Die rechtspopulistische AfD wurde mit über zwölf Prozent drittstärkste Kraft, mit ihr sitzt erstmals eine Partei rechts von der Union im Parlament. Die FDP zog nach vier Jahren Abwesenheit mit über zehn Prozent wieder in den Bundestag ein. Die Linkspartei und die Grünen kamen jeweils auf rund neun Prozent, für die Grünen ihr bislang zweitbestes Ergebnis.



Nach Ansicht von Kanzlerin Merkel hat die Union ihre strategischen Ziele erreicht. "Wir sind stärkste Kraft, haben den Auftrag, eine Regierung zu bilden, und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden", sagte Merkel vor Anhängern. In der "Berliner Runde" bei ARD und ZDF kündigte die CDU-Vorsitzende an, auf die Parteien zuzugehen. "Wir leben in stürmischen Zeiten", sagte die Kanzlerin. Deshalb appelliere sie an alle Beteiligten, ihre Verantwortung auch wahrzunehmen. CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich dagegen enttäuscht. Auch in Bayern kam die AfD auf mehr als zwölf Prozent, die CSU rutschte unter die 40-Prozent-Marke. Der Ministerpräsident sagte, er werde als Konsequenz die "offene rechte Flanke" schließen, und zwar "mit klarer Kante und klaren politischen Positionen". Bayern wählt im nächsten Jahr einen neuen Landtag. Bei der Bundestagswahl 2013 war die Union noch bundesweit auf 41,5 Prozent gekommen.

Schulz kündigte an, die SPD werde eine starke Opposition sein. Dies könne man nicht der AfD alleine überlassen, deren Ergebnis für Deutschland eine Zäsur sei: "Damit ist die Rolle für uns ganz klar, wir sind die Partei der Opposition." Er sei sich im übrigen sicher, dass ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen zustande kommen werde, sagte er in der "Berliner Runde". Ihr bislang schlechtestes Ergebnis hatte die SPD 2009 mit dem Kandidaten Frank-Walter Steinmeier eingefahren, damals kamen die Sozialdemokraten auf 23,0 Prozent.

Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt die Union 33,0 Prozent der Stimmen nach 41,5 Prozent 2013. Die SPD sackte auf 20,5 (2013: 25,7) Prozent. Mit 12,6 Prozent wird die AfD, die 2013 mit 4,7 Prozent knapp den Einzug ins Parlament verpasst hatte, drittstärkste Kraft. Die 2013 mit 4,8 Prozent ebenfalls knapp gescheiterte FDP zieht mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag ein. Die Linkspartei erhält 9,2 (8,6) Prozent, die Grünen verbessern sich auf 8,9 (8,4) Prozent. Damit ziehen sieben Parteien in den Deutschen Bundestag ein, so viele wie seit 1949 nicht mehr. Demnach stellen CDU und CSU 246 Abgeordnete im neuen Bundestag, die SPD erhält nur noch 153 Sitze. Die AfD bekommt 94 Mandate, die FDP 80. Die Linkspartei entsendet 69 Politiker in den Bundestag, die Grünen 67. Die Wahlbeteiligung lag bei 76,2 (71,5) Prozent. Der neu gewählte Bundestag wird aus 709 Abgeordneten bestehen (2013: 631 Abgeordnete)

Die FDP ist nach Angaben ihres Spitzenkandidaten Christian Lindner bereit für Gespräche über eine Regierungskoalition. "Wir sind nicht zum Regieren verdammt, aber wir sind natürlich bereit, Verantwortung zu übernehmen", sagte Lindner in der "Berliner Runde". "Es geht darum, die Stabilität der Bundesrepublik Deutschland in aufgeregten Zeiten zu sichern." Die Grünen werden nach Aussage ihres Spitzenkandidaten Cem Özdemir in einer möglichen Koalition mit Union und FDP keinen "anti-europäischen Populismus" mitmachen. Er nannte im ZDF zudem den Klimaschutz und eine Politik für eine gerechte Gesellschaft als Voraussetzungen für eine Regierungsbeteiligung der Grünen.

BUNDESREGIERUNG "KANN SICH WARM ANZIEHEN"

AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland kündigte einen harten Konfrontationskurs gegen die neue Bundesregierung an. "Die Bundesregierung, wie immer sie aussieht, kann sich warm anziehen, wir werden sie jagen", sagte Gauland vor Anhängern. "Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen." Parteichef Jörg Meuthen wies in der "Berliner Runde" den Eindruck zurück, es gebe in seiner Partei rechtsradikale Tendenzen. Der Zentralrat der Juden sieht den Wahlerfolg der AfD mit Sorge. "Eine Partei, die rechtsextremes Gedankengut in ihren Reihen duldet und gegen Minderheiten in unserem Land hetzt, ist jetzt nicht nur in fast allen Länderparlamenten, sondern auch im Bundestag vertreten", sagte Präsident Josef Schuster.

Die Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht gab der großen Koalition die Hauptschuld für den Wahlerfolg der rechtspopulistischen AfD. Mit dem Ergebnis für die Linken sei sie zufrieden, sagt sie dem ZDF. "Wir haben das zweitbeste Ergebnis unserer Parteigeschichte."

In einer ARD-Analyse gaben 66 Prozent der Befragten an, die SPD habe sich nicht klar gegen Merkel positioniert, 59 Prozent finden Schulz nicht überzeugend. Merkel allerdings spaltet die Wähler weit mehr als noch vor vier Jahren: 55 Prozent gaben an, unter ihrer Kanzlerschaft seien die Sorgen der Menschen nicht ernst genug genommen worden. 51 Prozent stimmten der Aussage zu, dass zwölf Jahre Merkel ausreichend seien.