Nur wenige Deutsche kaufen einen Aktien-, Renten- oder Mischfonds. Falls aber doch, wird ihr Geld sehr wahrscheinlich in Frankfurt verwaltet. Dort residieren die Fondsmanager von Allianz Global Investors, Deka, DWS und Union Investment - Deutschlands vier großen Fondsgesellschaften, die für Privatanleger zusammen rund 620 Milliarden Euro verwalten.
Die großen vier profitieren davon, dass sie teils eng mit den großen deutschen Bankengruppen verbandelt sind. So gehört die Deka zur Sparkassen-Gruppe, die DWS zur Deutschen Bank und Union Investment zu den Volks- und Raiffeisenbanken. Der Wertpapierberater einer Sparkasse wird seinen Kunden daher meistens ein Deka-Produkt anbieten. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken vertreiben die Berater am liebsten Fonds der hauseigenen Marke Union Investment. Seltener bieten die Bankberater dagegen ausländische Fonds an, die in den Finanzmetropolen London oder New York gemanagt werden. Auch günstige Indexfonds (ETFs) offerieren die Bankberater ungern, weil sie daran zu wenig verdienen. Wer einen ausländischen Fonds oder Indexfonds kaufen möchte, muss seinen Bankberater daher meist aktiv darauf ansprechen.
€uro-Test. Doch spielt es für Anleger überhaupt eine Rolle, ob ihr Geld in Frankfurt, London oder New York gemanagt wird? Wie gut schneiden die hiesigen und internationalen Fonds ab? Oder sollte man besser gleich einen ETF kaufen? Das wollte die €uro-Redaktion genauer wissen und hat dazu Fonds und Indexfonds aus vier wichtigen Anlagebereichen untersucht (siehe Tabellen Seite 164). In unseren Test kamen jeweils der größte deutsche und ausländische Fonds sowie der größte Indexfonds - vorausgesetzt, dass sie bereits eine Wertentwicklung von über zehn Jahren vorweisen konnten. Auf diese Weise haben wir ein verwaltetes Vermögen von rund 76 Milliarden Euro untersucht.
Die Fondsmanager selbst schätzen ihren Standort nüchtern ein. "Bei geld- und fiskalpolitischen Themen agieren die Angelsachsen sicher pragmatischer als die prinzipientreueren Deutschen", sagt Thorsten Winkelmann, der von Frankfurt aus den europäischen Aktienfonds Allianz Europe Equity Growth managt. Makroökonomische Unterschiede spielen für seine Arbeit aber kaum eine Rolle. Winkelmann analysiert in erster Linie die europäischen Unternehmen, deren Aktien er kaufen möchte. "In Frankfurt haben wir einen sehr guten Zugang zu den Unternehmen, wenn sie in die Stadt kommen", sagt er. "Das ist ein gravierender Vorteil." Thomas Schüßler, der von Frankfurt aus den weltweiten Dividendenfonds DWS Top Dividende verwaltet, sieht dies ähnlich. "Frankfurt ist neben London der wichtigste Standort in Europa", sagt er. "Somit kommen fast alle großen Unternehmen zum Investorengespräch nach Frankfurt." Gleichwohl habe man bei der DWS eine "globale Brille" für die Kapitalmärkte auf.
Matt Siddle bewertet seinen Standort kaum anders. Der Brite arbeitet in London und managt den europäischen Aktienfonds Fidelity European Growth. "Gute Fondsmanager sollten einen Anlageprozess verfolgen, der ortsunabhängig funktioniert und nicht auf die Ideen des Heimatmarktes angewiesen ist", sagt er.
Doch wie sieht es in Genf aus? Dort sitzt das Team, das unter der Leitung von Hans Peter Portner den weltweiten Themenfonds Pictet-Global Megatrend Selection betreut. "Pictet besitzt im thematischen Aktienbereich einen solchen Einfluss, dass alle relevanten Unternehmen nach Genf kommen", sagt Walter Liebe, Senior Investment Advisor bei Pictet Asset Management in Frankfurt. Zudem kämen die 39 Teammitglieder aus derart vielen Ländern, dass sie einen globalen Blick auf die Kapitalmärkte hätten. Kurzum: Wo die Manager der größten Fonds arbeiten, ist heute kaum noch relevant. Wichtiger ist für sie der Zugang zu den relevanten Informationen und Personen.
Europa. Bleibt die Frage, wie sich die größten Fonds und ETFs qualitativ unterscheiden. In Europa liegt der Xtrackers MSCI Europe ETF über ein und drei Jahre vorn, über fünf und zehn Jahre der Allianz Europe Equity Growth. Der Begriff Growth bedeute aber nicht, dass er per se teure Aktien kaufe, betont Winkelmann, der den Fonds seit zehn Jahren managt. "Wir achten auf das Wachstum, die Qualität und die Bewertung der Titel", sagt er. Dennoch sind seine Titel derzeit nicht günstig bewertet. Anleger kaufen sogenannte Quality-Growth-Titel gern, wenn sich die Konjunkturdaten verschlechtern. Seinen Anlagestil will Winkelmann aber nicht ändern, weil er von dessen langfristigen Vorzügen überzeugt ist. Matt Siddle investiert beim Fidelity European Growth ähnlich. "Eine gute Mischung aus Qualität, Wachstum und Bewertung ist das Herz unserer Strategie", sagt er. Derzeit mag er langfristig wachsende Aktien wie Fresenius Medical Care, über deren kurzfristige Aussichten der Markt nicht begeistert sei. Dadurch seien diese Aktien vergleichsweise günstig bewertet.
Global. Bei den globalen Aktienfonds liegen die getesteten Produkte eng beisammen. Der DWS Vermögensbildungsfonds I fällt über zehn Jahre zwar zurück. Seit Andre Köttner ihn im Jahr 2013 übernommen hat, ist er aber wieder auf Kurs. "Wir mögen zukunftsfeste Geschäftsmodelle, bei denen wenige Anbieter auf viele Nachfrager treffen", sagt Köttner. Dies sei etwa der Fall bei Kreditkartenfirmen wie Visa oder bei Suchmaschinen wie Alphabet, erklärt der studierte Mathematiker und Physiker. Der Pictet-Global Megatrend Selection liegt mit seiner Wertentwicklung in den vergangenen zehn Jahren knapp hinter dem iShares MSCI World ETF. Das Genfer Pictet-Team investiert dort gleichgewichtet in zehn Themen wie Digitalisierung, Ernährung, Gesundheit, Robotics oder Wasser, deren Umsätze und Gewinne stärker steigen als die Weltwirtschaft.
Dividenden. Unter den globalen Dividendenfonds ragt der DWS Top Dividende heraus, weil Manager Thomas Schüßler darin fast 20 Milliarden Euro verwaltet. "Beim DWS Top Dividende möchten wir die Nerven der Anleger schonen", sagt der promovierte Physiker. Daher möchte er das Kapital der Investoren langfristig erhalten und ihnen niedrigere Schwankungen als beim MSCI World Index zumuten. Zugleich sollen die Anleger attraktive Ausschüttungen bekommen. Die Manager des Schroder Global Dividend Maximiser möchten Anlegern primär regelmäßig hohe Ausschüttungen bescheren. "Eine der sichersten Methoden hierfür ist, wenn man günstig bewertete Aktien besitzt", sagt Rupert Rucker, Head of Income Solutions bei Schroders. Zudem streicht das Londoner Schroders-Team Prämien aus dem Verkauf von Optionen ein, um die Ausschüttungen zu erhöhen, was die möglichen Kursgewinne des Fonds aber deckelt. Beim Xtrackers Stoxx Global Select Dividend 100 ETF setzen Anleger weltweit auf 100 Aktien mit einer hohen Dividendenrendite. Von Juli 2007 bis März 2009 war dies verlustträchtig, in den vergangenen zehn Jahren aber erfolgreich.
Mischfonds. Interessant ist der Vergleich der aktienlastigen Mischfonds, da sie ähnlich anlegen. Beim Blackrock Global Allocation halten die vier Fondsmanager aus New York, Princeton und San Francisco weltweit rund 60 Prozent in Aktien und 40 Prozent in Anleihen. Beim UniRak der Frankfurter Union Investment investieren Thomas Jökel und Jörg Warncke weltweit 65 Prozent in Aktien und 35 Prozent in Anleihen. Der Arero- Weltfonds, den der Mannheimer BWL- Professor Martin Weber entwickelt hat, hält jederzeit 60 Prozent in weltweiten Aktien, 25 Prozent in Euro-Staatsanleihen und 15 Prozent in Rohstoffen. Der Blackrock Global Allocation und der UniRak liegen über verschiedene Zeiträume fast gleichauf, der Arero-Weltfonds fällt über fünf und zehn Jahre zurück, weil die Rohstoffe seine Wertentwicklung gebremst haben.
Ob die Manager in Frankfurt oder in New York sitzen, war also irrelevant. Wichtiger war die Aufteilung des Fondsvermögens auf Aktien, Anleihen und Rohstoffe.