Kassiker - der Begriff steht für alles, was zeitlose Gültigkeit besitzt. Ein Kontrapunkt zur schnelllebigen Mode gewissermaßen. Kein Wunder, dass sich einflussreiche Personen in früheren Zeiten gern in klassischer Manier verewigen ließen, um ihrer Bedeutung Ausdruck zu geben.
Wie haben nun die Manager beliebter Fonds "staatstragend" in Szene gesetzt. Denn auch in der Welt der Investmentfonds wird schließlich gern von Klassikern gesprochen. Gemeint sind damit Portfolios, die lange am Markt sind und oft sogar exemplarisch für einen gewissen Investmentstil oder ein Anlagesegment stehen. "Einige Fonds sind zum Klassiker geworden, weil sie ein Kernanlagethema als erstes besetzt haben", sagt Stephan Schrödl, Experte beim Analysehaus Fondsconsult Research. "Zur rechten Zeit am rechten Fleck zu sein, hat schon so manchem Portfolio zum Erfolg verholfen."
Ein gutes Beispiel ist der DWS Top Dividende. Im April 2003 aufgelegt, feierte der Fonds in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen. In dieser Zeit entwickelte er sich zum größten Aktienportfolio in Deutschland und zählt seit vielen Jahren zu den Lieblingen der Anleger. Knapp 18 Milliarden Euro haben sie in dem Produkt der Deutsche-Bank-Tochter investiert. Der DWS Top Dividende schaffte es, die Anlagegattung der Dividendenfonds in Deutschland zu etablieren.
Das war keine Selbstverständlichkeit. Denn dividendenstarke Unternehmen zählten damals zur Old Economy. Sie galten als wenig wachstumsstark und "langweilig". Dafür lieferten sie hohe Ausschüttungen. Mit dem Fonds wollte man Anleger zurück an den Aktienmarkt locken, die nach dem Börsencrash beim Platzen der Internetblase genug von spekulativen Wachstumsstorys hatten.
Das Konzept ging auf, der Fonds entwickelte sich unter seiner damaligen Managerin Sonja Schemmann prächtig. Und Thomas Schüßler, der 2005 die Leitung übernahm, konnte die Erfolgsgeschichte fortsetzen. Was wiederum weitere Fonds auf den Plan rief, die ähnliche Dividendenstrategien umsetzen. Zu den bekanntesten zählt der M & G Global Dividend, der im Juli 2008 auf den Markt kam.
Sowohl das DWS- als auch das M & G- Portfolio zählen aktuell zu den größten Aktienfonds in Deutschland. Sie erscheinen deshalb in der Tabelle auf Seite 74, in der €uro die volumenstärksten Aktien-, Misch- und Rentenfonds aufgelistet hat, die über eine Historie von mindestens zehn Jahren verfügen. Diese Tabelle gibt mittels FondsNoten und Kurzkommentaren einen Überblick darüber, wie sich die etablierten Fonds gegenwärtig schlagen. Außerdem werden im Folgenden einige der bekanntesten Fondsportfolios etwas näher beleuchtet.
Wie sieht es aktuell also beim DWS Top Dividende aus? Der Fonds hat zweifellos einige schwächere Jahre hinter sich, was sich auch in der durchschnittlichen FondsNote 3 ausdrückt. Denn Schüßler hält an seiner konservativen Anlagestrategie fest. Und die fokussiert sich, wie beschrieben, eben nicht auf wachstumsstarke Unternehmen. Die waren im Börsenaufschwung seit 2009 bei Anlegern jedoch stark gefragt. Der Fonds hinkte zwangsläufig hinterher. In Zeiten konjunktureller Eintrübung dürfte sich das Bild wieder ändern. "Ein Fondsklassiker sollte an seiner Anlagestrategie festhalten, auch wenn er zuweilen Durststrecken überstehen muss", sagt Analyst Schrödl. Nach bedeutenden Mittelzuflüssen 2016 und 2017 leidet der Fonds dieses Jahr etwas unter Kapitalschwund.
Managerwechsel.
Erhöht hat sich dagegen die Unsicherheit beim DWS Deutschland, dem Klassiker für deutsche Aktien. Denn an der Spitze des Portfolios, das aktuell mit der FondsNote 1 bewertet ist, kommt es zum Jahresende zu einem viel beachteten Wechsel. Der langjährige Fondsmanager Tim Albrecht geht - wie schon sein früherer Chef Henning Gebhardt - zur Berenberg Bank. Das Portfolio hat mittlerweile Christoph Ohme aus dem europäischen Aktienteam der DWS übernommen. Er tritt zweifellos in große Fußstapfen. So schreibt die renommierte Ratingagentur Morningstar: "Der Abgang von Albrecht ist eine deutliche Schwächung der Kompetenz des DWS-Deutschland-Teams." Für Albrechts Nachfolger Ohme spricht, dass dieser bereits seit vier Jahren den Deutschland-Fonds DWS German Equities Typ 0 recht erfolgreich verantwortet.
Generell ist bei den Aktienfondsklassikern festzustellen, dass jene Portfolios in den vergangenen zehn Jahren gut liefen, die sich auf wachstumsstarke Unternehmen konzentrieren. Ein Beispiel dafür ist der Allianz Europe Equity Growth, der in Europa nach Firmen mit Wettbewerbsvorteilen und nachhaltig hohen Kapitalrenditen fahndet. Ein ähnliches Konzept für amerikanische Aktien verfolgt der Morgan Stanley US Advantage.
Wenig erfolgreich in den vergangenen Jahren war dagegen der Fonds-Oldie Templeton Growth Fund. Anders als der Name suggeriert, investiert das Portfolio nicht in Wachstumswerte, sondern in stark unterbewerte Aktien. Diese sogenannten Value-Titel standen bei Anlegern in den zurückliegenden Jahren nicht sehr hoch im Kurs. Aufgrund seiner mageren Ergebnisse - verglichen mit anderen globalen Aktienfonds - ist der Templeton Growth mittlerweile auf die FondsNote 5 abgerutscht. Dennoch hält Fondsmanager Norman Boersma an seinem Anlagestil fest, da er mit dem Comeback der Value-Aktien rechnet. Das ist in den kommenden Jahren durchaus möglich. Der Fonds leidet aktuell zwar unter Mittelabflüssen, verfügt aber immer noch über ein relativ hohes Volumen.
Sehr viel heftiger wird das Mischfonds-Dickschiff Carmignac Patrimoine von Mittelabflüssen getroffen, außerdem kratzt gerade eine Ermittlung wegen Steuerbetrugs am Ruf der Fondsgesellschaft. Auch dieses Portfolio, das einst 28 Milliarden Euro verwaltete, wurde jüngst auf FondsNote 5 herabgestuft. Die schlechte Wertentwicklung seit einigen Jahren geht vor allem auf eine zu vorsichtige Positionierung und zu starke Absicherung des Portfolios zurück. Die defensive Herangehensweise könnte sich aber in Jahren mit großen Marktverwerfungen wieder auszahlen. Bisher hat Fondslenker Édouard Carmignac in solchen Phasen seine Stärke bewiesen.
Mutige Entscheidungen.
Weiter auf der Erfolgswelle schwimmt dagegen Bert Flossbach mit seinem Misch-fonds FvS Multiple Opportunities. In den elf Jahren seines Bestehens wuchs das Portfolio auf rund 13 Milliarden Euro. Zusammen mit dem 2013 aufgelegten Schwesterfonds Multiple Opportunities II verwaltet Flossbach in dieser Strategie rund 18 Milliarden Euro. "Auch dieser Fonds besitzt eine wichtige Voraussetzung für einen Klassiker", sagt Analyst Schrödl. "Denn Portfoliolenker Flossbach hält konsequent an seinem Anlagekonzept fest und trifft immer wieder mutige Entscheidungen." Jedoch hänge der Erfolg des Fonds stark an der Person des Managers.
Das ist vermutlich auch beim M & G Optimal Income der Fall, dem volumenstärksten Mischfonds hierzulande. Um ihn kümmert sich seit der Auflage im April 2007 der Brite Richard Woolnough. Auch dieses anleiheorientierte Portfolio hatte vor wenigen Jahren eine Durststrecke zu überstehen. Denn Woolnough hatte die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen in seinem Fonds zu stark verkürzt und profitierte daher nicht von weiter steigenden Kursen bei länger laufenden Papieren. Die erfolgsverwöhnten Anleger zogen 2016 viele Milliarden aus seinem Portfolio ab. Doch im vergangenen Jahr ging es mit dem Fonds wieder aufwärts, und die Milliarden strömten zurück. Aktuell ist der M & G Optimal Income mit der Top-FondsNote 1 bewertet. Auf eine Trendwende beim Anlagevermögen müssen dagegen die Rentenfondsklassiker Templeton Global Bond Fund und Templeton Global Total Return noch warten. Beide Portfolios haben aktuell mit milliardenschweren Mittelabflüssen zu kämpfen. Denn die Wertentwicklung der Fonds verlief in den vergangenen Jahren mehr als holprig, was sich jeweils in der FondsNote 5 widerspiegelt. Ein Grund für das unterdurchschnittliche Abschneiden ist, dass die Portfolios zu früh auf steigende US-Zinsen ausgerichtet wurden.
Ein anderer liegt in der sehr offensiven Anlagestrategie von Fondsmanager Michael Hasenstab. Denn der geht zum Teil heiße Wetten ein. So investierte Hasenstab 2011 in großem Stil in irische Staatsanleihen, als kaum jemand an das Comeback des Landes glaubte. Und 2014 kaufte er rund ein Drittel der ukrainischen Auslandsschulden auf. Beide Wetten gingen unterm Strich auf - im Fall der Ukraine-Anleihen musste Hasenstab aber auch einen Schuldenschnitt mitmachen. Der Fondsmanager steht zu seinen Überzeugungen. Und die langfristige Wertentwicklung seiner Fonds gibt ihm recht. Doch investierten Anlegern verlangt Hasenstabs Vorgehen einiges an Nerven, Geduld und Vertrauen ab.
Für Fondsconsult-Analyst Schrödl zählt diese Eigenschaft aber zu den Qualitäten des Fondsklassikers: "Der Anlageprozess sollte über Jahre und Jahrzehnte konsistent sein. Die Geschichte eines Fonds sollte nicht einfach umerzählt werden, wenn der Markt eine gewisse Zeit gegen die Strategie läuft."
Echte Fondsveteranen: die Generation 50 plus
Eine Historie von zehn Jahren mag manchen als etwas kurz erscheinen, um von einem Fondsklassiker zu sprechen. So würde auch Stephan Schrödl vom Münchner Analysehaus Fondsconsult eher 20 Jahre und mehr ansetzen. "Ein Fonds ist für mich ein Klassiker, wenn er sich in mehreren Wirtschaftszyklen - inklusive zweier Bärenmärkte - bewährt hat", sagt er.
Solche Fonds gibt es durchaus. Einige Portfolios haben schon 50 Jahre und mehr auf dem Buckel - und agieren immer noch erfolgreich am Markt. Etwa der Fondak: Er wurde im Oktober 1950 aufgelegt und ist damit der älteste Aktienfonds hierzulande. Heute wird der "Fonds für deutsche Aktien" unter dem Dach von Allianz Global Investors von Thomas Orthen gemanagt und trägt aktuell die FondsNote 2. Orthen hat seit seinem Amtsantritt Ende 2016 das Engagement bei deutschen Nebenwerten im Vergleich zu früher ausgebaut. Er orientiert sich an einem Vergleichsindex, der zu 60 Prozent aus dem DAX, zu 30 Prozent aus dem MDAX und zu zehn Prozent aus dem TecDAX besteht. Damit soll der Fonds-Oldie auch in Zukunft attraktive Renditen erzielen. Rund zwei Milliarden Euro sind in dem Portfolio aktuell angelegt.
Weltweit auf Aktienjagd geht Gunther Kramert mit dem 1960 aufgelegten UniGlobal. Er investiert vornehmlich in internationale Standardwerte, sucht Unternehmen mit starken Geschäftsmodellen sowie steigenden, berechenbaren Umsätzen und Gewinnen. Daraus resultiert ein wenig aufregender, aber sehr solider Bluechips-Fonds. Selten liegt er mit seiner Wertentwicklung ganz vorn, enttäuscht aber auch kaum. Das ist ganz im Sinne von Union Investment, die an die Strategie noch weitere Portfolios angedockt hat, wie den 2015 abgespaltenen Riester-Fonds UniGlobal Vorsorge. Derzeit sind knapp sechs Milliarden Euro im UniGlobal investiert.
Der RenditDeka schließlich ist seit Mai 1968 auf dem Markt und stellt ein langfristig erprobtes Basisportfolio für Euro-Anleihen dar. Fondsmanager Uwe Maderer investiert breit gestreut in Euro-Staatsanleihen, die im Schnitt ein Investment-Grade-Rating haben, in Pfandbriefe und in Unternehmensanleihen. Damit erzielte er in den vergangenen zehn Jahren eine Rendite von jährlich 4,3 Prozent. Wegen seines guten Rendite-Risiko-Profils wurde er aktuell auf FondsNote 1 hochgestuft. In dem Fonds haben Anleger gegenwärtig 630 Millionen Euro investiert.