in Einzelaktien investiert, so viel wie keine andere Alterskohorte. Ihre zehn beliebtesten Aktien sind aber ausschließlich deutsche Titel wie Telekom, Daimler, BASF, Allianz, Siemens oder Deutsche Bank. "Das ist nicht nur ein Klumpenrisiko, sondern auch eine Gewinnbremse", so Beck. Schließlich entwickeln sich deutsche Aktien seit vielen Jahren klar schlechter als der breite Markt. Die internationalen Aktienportfolios der Jüngeren, in denen viele gefragte Technologiewerte wie Amazon oder Apple stecken, sind besser gelaufen. Die Aktien der Branche brachten in den vergangenen Jahren sehr hohe Gewinne.
Außerdem dürften auch die ETF- und Fondsinvestments unterschiedliche Erträge abgeworfen haben. Zehn der 25 beliebtesten Fonds der Älteren waren aktiv gemanagt, darunter der in den vergangenen Jahren eher schwache DWS Top Dividende sowie Mischfonds und Offene Immobilienfonds. Vor allem die Misch- und Immofonds erzielen generell geringere Renditen, bringen dafür aber andere Anlageklassen und somit mehr Risikostreuung ins Depot. Die Jüngeren setzen hingegen fast ausschließlich auf Aktien-ETFs. Neben Produkten auf den globalen Aktienindex MSCI World finden sich darunter auch einige Indexfonds, die ebenfalls in die stark gelaufenen Technologiekonzerne investieren und viel Gewinn machten.
Wie es noch besser geht. Auch wenn sich die Jüngeren erst einmal über ihre höhere Rendite freuen können: Ganz ohne Gefahr ist ihre Anlagestrategie nicht. Die hohe Konzentration an Technologieaktien, die übrigens auch im MSCI World sehr hoch gewichtet sind, ist ebenfalls ein Klumpenrisiko, das sich irgendwann rächen dürfte. So können die Altersgruppen also durchaus voneinander lernen: "Die Älteren sollten ihre Portfolios globaler aufbauen", rät Beck. "Und die Jüngeren sollten sich etwas weniger auf den Technologiebereich fokussieren." Ansonsten könne es teuer werden, wenn es bei Werten wie Apple nach vielen Jahren mit steigenden Kursen einmal zu einer nachhaltigen Korrektur kommt.
Etwas ratlos hinterlässt einen dagegen eine andere Sache: Auch die unter 25-Jährigen erzielten eher schwache Renditen, obwohl sie stark auf Fonds und ETFs setzen, international anlegen und viele Technologieaktien im Depot haben. Warum das so ist, konnten die an der Auswertung beteiligten Experten nicht wirklich erklären. Möglicherweise haben sie zu viel ge- und verkauft und dabei Lehrgeld gezahlt. Aber das ist nur eine Vermutung.
Erkenntnis 5: Frauen haben am Ende weniger im Depot - zumindest bisher
Als Gendergap bezeichnet man die Kluft, die trotz aller Gleichstellungsversuche zwischen Männern und Frauen besteht. So eine Kluft gibt es etwa bei Gehältern - Frauen verdienen oft weniger -, aber auch beim Geldanlegen: Durchschnittlich haben Kundinnen der Consorsbank 43817 Euro in ihren Depots liegen, rund 24000 Euro weniger als Männer.
Mit 44,4 Prozent erzielen Frauen im Schnitt fünf Prozentpunkte weniger Ertrag, was an ihrer vorsichtigeren Anlagestrategie liegt. Sie investieren mehr in defensivere Fonds, setzen weniger auf Einzelaktien und haben zum Beispiel weniger Technologietitel in ihren Depots. Wäre die geringere Rendite an den kleineren Depotgrößen Schuld, müsste die Differenz mit zunehmendem Alter steigen. Doch das ist nicht so: Der prozentuale Unterschied beim Depotvolumen ist nämlich bei den 36- bis 45-Jährigen am größten, also in der Lebensmitte. "In diesem Alter starten Männer im Job voll durch", erklärt Norbert Haydl von der Consorsbank. "Frauen betreuen dagegen oft Kinder, arbeiten Teilzeit und haben geringere Gehälter." Aus der Gehaltsschere wird dann ein Geldanlage- Gap. So weit, so erwartbar.
Zwei Dinge überraschen aber. Erstens: Die Differenz bei den Depotgrößen ist ab der Rente besonders klein. Das dürfte auch an der höheren Lebenserwartung von Frauen liegen. Scheinbar werden Männerdepots im Alter häufiger an Frauen vererbt als andersherum. Zweitens haben Frauen unter 25 viel größere Depots als gleichaltrige Männer. "Das ist neu", so Tradingexperte Norbert Haydl. Die klassischen Rollenbilder weichen offenbar auf, Frauen arbeiten mehr, haben bessere Jobs, und der Gender-Pay-Gap schließt sich. "Zum anderen könnte es sein, dass sich Frauen früher um wichtige Dinge wie die Altersvorsorge kümmern, weil sie schon im jungen Alter vorausschauender sind", vermutet Haydl. Spannend wird, ob der Trend anhält. Ist das so, könnte sich der Gendergap drehen, zumal junge Frauen auch die gleiche Rendite erzielen wie junge Männer. Gut möglich also, dass sie im Alter dann sogar mehr auf der hohen Kante haben.