Deutsche Unternehmen werden immer öfter zum Übernahmeziel internationaler Konzerne. Nach dem Münchner Chipspezialisten Siltronic steht nun auch der schwäbisch-britische Apple- Zulieferer Dialog Semiconductor vor dem Verkauf. Dialog hat ein fast 4,9 Milliarden Euro schweres Übernahmeangebot des japanischen Halbleiterkonzerns Renesas angenommen. Der Infineon-Konkurrent verspricht sich von der Dialog-Übernahme nicht nur Einsparungen, sondern will sein auf Autos fokussiertes Geschäft auch auf andere Industriebereiche ausweiten. Für Dialog wiederum bietet sich die Chance, die Abhängigkeit vom Hauptkunden Apple zu reduzieren.
Analysten begrüßten den Deal. An der Börse legte die Dialog-Aktie am Tag der Bekanntgabe 20 Prozent zu, blieb aber etwas unter dem Angebotspreis 67,50 Euro je Aktie. Dialog-Chef Jalal Bagherli hofft vor allem auf die Marktmacht, den Vertrieb und die Kundenbetreuung der Japaner. Erst im August hatten die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit weiter ausgebaut. Dialog Semiconductor war in BÖRSE ONLINE Ausgabe 4 vom 28. Januar bereits als möglicher Übernahmekandidat vorgestellt worden. Weitere Ziele könnten demnach die Halbleiterzulieferer Aixtron und Süss Microtec sein, die Netzwerkfirma Adva Optical, der IT-Spezialist Cancom, die Softwarefirma Teamviewer sowie die Kalifirma K+S.
Verborgene Reserven
Allen Kandidaten gemeinsam ist, dass sie im Ruf stehen, über verborgene Substanzreserven zu verfügen, deren Wert durch eine Übernahme gehoben werden könnte. Als Käufer kommen strategische Investoren in Frage wie Renesas bei Dialog, aber auch Finanzinvestoren. Nicht zuletzt durch die expansive Geldpolitik der Notenbanken haben Investoren Zugriff auf billiges Geld, so dass sich heute Deals rechnen, an die sich früher kaum einer herangewagt hätte.
Finanzkreisen zufolge könnte es in Deutschland im laufenden Jahr auch zu Megadeals im zweistelligen Milliardenbereich kommen. Als mögliche Ziele gelten der Baukonzern Bilfinger, der Stahlhändler Klöckner und die Adidas-Tochter Reebok. Und nicht immer muss es dabei friedlich zugehen wie bei Dialog oder Siltronic. Auch aggressive aktivistische Investoren stehen bereit. Als geeignetes Ziel unter den DAX-Konzernen erscheint insbesondere der Pharma- und Agrarkonzern Bayer, der noch unter den Folgen der Monsanto-Übernahme leidet und nach Einschätzung der Firmenjäger gemessen an der sogenannten Peer Group, also vergleichbaren Branchenunternehmen, viel zu breit aufgestellt ist.
Aktivisten wie Elliott oder Cevian reicht es dabei schon, mit Minderheitsbeteiligungen einzusteigen und dann Druck aufzubauen. Exemplarisch führt das der Londoner Hedgefonds Petrus Advisers vor, der den Immobilienfinanzierer und MDAX-Konzern Aareal Bank immer unerbittlicher vor sich hertreibt.