Das Timing könnte nicht besser sein. Zwei Wochen vor den Parlamentswahlen hat die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonität Portugals auf den Status "BB+" hochgestuft und die Kreditwürdigkeit als stabil eingeschätzt. Damit ist Portugal nur noch eine Stufe vom Investment Grade entfernt. Dieser Status ist für die meisten Investoren die rote Linie, wenn es um risikobehaftete Investments in Staatsanleihen geht. Für Portugal eine weitere Etappe auf dem Weg aus der Krise.
Der Urnengang am 4. Oktober ist daher ein Referendum über den Reformkurs der liberalkonservativen Regierung von Pedro Passos Coelho. Ein Rettungspaket in Höhe von 78 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsschirm hat das ärmste Land Westeuropas vor der Pleite bewahrt. Anders als Griechenland setzte Portugal im Gegenzug eine Reihe von sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen um, etwa die Lockerung des Kündigungsschutzes. Dazu wurden staatliche Unternehmen privatisiert, Sonderleistungen im öffentlichen Dienst abgebaut und Schulden dank der günstigeren Refinanzierungsbedingungen umstrukturiert.
Mit Erfolg: Portugal verließ im Mai 2014 den Euro-Rettungsschirm. Damit ist das Land zwar weniger krisenanfällig als 2009, doch hohe Arbeitslosigkeit und die schwere Schuldenlast (siehe Grafik rechts oben) hängen weiter wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft.
Was noch fehlt, ist eine nachhaltige Wachstumsdynamik. "Der Industriestandort Portugal hat sich verbessert, was sich in den wieder anziehenden Exporten zeigt. Allerdings nimmt es mehr Zeit als erwartet in Anspruch", erklärt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Als wesentlichen Grund dafür macht er aus, dass die Investitionen bislang später abgelaufen sind als in früheren konjunkturellen Erholungsphasen in Europa: "Genau dieser Faktor bremst das Wachstum noch in Ländern wie Portugal ab, die vor allem als Zulieferer für europäische Industrien agieren."
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Wo sich der Einstieg lohnt
Schwieriger als etwa in Italien oder Spanien gestaltet sich für Anleger die Suche nach günstig bewerteten Unternehmen. Die fehlende kritische Masse ist ein Problem: In der Summe kommen die fünf Schwergewichte im Leitindex PSI 20 vom Börsenwert auf knapp über 30 Milliarden Euro. Dazu kommt die geringe Liquidität. Dementsprechend limitiert sind auch die Investmentmöglichkeiten für Fondsmanager. So setzt sich das Portfolio des renommierten Fidelity Iberia Fund A (WKN: 973264) gerade einmal zu fünf Prozent aus portugiesischen Firmen zusammen. Der Nachbar Spanien weist hier eine weitaus größere Auswahl an Unternehmen auf.
Portugiesische Bonds bieten mittlerweile ein ausbalanciertes Chance-Risiko-Verhältnis. Zehnjährige Staatsanleihen notieren derzeit bei 2,58 Prozent und haben sich auch in den Börsenturbulenzen der vergangenen Wochen nur moderat verteuert. Aus Anlegersicht besonders aussichtsreich sind derzeit Langläufer. So bietet die im Januar 2015 aufgelegte Portugal-Anleihe mit Laufzeit bis 15. Februar 2045 einen Coupon von 4,1 Prozent und wirft beim aktuellen Kurs eine jährliche Rendite von 3,56 Prozent ab.
Unter den Aktien ist Energias de Portugal (EDP) erste Wahl. Dem Stromkonzern ist es gelungen, die Verschuldung deutlich zurückzufahren. Für die kommenden Jahre rechnen Analysten wieder mit steigenden Gewinnen und deutlichen Liquiditätszuflüssen. Die will EDP auch für neue Investitionen verwenden. Und Aktionäre kommen wohl in den Genuss einer höheren Dividendenausschüttung. Dabei liegt die Dividendenrendite bereits bei knackigen sechs Prozent.
Ein Kandidat für die Watchlist ist der Öl- und Gaskonzern Galp Energia. Die in Portugal, Spanien und einigen afrikanischen Staaten aktive Firma schaffte es dank deutlich gestiegener Fördermengen, im ersten Halbjahr 2015 den Gewinn gegenüber dem Vorjahr auf 189 Millionen Euro fast zu verdreifachen. Amorim Corticeira glänzt mit niedriger Bewertung und hoher Dividende. Größtes Problem beim weltweit größten Korkhersteller ist die Liquidität. Anleger können die Aktie nur direkt an der Euronext Lissabon ordern.
Zu den portugiesischen Bluechips mit der größten Gewinndynamik zählt das Medienunternehmen NOS/ZON Optimus. Portugals zweitgrößter Internetanbieter hat auch Pay-TV, Mobilfunk und Kino im Angebot und spielt seine dominierende Stellung auf dem Heimatmarkt aus.
Der als Holding aufgestellte Mischkonzern Sonae erzielt 68 Prozent seiner Erlöse und 63 Prozent seines operativen Gewinns im Einzelhandel mit Lebensmitteln, verdient aber auch mit Sportartikeln, Unterhaltungselektronik, Immobilien und Einkaufszentren. Das Unternehmen hat seine Absatzmärkte international gestreut. Branchenkenner gehen davon aus, dass sich die jüngsten Investitionen in Zukäufe und Konzernstruktur jetzt in höheren Erträgen auszahlen werden.