Citigroup-Studie warnt vor weiteren Kursverlusten von 50 Prozent bei Immo-Aktien. Branche leidet unter gestiegenen Zinsen, Sorge vor Kapitalerhöhungen, Missmanagement.
Der Absturz der Immobilienaktien nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Am Dienstag büßte Marktführer Vonovia sechs Prozent ein auf 15,60 Euro ein und lag damit am DAX-Ende. Am Mittwoch gab es zwar eine Gegenbewegung, doch der Wertverlust der vergangenen Tage und Wochen ist drastisch.
Noch schlimmer erwischte es Aroundtown. Nach Streichung der Dividende verlor der MDAX-Wert am Mittwoch Vormittag zum Auftakt elf Prozent, nachdem er schon am Vortag zehn Prozent verloren hatte. Im Tagesverlauf am Mittwoch konnte die Aktie dann einige Verluste wieder aufholen. „Die beerdigen sich gerade selbst“, brachte es ein Branchenexperte dennoch auf den Punkt. Aroundtown sprach von unabsehbaren Folgen des Marktumfelds auf die Bewertungen, höheren Finanzierungskosten und beschränktem Zugang zu den Kapitalmärkten, weshalb es angebracht sei, das Geld zusammenzuhalten.
Abwertungen auf den Immobilienbestand und Abschreibungen auf den Firmenwert (Goodwill) übernommener Unternehmen haben im vergangenen Jahr bei Aroundtown zu einem Verlust von 457 Millionen Euro geführt. Mit Immobilienverkäufen in Milliardenhöhe versucht das Unternehmen, seine Liquidität zu verbessern. Laut Goldman Sachs liegt der Ausblick des Unternehmens unter den Erwartungen.
Mögliche Kapitalerhöhung bei Vonovia schreckt Anleger
Für zusätzliche Verunsicherung in der Branche hat eine Citigroup-Studie gesorgt, die den europäischen Gewerbeimmobilienaktien weitere Kursverluste von 50 Prozent prophezeit. Für Vonovia gab es eine Verkaufsempfehlung. Barclays zufolge müssten die deutschen Wohnkonzerne ihre Bilanzen und Geschäftsmodelle erst noch auf das veränderte Zinsumfeld einstellen. Durch Dividendensenkungen versuchten die Unternehmen, ihre Mittel zusammenzuhalten. Die teilweise hochverschuldeten Unternehmen versuchten, mit Immobilienverkäufen ihre Schuldenlast zu senken, doch das sei wegen des angespannten Immobilienmarktes schwer.
Immobilienaktien, die in Zeiten billigen Geldes kräftig zulegen konnten, zählen zu den großen Verlierern der Zinswende. Doch sie kämpfen auch mit hausgemachten Problemen wie überteuerten Zukäufen als Folge eine aggressiven Wachstumsstrategie. So hat der Wohnkonzern Vonovia vor zwei Jahren den Konkurrenten Deutsche Wohnen für 17 Milliarden Euro übernommen. Derzeit weist Deutsche Wohnen noch einen Marktwert von sieben Milliarden Euro auf. Vonovia wird derzeit außerdem von einem Korruptionsskandal erschüttert. Als Grund für den jüngsten Kursverfall wird von Experten auch die Sorge vor einer dringend nötigen Kapitalerhöhung genannt, ein im aktuellen Umfeld besonders schwieriges Unterfangen.
Fondsgesellschaft Union Investment erhöht Druck auf Vonovia-Chef Rolf Buch
Unterdessen hat die Fondsgesellschaft Union Investment, die 0,9 Prozent an Vonovia hält, die Strategie von Vorstandschef Rolf Buch kritisiert. "Die Strategie von Rolf Buch, also aggressives und gleichzeitig profitables Wachstum durch Akquisitionen, hat im Null- und Niedrigzinsumfeld funktioniert, aber nicht in Zeiten der Zinswende, sagte Union-Investment-Fondsmanager Elias Halbig zu Börse Online. "Herr Buch muss jetzt zeigen, dass er gute Deals nicht nur auf der Einkaufsseite, sondern auch auf der Verkaufsseite machen kann. Das Management muss am Kapitalmarkt dringend Vertrauen zurückgewinnen, sonst kommen noch schwierigere Zeiten auf den Immobilienkonzern zu. Auch der Korruptionsskandal hat Vertrauen gekostet. Umso wichtiger ist jetzt eine lückenlose Aufklärung."